Obwohl er das Genre der „erwachsenen“ Familienkomödie übe die letzte Dekade geprägt hat wie kein anderer, ist ein neuer Film von Judd Apatow trotzdem etwas Besonderes. Ein von ihm selbst inszenierter Film zumindest, denn so fleißig der Macher von „Wie beim ersten Mal“ und „Jungfrau (40), männlich, sucht…“ auch Drehbücher schreibt oder TV-Serien wie „Girls“ produziert, auf den Regiestuhl setzt sich der Maestro selbst nur höchst selten. Und so ist „Dating Queen“ (der bemühte „deutsche“ Titel für „Trainwreck“) dann auch erst die fünfte Regiearbeit von Apatow überhaupt. Gebracht hat ihn dazu die TV- und Bühnenarbeit von Amy Schumer, die als aufstrebender Comedy-Stern am amerikanischen Entertainment-Himmel ein Skript über die Erlebnisse einer zwar selbstbewussten, aber in ihrem Leben doch reichlich desorientierten Mittdreißigerin verfasst hat, für dessen Umsetzung sich Apatow nun also wieder auf den Regiestuhl gesetzt hat. Und das hat sich gelohnt, denn entstanden ist daraus eine originelle RomCom mit einer erfrischenden Hauptfigur.
Ihr Vater hat es ihr schon als kleines Kind vorhergesagt und Amy (Amy Schumer) bemüht sich wirklich redlich der Behauptung „Monogamie ist unrealistisch“ gerecht zu werden. Ständig auf der Flucht vor jedweder Verantwortung und dafür im Dauerparty-Modus mit rasant wechselnden Männerbekanntschaften, kommt bei ihr zwar keine Langeweile auf, doch so richtig glücklich wird Amy dabei trotzdem nicht. Was ihre Laune aber komplett in den Keller treibt ist die Anweisung ihrer Chefin (Tilda Swinton), sich für deren Männermagazin mit dem von Amy verachteten Thema „Sport“ zu befassen. Dazu soll sie den Sportmediziner Aaron (Bill Hader) für eine Reportage interviewen, denn in dessen Praxis geben sich fortlaufend prominente Sportler die Klinke in die Hand. Überraschenderweise entpuppt sich dieser Aaron jedoch als äußerst liebenswert und charmant, was Amy vor allem deshalb in Verwirrung stürzt, weil er zudem auch nicht gerne nur ein Mann für eine Nacht sein möchte.
Komplett neu erfunden wird das bereits vielgedrehte Rad der romantischen Komödie mit „Dating Queen“ zwar nicht, doch könnte der Film ähnliche Impulse setzen wie es vor ein paar Jahren „Brautalarm“ gelang. War es dort gleich eine ganze Clique von Frauen, die bewies, dass das Subgenre der etwas derberen Sexkomödie nicht allein der männlichen Sicht vorbehalten sein muss, entwirft hier nun Amy Schumer eine Frauenfigur, die sich Einiges an Freiheiten herausnimmt und eine Lebensweise zelebriert, derer sich sonst doch vorwiegend nur Besitzer des Y-Chromosoms rühmen. Dass es dabei auf Dauer nicht bleiben und das verantwortungslose Lotterleben nicht wirklich gut gehen kann, ist bei dem im Kern einem recht konservativen Familienbild verhafteten Judd Apatow nicht überraschend. Und so sind Verlauf und Entwicklung der Handlung, mit erster Verliebtheit, entstehenden Problemen sowie vorübergehender Trennung bis zum Happy-End eher wenig originell. Daran wie diese Geschichte erzählt und gezeigt wird kann man allerdings einige Freude haben. Denn Amy Schumer ist ein Wirbelwind an Witz und Sarkasmus, in ihren Kommentaren gelegentlich sehr bösartig (vor allem gegenüber ihrer „spießigen“ Schwester), dabei aber auch immer wieder mit einer erfreulichen Portion an Selbstironie ausgestattet.
Schumer räumt (auch im mit Filmszene geführten Interview) freimütig ein, hier auch einige reale Punkte ihrer eigenen Biographie verarbeitet zu haben, sei es die Erkrankung ihres Vaters an multipler Sklerose oder eben auch ihre „wilden“ Jahre mit Anfang Zwanzig. Und wer etwa ihr Comedy-Programm „Mostly Sex Stuff“ gesehen hat (es ist z.B. auf You Tube abrufbar), der zweifelt sicher nicht daran, dass diese Frau durchaus weiß wovon sie für diesen Film geschrieben hat. Natürlich ist die Film-Amy ein gutes Stück überzeichnet und erlebt ihre Entwicklung in einem Tempo, das nun mal ein Zweistunden-Film verlangt. Doch strahlt sie dabei dennoch eine Natürlichkeit aus, die auch im Hinblick auf die weitere Kinokarriere einiges verspricht. Dabei darf nicht übersehen werden, dass auch sämtliche Nebenfiguren exzellent besetzt sind, sei es Apatow-Veteran Bill Hader („Superbad“) in seinem ersten Auftritt als romantischer „Love Interest“ oder eine herrlich fiese Tilda Swinton als Magazin-Chefin, die in ihrer Eiseskälte fast noch angsteinflößender wirkt als einst die „Prada“-tragende Meryl Streep. Als weiteres Bonbon gibt es dann noch (dem Beruf der männlichen Hauptfigur geschuldet) diverse Gastauftritte bekannter Sportler, die zwar dem amerikanischen Publikum wesentlich bekannter sein dürften als dem deutschen, doch wer LeBron James ist sollten ja auch hierzulande ein paar Leute wissen, und der absolviert hier dann auch wesentlich mehr als nur einen kleinen Cameo-Auftritt.
Sollte sich also der ein oder andere - angesichts des Filmtitels zunächst vielleicht etwas widerspenstige - Herr der Schöpfung durch das geschickt eingebundene Sport-Thema mit ins Kino locken lassen, so dürfte er diese Entscheidung kaum bereuen, sondern wird vermutlich mit der höchst amüsanten „Dating Queen“ genauso viel Spaß haben wie seine Begleitung.
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