Was verbirgt sich hinter dem "Sternwanderer"? Ist es nur die x-te uninteressante, aus vielerlei bekannten Versatzstücken zusammengesetzte Fantasy-Welt? Eine weitere (*gähn*) Buch-Adaption eines "Herr der Ringe" oder "Harry Potter"-Epigonen? Eine Comicverfilmung gar schon wieder? Nö, alles falsch! Bei der Originalerzählung "Stardust" handelt es sich um einen "Zwitter" aus Graphic Novel und herkömmlichem Roman, nämlich eine vom Zeichner Craig Russell zauberhaft illustrierte Erzählung des ehemaligen Comicgurus Neil Gaiman, der sich mittlerweile als Buchautor ("American Gods") etabliert hat. Und wer jemals etwas von Gaiman gelesen hat, der weiß, dass man sich um Originalität, Witz und Einfallsreichtum bei diesem Schreiber keinerlei Sorgen zu machen braucht.
Die von Gaiman entworfenen Welten sind dabei stets etwas skurril und so darf man sich auch nicht weiter wundern, wenn die "unüberwindbare" Grenze zwischen der verschlafenen englischen Kleinstadt "Wall" und dem fantastischen Märchenreich "Stormhold" nur aus einer nicht einmal mannshohen Mauer besteht, deren einziger Durchgang zudem von einem behäbigen Greis als einzigen Wächter geschützt wird. Trotzdem ahnt der junge Tristan (Charlie Cox) nicht, dass er das Ergebnis eines amourösen Abenteuers seines Vaters ist, welches dieser vor Jahren auf der "anderen Seite" mit einer geheimnisvollen Frau hatte. Sein Grund die Grenze zu überschreiten ist deshalb ein vergleichsweise bodenständiger: Er hat der angebeteten Dorfschönheit versprochen, ihr die dort niedergegangene Sternschnuppe zu besorgen. Obwohl es Tristan tatsächlich gelingt an den richtigen Ort zu gelangen (der dynamischen Babylon-Kerze sei Dank), findet er den besagten Stern dort aber in Form einer hübschen jungen Frau (Clare Danes) vor - die verständlicherweise nicht allzu begeistert davon ist, als Trophäe abgeliefert werden zu sollen. Und während Tristan noch versucht, das störrische Weib zu überzeugen, ahnt er nicht, dass sich derweil eine ganze Armada von fragwürdigen Gestalten auf die Jagd nach dem "Stern" gemacht hat, denn für jeden bedeutet dieser etwas Anderes. So für drei nicht mehr ganz taufrische Hexen unter Führung von Lamia (Michelle Pfeiffer) das einzige Mittel zur Wiedererlangung der begehrten Jugend und für diverse ehrgeizige Königssöhne den Schlüssel zur Machtübernahme. Und so wird von jeder Seite getrickst, gezaubert und gelogen, dass es nur so eine Freude ist.
Eine Freude für den Zuschauer allemal, denn dass es in der Welt von Stormhold nicht besonders brav und korrekt zugeht, verdeutlicht bereits die frühe Szene, in welcher der sterbende König (Cameo von Peter O'Toole) doch recht enttäuscht ist, an seinem Bette noch drei lebende von ursprünglich sieben Söhnen vorzufinden. Hatte er sich doch seinerzeit bereits frühzeitig aller Konkurrenten entledigt und so die Wahl eines Thronfolgers deutlich vereinfacht. Während nun also der noch verbliebene Nachwuchs versucht sich gegenseitig den Garaus zu machen, kommentieren die bereits gemeuchelten Brüder aus dem Zwischenreich das schändliche Treiben.
Von Beginn an zaubert einem die rotzfrech erzählte Geschichte zahlreiche Lachtränen in die Augen und das geht lange Zeit auch munter so weiter, bis der Spaßfaktor schließlich im letzten Drittel zugunsten der Dramatik etwas zurückgefahren wird. Die Geschichte will schließlich zu Ende erzählt und die Fäden wollen zusammengeführt werden. Die daraus folgende Auflösung samt einiger (nicht allzu überraschend) enthüllter Familienverbindungen ist dann auch noch das Konventionellste an dieser ansonsten erfreulich frischen Fantasy-Welt, in der Michelle Pfeiffer sehr kurz nach "Hairspray" erneut eine alternde Giftspritze geben und dabei hemmungslos übertreiben darf. Etwas überziehen tut auch mal wieder Robert De Niro in seiner Rolle als Captain Shakespeare, seines Zeichens rauer Kommandant eines Luftschiffes mit üblem Ruf, in Wahrheit aber ein softer und sensibler Kulturliebhaber - trotzdem eine größtenteils ziemlich witzige Figur. Und mit dem Newcomer Charlie Cox gibt es dann noch eine Entdeckung, die sich als durchaus fähig erweist solch einen Film zu tragen.
Dass "Der Sternwanderer" zudem nicht gerade billig war, untermalen die zahlreichen Schauwerte im Königreich Stormhold sowie die durchweg gelungenen und zahlreich eingesetzten Spezialeffekte, bei denen vor allem Verwandlungszauber besonders gern und überzeugend genommen werden. Fans und Puristen (das sind die Wenigen, die die Vorlage kennen und gelesen haben) monierten pflichtgemäß, dass bei der Filmversion von "Stardust" ein Großteil der Vorlage, wie z.B. fast die komplette Vorgeschichte, weggefallen ist. Der Zorn richtet sich in diesem Fall dann allerdings gegen den Schöpfer selbst, hat doch Neil Gaiman bei der Drehbuchfassung selbst mit Hand angelegt und der Adaption somit seinen Segen erteilt. Das nun vorliegende Endergebnis ist dabei allemal positiv zu bewerten, denn die notwendigerweise auf rund zwei Kinostunden komprimierte Version der Geschichte gibt allemal dem durch lieblose und blutarme Produktionen der Marke "Eragon" oder "Wintersonnenwende" zuletzt gebeutelten Genre ein paar dringend benötigte neue Impulse in Sachen Witz und Einfallsreichtum. Sehr erfreulich!
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