Eigentlich sollte der Anti-Kriegsfilm "Tropic Thunder" (also der Film im Film) ein Mega-Blockbuster werden. Eine Geschichte, basierend auf dem Buch eines Vietnam-Veteranen (Nick Nolte), von fünf tapferen Männern im Krieg, ausgestattet mit bombastischen Spezial-Effekten und nervenzerfetzender Spannung, und im Ergebnis ein Oscar-Kandidat. Doch als die Filmcrew die denkwürdige Leistung vollbringt, bereits nach fünf Drehtagen einen Monat im Verzug zu sein und so für unliebsame Schlagzeilen sorgt, fordert der mächtige Studioboss unmissverständlich Konsequenzen. Der unerfahrene Regisseur Damien Cockburn (Steve Coogan) entschließt sich daraufhin zu radikalen Maßnahmen und setzt seine Protagonisten (dargestellt u.a. von Ben Stiller, Jack Black und Robert Downey Jr.) kurzerhand im Dschungel aus, um sie mit versteckten Kameras zu filmen und sein Werk so fertig zu stellen. Dumm nur, dass er sie damit direkt ins Revier eines ganz und gar nicht fiktiven Drogenclans gebracht hat.
Um hier keine Missverständnisse aufkommen zu lassen, sei gleich mal erwähnt: Wenn man "Tropic Thunder" etwas nicht attestieren darf, dann ist es Realitätsnähe. Weder merken die Darsteller, dass ihnen echte Kugeln um die Ohren fliegen, noch werden sie bei einer Schießerei verletzt. Dass sich das weitere Geschehen dann auch noch einigermaßen am geplanten Film-Drehbuch orientiert und deshalb auch weiterhin kein Verdacht entsteht, ist auch mit Zufall nicht mehr zu begründen. So nett die Idee der Darsteller, die in einen echten Krieg geraten, auch sein mag, so realitätsfern ist sie, sowohl in ihrer Konzeption als auch in ihrer Umsetzung. Darüber könnte man sich nun ärgern. Man könnte diese Feststellung aber auch einfach mit einem "Na und?" beiseite schieben, und den Fokus auf ein gar nicht mal so dummes, wenn auch wenig subtiles Gag-Feuerwerk erster Güte richten.
"Tropic Thunder" verbucht bereits die ersten großen Lacher, bevor er überhaupt begonnen hat. Da darf man sich erstmal an ein paar Fake-Trailern erfreuen, die dem eigentlichen Film vorangestellt sind. Darin werden die späteren Hauptcharaktere sozusagen vorgestellt: Ben Stiller als muskelbepackter und nicht allzu gescheiter Actionstar Tugg Speedman, Jack Black als Jeff Portnoy, der sich vor allem in Komödien, die das Furzen zum Inhalt haben, zu Hause fühlt, und Robert Downey Jr. als mehrfach ausgezeichneter Charakter-Darsteller Kirk Lazarus, der sich mal eben einer Haut-Pigmentierung unterzieht, um seine eigentlich einem Schwarzen angedachte Rolle authentisch auszufüllen.
Diese Trailer deuten bereits an, was "Tropic Thunder" später noch viel ausgiebiger betreibt: vollkommen hemmungslos auf Hollywood einzuprügeln, auf seine Produkte, seine Stars und Sternchen, auf die Mechanismen im Hintergrund. Mit Matthew McConaughey, Tobey Maguire, Jon Voight, Jennifer Love Hewitt und einigen anderen konnte Regisseur Ben Stiller auch eine ganze Reihe bekannter Hollywood-Darsteller für mehr oder weniger große Rollen gewinnen.
Es ließe sich nun lebhaft darüber diskutieren, welcher der zahlreichen Darsteller den wirklich bleibenden Eindruck hinterlässt. Stiller und Black bereichern den Film mit jener Sorte Humor, die man auch sonst aus den meisten ihrer Filme gewohnt ist, immer mit einem kleinen Schuss Selbstironie. Die Schau stiehlt ihnen allerdings Robert Downey Jr., der nun nach "Iron Man" endgültig einem größeren Publikum im Gedächtnis haften bleiben sollte. Downey Jr., ein Weißer, der einen Weißen spielt, der einen Schwarzen spielt und das wiederum so fürchterlich schlecht und klischeehaft, dass es eine Wonne ist.
Aber vielleicht steht selbst Downey Jr. im Schatten eines anderen, dessen Rolle gar nicht so groß ausfällt. Es ist kaum zu glauben, aber für die denkwürdigsten Minuten sorgt tatsächlich Tom Cruise. Der spielt einen profitgeilen, widerlich tanzenden, gefühlskalten Studio-Boss, der ein Freund klarer Ausdrücke ist, und ist mit Glatze, Brusthaar-Toupet und Fat-Suit kaum wieder zu erkennen. Wenn er dem Agenten (McConaughey) von Speedman dann eiskalt vorrechnet, welchen finanziellen Nutzen er aus dem Tod des Schauspielers ziehen würde und anschließend die Hüften kreisen lässt, dann ist das zwar dermaßen absurd, dass man Tränen lacht, gleichzeitig aber auch so überzeugend gespielt, dass man es in dem Moment für gar nicht mal so unrealistisch hält. Darüber, wie viel Kalkül da nun drin steckt, sein ramponiertes Image durch diese Rolle ein wenig aufzupolieren, darf natürlich spekuliert werden. Doch selbst die größten Kritiker müssen wohl zugeben, dass dieser Auftritt genial ist.
Neben allerlei Häme für Hollywood, mal eher angedeutet, mal direkt beim Namen genannt, versteht sich "Tropic Thunder" natürlich auch als Parodie auf Kriegsfilme. Auch das funktioniert sehr ordentlich, weil sich Stiller darüber im Klaren ist, dass eine Parodie umso besser funktioniert, je näher man den Eigenarten seines Opfers (Genres) kommt und nicht je absurder die Komik ausfällt. Als Vorbild sei hier beispielsweise "Shaun of the Dead" genannt, der ja vor allem deswegen so prächtig unterhält, weil er selbst als Zombie-Slasher noch sehr ordentlich funktioniert. Und so packt Stiller auch in "Tropic Thunder" alles rein, was man in einem (oberflächlichen) Kriegsfilm so vermuten könnte: Helden, Gedärme, rockige Musik, prächtige Ansichten des riesigen Dschungels, und hin und wieder eine Gefahr aus dem Dunkeln, die in einem speziellen Fall in einem sehr witzigen Mord gipfelt. Vielleicht geht "Tropic Thunder" am Ende ein wenig die Puste aus, wirklich langweilig ist er aber nie.
Mit Hollywood-Witzen, Vietnam-Parodie, Situations- und Wortkomik bedient Stiller eigentlich ein sehr breites Feld an Erwartungen an eine Komödie. Nur Anspruch, das ist das, worauf man verzichten muss. Doch wer am Ende des Jahres mitreden will, wenn es darum geht, die besten Komödien zu benennen, der kommt einfach nicht umhin, "Tropic Thunder" einen Besuch abzustatten.
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