Frankreich 1766: dreiundzwanzig Jahre vor dem Ausbruch der Revolution wird die französische Provinz Gévaudan von einer mysteriösen Bestie heimgesucht, die nachts durch die abgelegenen Dörfer schleicht und Hunderte von Menschen (vorzugsweise Frauen und Kinder) auf grauenvolle Weise tötet. Weder Fallen noch Hetzjagden scheinen dem Ungeheuer etwas anhaben zu können. Als König Ludwig XV. von den Ereignissen erfährt, schickt er den jungen Naturwissenschaftler und Freidenker Grégoire Fronsac (Samuel Le Bihan) nach Gévaudan, um die Vorfälle zu untersuchen. Begleitet von seinem indianischen Blutsbruder Mani (Mark Dacascos), der einige wirklich ungewöhnliche Kampftechniken beherrscht, muß Grégoire feststellen, dass die Bestie zwar existiert, er zweifelt allerdings daran, dass es sich bei ihr um einen besonders aggressiven Wolf handelt. Und während die Zahl der Opfer immer weiter wächst, beginnt Grégoire ein teuflisches Komplott zu entwirren ....
Die Geschichte von der "Bestie von Gévaudan", die zwischen 1765 und 1768 über 100 Menschen getötet haben soll, ist in Frankreich ein nationaler Mythos, der sogar im Geschichtsunterricht behandelt wird und um den sich mindestens genauso viele Erklärungsversuche ranken, wie um die Identität von "Jack the Ripper". Regisseur Christophe Gans ("Crying Freeman") greift in seinem Film eine der populärsten Theorien auf (die hier natürlich nicht verraten wird) und verleiht ihr noch eine zusätzliche politisch-historische Dimension. Bis auf die Figur des Indianers Mani sind alle Charaktere den geschichtlichen Überlieferungen entnommen, auch wenn die Auflösung der Story natürlich nichts weiter als Spekulation ist.
Rein optisch betrachtet ist "Pakt der Wölfe" sicherlich einer der beeindruckendsten europäischen Filme der letzten Jahre. Gans geizt keineswegs mit berauschenden Kamerafahrten, gelungenen Digitaleffekten, erstaunlich harten Kampfszenen (choreographiert von Hongkong-Veteranen Philip Kwok, "Hard Boiled"), ebenso zeitlos wie historisch wirkenden Kostümen und atmosphärischen Sets. Dabei orientierte er sich stilistisch sowohl an den Breitwandpanoramen amerikanischer Western, als auch an den Schnittechniken asiatischer Martial-Arts Filme, so daß die inhaltlich oftmals nicht zusammenpassende Mixtur aus Kostüm- und Horrorfilm, Kung-Fu-Action, Western-Mythen und Politintrigen wenigstens visuell eine Einheit bildet. Der hypnotische Barock von Gans' Bildersprache verliert im Laufe des Films aber leider einiges von seiner Faszination und besonders im letzten Drittel erinnert die permanente Überästhetisierung jeder noch so kleinen Szene mittels schwelgerischen Zeitlupenstudien, Farbfilter und stilisierter Schnitte allzu sehr an eine typische Bay/Bruckheimer-Produktion.
Ähnlich wie seinen amerikanischen Kollegen will Gans die Gratwanderung zwischen epischem Kino und Videoclipoptik nicht so recht gelingen. Bei einer ausschweifenden Länge von 141 Minuten können die inszenatorischen Extravaganzen auch keineswegs über die flachen Charaktere und die Flickenteppich-Story hinweg täuschen. Die simple Ausgangsidee wird durch einen halbgaren Verschwörungsplot (der stark an Conan Doyle's "Der Hund von Baskerville" angelehnt wurde) unnötig kompliziert und in die Länge gezogen, ohne dass die Spannung durch die ziemlich vorhersehbaren Wendungen wirklich erhöht wird. Auch der Erzählrhythmus weißt Mängel auf: der Plot entwickelt sich nur langsam (die ersten fünfundvierzig Minuten dienen allein der Vorstellung der Protagonisten und der Hintergrundgeschichte) und wird immer wieder von langatmigen Zwischenspielen unterbrochen, ehe die Ereignisse sich am Ende viel zu schnell überschlagen. Was den Film -abgesehen von einem hinreißend diabolischen Vincent Cassel- letztendlich doch noch sehenswert macht, ist sein Mut zu unkonventionellen Kombinationen: wenn ein Irokese gekleidet in einen langen schwarzen Ledermantel auf einem verregneten Feld in der französischen Provinz anno 1766 einen Haufen Soldaten mit Kung-Fu-Kicks erledigt, dann klingt das zwar abstrus, sieht aber verdammt cool aus. In machen Szenen gelingt es Gans beinahe spielerisch Filme wie "Spiel mir das Lied vom Tod", "Die Sieben Samurai", "Sleepy Hollow", "Der Letzte Mohikaner", "Die Drei Musketiere" und "Matrix" gleichzeitig zu zitieren und einige wirklich starke Momente zu schaffen. Leider geht das Konzept des Genre-Crossings nicht immer auf und wirkt bisweilen aufgesetzt und künstlich.
Trotzdem bietet "Pakt der Wölfe" solides, stellenweise sogar sehr einfallsreiches Unterhaltungskino, das selbst erklärten Gegnern des europäischen Films Spaß machen dürfte. Letztendlich scheitert der Film aber an seinen eigenen Ansprüchen. Weniger wäre in diesem Fall wirklich mehr gewesen.
Originaltitel
Brotherhood of the Wolves
Land
Jahr
2001
Laufzeit
141 min
Regie
Release Date
Bewertung
Bilder: Copyright
Helkon
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