Küss den Frosch

Originaltitel
The Princess and the Frog
Land
Jahr
2009
Laufzeit
97 min
Release Date
Bewertung
8
8/10
von Frank-Michael Helmke / 11. Juni 2010

Schwer zu glauben, aber kaum ein Film des Kinowinters 2009 wurde innerhalb der Filmszene-Redaktion so gespannt erwartet wie dieser. Der Grund ist einfach: Die Tradition, an welche die Disney Animationsstudios hier wieder anknöpfen wollen, ist für die meisten von uns essentieller Bestandteil unserer Kindheits- und Jugend-Kinoerinnerungen. "Arielle", "Aladdin", "Die Schöne und das Biest" und "Der König der Löwen" trugen ihren Teil dazu bei, uns ans Wunderwerk Film und seine besondere Magie heranzuführen, und die Vehemenz, mit der die Macher von "Küss den Frosch" eben diese Ära immer wieder als Vorbild und Referenzgröße angaben, machte auch uns nachhaltig neugierig.
Dabei schien diese Zeit unwiederbringlich vorbei zu sein, nachdem es die Animations-Innovationsführer von Pixar geschafft hatten, binnen knapp zehn Jahren die Disney-Animation quasi von innen zu kapern. Das "zweite goldene Zeitalter" der Disney-Animation (nach den einst von Walt persönlich angeführten Sternstunden mit "Schneewittchen", "Dschungelbuch" und "Peter Pan") erreichte seinen Zenith 1994 mit dem "König der Löwen", ein Jahr später lief Pixars Debüt "Toy Story" an und besiegelte den Anfang vom Ende: Computeranimation hieß der Weg der Zukunft, und während Pixar sich zu immer neuen Erfolgen aufschwang und bald Nachahmer fand ("Shrek", "Ice Age"), verlor man sich bei Disney in immer formelhafterer Wiederkäuung des bisherigen Erfolgsmusters: Lose adaptierte, halbwegs bekannte Mythen angereichert mit "verrückten" Sidekick-Figuren und unterlegt mit einem eingängigen Pop-Soundtrack mit Chart-Potential - das wurde zusehends uninspiriert und auch zusehends erfolglos. "Der Glöckner von Notre Dame", "Hercules", "Tarzan", "Pocahontas", "Mulan" - keiner davon hatte das Zeug zum Klassiker.
Als man bei Disney schließlich versuchte, verlorenes Terrain aufzuholen und doch noch eine eigene Computeranimations-Schmiede auf die Beine zu stellen, war der Zug schon lange abgefahren. Die selbstproduzierten Filme der neuen Art ("Himmel und Huhn", "Triff die Robinsons") waren relative Flops, so dass man nur noch einen Ausweg sah: Die Pixar Studios, die dabei waren, sich von Disney als Vertriebspartner zu lösen, nicht gehen lassen, sondern gleich ganz aufkaufen. Im Zuge dessen wurde Pixar-Gründer Jon Lasseter zum obersten Kreativkopf der gesamten Animationssparte ernannt - und sorgte quasi als erste Amtshandlung für die Wiedereröffnung der zuvor dichtgemachten Abteilung für klassische 2D-Handanimation.

Dass Disney nun wieder versucht, original Disney zu sein, ist also eigentlich auch Pixar zu verdanken. Und wie bei allem, was Lasseter anfasst - es funktioniert. Gott sei Dank. "Küss den Frosch" hat sicher nicht ganz die überragende Klasse einer "Arielle" oder eines "König der Löwen", dennoch kann man erleichtert festhalten: Die Rückbesinnung auf die alten Stärken klappt, und auch der alte Zauber ist wieder da.
In traditioneller Manier knöpft man sich hier ein populäres Märchen vor und adaptiert es sehr lose, um eine neue Geschichte heraus zu bekommen. Jeder, der den Trailer von "Küss den Frosch" gesehen hat, weiß, dass hier signifikant vom eigentlichen Märchen um den "Froschkönig" abgewichen wird - und das aus gutem Grund, denn die afroamerikanische Schönheit, die den Frosch hier küsst, ist alles andere als eine Prinzessin. Die Handlung ist angesiedelt im jazzigen New Orleans der 1930er Jahre, und die Heldin Tiana ist eine Tochter aus einfachsten Verhältnissen, welche die schöne Welt der Reichen nur kennt, weil ihre Mutter Hausmädchen beim Quasi-König der Stadt war. Tiana spart jeden müden Cent, um irgendwann einmal ihr eigenes Restaurant eröffnen zu können. Darum lässt sie es auch nicht unversucht, als eines Tages ein schleimiger Frosch auftaucht und sich als verwunschener Prinz vorstellt - der sie für einen befreienden Kuss reich belohnen wird.

Warum dieser Frosch zwar ein Prinz, aber kein sehr reicher ist, warum er Tiana für eine Prinzessin hält und warum der folgende Kuss nicht die angepeilten Folgen hat - diese Detailfragen darf man gern persönlich bei einem Kinobesuch klären. Fest steht: Die folgende Abenteuerreise von Tiana und Prinz Naveen durch die Bayou-Sümpfe rund um New Orleans hat alles, was ein großartiges, klassisches Disney-Vergnügen ausmacht: Tempo, Humor, einen wohl dosierten Schuss Romantik, und jede Menge tolle Musik. Denn auch zu diesem Teil der großen Disney-Tradition kehrt man hier zurück: In "Küss den Frosch" wird wieder ausgiebig gesungen. Und das richtig gut und schön, was nicht nur an der Besetzung der Sprecherrollen mit echten Gesangstalenten liegt (was auch für die deutsche Version gilt), sondern auch an der Wahl des Komponisten. Denn anstelle der Mainstream-Popper wie Elton John, Phil Collins oder Sting, die Ende der 90er noch die Songs komponieren und dafür den obligatorischen Oscar einstreichen durften, vertraut man hier dem alten Haudegen Randy Newman. Und der ist nicht nur eine gute Idee, weil er schon diverse Pixar-Erfolge musikalisch aufgepeppt hat, sondern auch, weil er bekannt ist für seinen feinen Sinn für Ironie, wegen dem man bei Newman-Songs auch immer ein bisschen Schmunzeln und Augenzwinkern kann (was bei Collins oder Sting ganz sicher nicht geht).
Das passt stilistisch ganz hervorragend zum sanft überdrehten Erzählton, der hier par excellence ausgeführt wird, und zwar nicht nur in Person des hormonübersteuerten High Society-Blondchens Charlotte (quasi die "echte" Prinzessin in diesem Szenario), deren jeder Auftritt ein wahrer Brüller ist. Für mächtig Spaß sorgen - erwartungsgemäß - auch die beiden zentralen Vertreter aus der Abteilung "lustige Sidekicks". Und die sind die mit Abstand gelungensten Vertreter dieser Disney-Gattung seit Timon und Pumbaa. Weil nämlich sowohl das swingende, Trompeten spielende Krokodil Lou (eine Art "Balou of the Bayou") als auch der Cajun-Glühwurm Raymond nicht "bloß" herrlich gelungene und vor Witz sprühende Spaßgranaten sind, sondern auch eigenständige Charaktere mit jeweils eigenem Erzählbogen. Das verleiht ihnen nicht nur Konturen, sondern auch eine für diese traditionellen Witzbringer ungewohnte Gefühlstiefe. Der emotionale Höhepunkt von "Küss den Frosch" gehört jedenfalls ganz klar Raymond, dem Glühwürmchen. Da kann jedes tränenrührige Happy End gegen einpacken.

Klar könnte man jetzt Spaßbremse spielen und darauf beharren, dass hier doch wieder dieselben, althergebrachten Stilelemente verwurstet werden, deren ideenlose Formalisierung schon vor zehn Jahren zum Kreativtod der Disney-Animation geführt hat. Aber: Im Vergleich zu den mauen Werken jener Tage hat man bei "Küss den Frosch" nicht mehr das Gefühl, dass hier lustlos eine Formel abgespult wird, sondern dass die Macher wieder echte Freude daran hatten, sich im Rahmen ihrer eigenen Traditionen richtig auszutoben. Da sprießt und spritzt es kunterbunt über die Leinwand in den fast psychedelisch angehauchten "Musical"-Sequenzen, dass man sich wohlig an "Dumbo" oder "Fantasia" erinnert fühlt. Da stopft man in jede Szene, die irgendwie einen leicht abgedrehten Gag dulden kann, mindestens drei rein. Und da swingt man authentisch mit echter Musik im Blut, anstatt schon halb auf die potentielle Hitparaden-Platzierung zu schielen. Es gibt hier keinen garantierten Schmuse-Instant-Klassiker wie "Can you feel the love tonight" oder "A whole new world", trotzdem ist das hier der beste Disney-Soundtrack seit (auch auf die Gefahr der Wiederholung hin) dem "König der Löwen".
Also: Mission accomplished. Die große Disney-Retro-Offensive geht - zumindest künstlerisch - voll auf. Jetzt bleibt nur zu hoffen, dass sie sich auch an der Kinokasse als erfolgreich erweist und Jon Lasseters Überzeugung untermauert, dass die klassische 2D-Handanimation noch lange nicht tot ist. Dies ist endlich mal wieder ein Film, auf dem ganz groß Disney drauf steht, und auch ganz viel Disney drin ist.


Ja geil, dann gehn wir den doch mal gucken.

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Der Rezensent bemüht für seine Schilderung des Niedergangs der disneyschen Animationsschmiede ja sogar noch die besseren Vertreter. Mulan, Tarzan, Hercules - alles noch brauchbar.

Aber richtig schwach waren dann Werke wie Der Schatzplanet, Atlantis oder Die Kühe sind los.

Einzig gelungeener Film der gsnz späten Disney-Phase ist für mich "Ein Königreich für ein Lama"

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ich finde es ein wenig hart, wie hier alle filme nach könig der löwen als schlecht dargestellt werden

Pocahontas, Mulan und Tarzan gehören mit zu der großen Disney Renaissance der 90er. Und damit stehe ich hier nicht alleine dar, denn schließlich wurde selbst Tarzan genau hier bei Filmszene auch mit 8 von 10 Augen bewertet wie dieser Film hier und als beste tarzan darstellung überhaupt gepriesen. Da kann ich nicht verstehen wie sich hier widersprochen wird

zum Film selbst kann ich nur sagen, ich hab die englischen Trailer und Sneak Peaks gesehen und dann im Kino auf großer Leinwand den deutschen Trailer gesehen und im vergleich dazu war die Synchronisation gar nicht gut, teilweise ganz anders übersetzt und versucht weitere Witze einzubauen.... und die Stimmen hatten wesentlich weniger Elan. Aber ich weiß nicht, wie die Synchro vom Trailer vom letzendlichen Film abweicht

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Man sollte auch ein wenig richtig Lesen: Herr Helmke sprach nur an, dass all diese Filme nicht mehr das Zeug zum Klassiker hatten, wo er auch recht hat (wobei es auch ein bisschen vermessen ist, jedes Jahr von einen Filmstudio einen Klassiker zu erwarten, man kann ja nicht jedes mal so einen Lauf wie bei "Arielle" bis hin zu "der König der Löwen" ("Bernhard und Bianca im Känguruhland" nicht mit inbegriffen) hinlegen). Dass die Filme schlecht waren, sagte er nicht wirklich.

Im Endeffekt liegt es auch wieder im Auge des betrachters. Zwar gab "Filmszene" Tarzan 8 von 10, es war aber nicht Herrn Helmke, so ist es also seine Meinung. Das ist dass was ich an Filmszene mag: Die Redakteure und Kritiker dieser Seite werden nicht gezwungen, die Meinung der anderen Kritiker 1 zu 1 zu übernehmen.

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endlich ist es wieder im kino, die 2d animation!

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4
4/10

Qualitativ guter Film. Was anderes war auch nicht zu erwarten von Disney. Jedoch finde ich es etwas fragwürdig, dass in einem Zeichtrickfilm für Kinder (keine Altersbeschränkung)Karten gelegt werden, ein Schattenmann mit seinen Schattengeistern (Freunde aus dem Jenseits) den Frosch jagen, ein Voodoo-Amolett benötigt wird und den Voodoo-Geistern Seelen versprochen werden, als Gegenleistung für deren Hilfe. Sorry, aber ich finde das ist nicht die Unterhaltung die Kinder unter 12 Jahren genießen sollten. Da kann auch der Gesang und die netten Figuren nicht mehr überzeugen.

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@Lumpi: dir wurden als Kind auch nie Geistergeschichten erzählt, oder?

Ich finde den Trend, solche Inhalte als "nicht für Kinder unter 12" zu brandmarken eher bedenkenswert. Ich mein, es ist jetzt auch nicht gerade für Fünfjährige, aber das sollten die Eltern beurteilen und nicht die Bewertungsstellen.

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7
7/10

Es war fast wie früher, als mich meine Eltern vor Weihnachten mit ins Kino genommen haben.
Jetzt war ich mit Kindern drin und es war wirklich schön.

Der Film ist einer der besseren Disney 2D Filme und kommt sehr nah an Klassiker wie Bernhard & Biance oder gar Dschungelbuch heran.

Er unterhält fast alle Altersstufen und hat auch nette Songs drin.

Das einzige was störte: Liebe Eltern, bitte lasst eure Neugeborenen bis zweijährigen doch bitte Zuhause. Auch die ADHS Kiddies die keine 30 Minuten am Stück still sitzen können.
Danke

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@Lumpi
Zwischen "Arielle, die kleine Meerjungfrau" erstes Mal schauen (6) und zweites Mal schauen sind bei mir mehrere Jahre vergangen, weil ich panische Angst vor König Tritons Wutattacke und Ursullas Endtransformation hatte. Und trotzdem würde ich dem Film 10 Augen geben.
und was ist schlimm an Karten legen?

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8
8/10

Ich war mit meiner - Achtung! - 5-jährigen Tochter im Kino und bin begeistert.

Der Film hat irgendwie alles ... Voodoo, Jazz, Tabasco! :-)

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9
9/10

An eine Reanimation der 2D-Animation habe ich nach so überragenden Pixar-Meisterwerken wie "Die Unglaublichen" oder "Über die Hecke" nicht mehr glauben wollen. Dank dieser liebevoll nostalgischen Oldschoolperle bin ich allerdings eines Besseren belehrt worden. "Küss den Frosch" ist eine wahre Farbenpracht! Ein Gute-Laune-Film des Filmes Willens, ohne erkennbaren Anspruch den Absatz der Merchandisingpalette in die Höhe zu schrauben. Ein Gesinge, Gehopse, Gedränge, das ansteckender nicht sein könnte. Für die disneytypisch überzogenen Bewegungen aller Akteure scheinen wohl glücklicherweise nur die Handzeichner, und weniger die 3D-Artisten des Hauses ein spezielles Händchen zu haben. Der Schattenmann, das Glühwürmchen Raymond und vor allem das hyperaktive, durchgedrehte Prinzesschen Charlotte sind einfach himmlisch mitanzuschauen. Sogar das überaus gelungene Ende hat gleich mehrfach überraschen können - im unerwartet tragischen wie fröhlichen Finale! Lediglich die deutsche Synchronstimme von Heldin Tiana ist ein bisschen schwach auf der Brust. Davon abgesehen: Unterhaltungskino in Reinkultur - völlig zeitlos!

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9
9/10

War Auch mit Kinder ins Kino ! Die kleinen waren begeistert ich ebenfals ! Na ja es ist ein super Film !

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@ Gingi:
"AB DURCH die Hecke" ist weder ein Meisterwerk, noch von Pixar.

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2
2/10

Ich kann dieser überaus guten Bewertung eurerseits keineswegs zustimmen.
Dieser Film bedient sich ALLER aber auch wirklich ALLER ausgelutschten Klischees, die Disney schon verwendet hat. Ist da nun Voodoo oder einfach nur eine Hexe- Wo ist da das Neue? Und dass man den Quoten-Neger jetzt zur Hauptfigur macht, ist durchschaubar und auch nicht neu. Ein Klassiker wird das mit Sicherheit nicht! Auch wenn der Pixar- Leader (Ich bin ein grosser Pixar-Fan) jetzt die Zügel hat, fault der Fisch doch immer vom Kopf. Die scheinheilige Doppelmoral wird durch quälende Gesangseinlagen nicht übertönt (niedergebrüllt träf es noch besser), da gehört einfach Witz und Ironie mit rein, sonst ist es einfach nur 2Dimensionales Denken :-)
Ein Königreich für ein Lama war der KNALLER! Ich dachte, jetzt schafft selbst Disney mal den Sprung. Aber leider nix.
Ein unterdurchschnittlicher Kleinkinderfilm ohne Spassfaktor für die ganze Familie. Öde. Einfach enttäuschend.

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@Filmfan66: du bist so richitg mainstream! Bist bestimmt auch eine(r) die/der seinen Kinden Ritalin geben wuerde... 'ADHS Kiddies' da kommt mir das kotzen, wenn ich so ne Sprueche hoere.
Booooooooo!!!

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