Rund 500 Jahre bevor Kolumbus die Küste Amerikas erreichen wird, macht erst einmal ein anderes Volk Station in der neuen Welt. Die Wikinger landen dort mit ihren Drachenschiffen und tun sofort das, was sie am Besten können und wofür man sie kennt und fürchtet - sie plündern und töten was Ihnen vors Schwert kommt. Aber ganz perfekt laufen auch die Expeditionen der Nordmänner nicht, und so bleibt nach einer Schlacht ein ungefähr zehnjähriger Junge zurück, der sehr blonde Haare besitzt und eine seltsame Sprache spricht. Er erhält den Namen "Ghost" und wird von einem Indianerstamm adoptiert und großgezogen. Was eine kluge und vorausschauende Entscheidung der Ureinwohner ist, werden dieser kräftige junge Mann und sein mächtiges Schwert doch einige Jahre später zu ihrer einzigen Hoffnung, als die Wikinger zurückkehren um ihr Werk zu vollenden.
Das ist doch mal eine interessante Prämisse, mit einem Ort
und einer Zeit als Schauplatz, die nun wirklich noch nicht als abgegrast
gelten können. Und sich auf praktischerweise gerade vorliegende
"neueste forensische Forschungsergebnisse" berufend, erhebt
der "Pathfinder" sogar noch ein kleines bisschen Anspruch
auf historische Authentizität. Darüber brauchen wir natürlich
nicht lange zu reden, in dieser Hinsicht bieten wahllos herausgegriffene
fünf Minuten einer Folge der "ZDF-Expeditionen" mehr
als dieser ganze Film.
Nein, hier geht es selbstverständlich um Action, um edle Helden,
schöne Frauen und üble Schurken. Vor allem geht es aber
darum, diese Zutaten zu einem Gericht zu vermengen welches vor allem
gut aussieht. So gesehen hat man sich mit dem Deutschen Marcus Nispel
dann auch genau den richtigen Regisseur ausgesucht, denn wenn am
Spielfilmdebüt des früheren Musikvideo- und Werbeclipmachers
überhaupt irgendetwas bemerkenswert war, dann der Look und
die kleinen visuellen Spielereien seines "Texas Chainsaw Massacre".
Auch Nispel selbst hatte von vornherein großes Interesse an
diesem Remake eines norwegischen Jugendfilms aus den 80er Jahren,
von dem nun aber erwartungsgemäß nicht viel mehr wieder
zu erkennen ist als die Ausgangssituation eines Jungen (damals ein
Lappe), der als Einziger einen Angriff auf seinen Stamm überlebt
und zum heroischen Anführer wird.
Und falls bis hierher immer noch jemand einen ähnlichen Kulturanspruch
wie beim Original vermuten sollte, zitieren wir doch kurz mal Meister
Nispel und dessen Intentionen ganz direkt, denn der sprach laut
Presseheft zu seinen Produzenten: "Nehmt die ursprüngliche
Geschichte
und macht ein packendes Abenteuer mit Wikingern und Indianern draus".
So ist das und so sieht es dann auch aus: Eine hübsch choreographierte
Schlachtplatte, mit wabernden Nebeln und eisigen Schneestürmen,
blitzenden Klingen und coolen Kostümen. Wobei das Spektakel
trotzdem nicht verbergen kann, dass es zu einem guten Teil eben
nicht in der freien Wildnis ( = rund um Vancouver, Kanada) sondern
auf dem Studioset inszeniert wurde.
Ein weiterer Werbespruch, auf den man nicht viel geben sollte,
ist der von dem einsamen Krieger, der sich angeblich zwischen seinem
Heimatvolk und seiner neuen Familie entscheiden muss. Nicht wirklich,
denn es besteht eigentlich nie ein Zweifel, dass "Ghost"
keinerlei Verbundenheit oder gar Sympathie für die Männer
empfindet, zu denen er als Kind noch selbst gehörte. Kein Wunder,
sind diese doch derart eindimensional, brutal und gefühllos
gezeichnet und auf eine krude Vorstellung von "Ehre" reduziert,
dass dagegen z.B. die Klingonen aus "Star Trek" wie eine
Hochkultur kurz vor dem Übergang zur totalen Vergeistigung
anmuten.
Hinter den Masken der Nordmänner stecken übrigens alte
Haudegen wie unser guter Ralf Moeller und Clancy Brown, seines Zeichens
fast schon legendärer Gegenspieler im ersten "Highlander"-Film.
Zu erkennen sind sie unter ihren bombastischen Kostümen allerdings
kaum, wie das Ganze hier natürlich sowieso kein dankbarer Film
für Schauspieler ist. Karl Urban kennen wir in erster Linie
als Eomer aus
zwei "Herr der Ringe"-Filmen, und er ist hier als aufrechter
Krieger in seiner ersten großen Hauptrolle zumindest einigermaßen
passend besetzt. Einen bleibenden Eindruck hinterlässt er aber
ebenso wenig wie die mandeläugige Moon Bloodgood als Love Interest
"Starfire" oder Veteran Russell Means ("Der letzte
Mohikaner". "Pocahontas") in der Rolle des alten
und weisen Pathfinders.
Da sich die Handlung (welche hauptsächlich aus einem Katz- und Maus-Spiel zwischen "Ghost" und seinen Verfolgern besteht, bei dem man sich gegenseitig Fallen stellt und die Rollen hin und wieder wechseln) zudem mit einigen Längen dahinschleppt, bleibt dann zum Schluss leider nicht viel, was diesen Film besonders lohnenswert machen würde. Er ist weniger brutal und fremdartig als Mel Gibsons "Apocalypto" und ihm fehlt der Witz und die Spannung von "Der 13. Krieger" mit Antonio Banderas, womit er dann qualitativ noch hinter zwei artverwandte Werke zurückfällt, die selbst nur durchschnittlich gelungen sind. Was Nispel, um ihn ein weiteres Mal mit eigenen Worten zu zitieren, vor allem leitete, war "die Vision von einem Film, der aussehen sollte wie eine spektakuläre Graphic Novel über zwei mythische Kriegerkulturen". Insofern ist es eine clevere Entscheidung, "Pathfinder" lieber ein paar Wochen VOR einem anderen Film in die Kinos zu bringen, auf den diese Beschreibung ebenfalls wie die Faust aufs Auge passt, der sie aber vielleicht auch tatsächlich erfüllen kann. Warten wir also mal auf "300".
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