Manchmal kommt ein Film ganz ungewollt genau zur richtigen Zeit. „Planet der Affen - Revolution“, das Sequel zu „Prevolution“, war bei seiner Ankündigung Ende 2011 sicherlich nicht als Statement zum Nahostkonflikt gedacht. Doch jetzt, wo radikale Palästinenser und israelisches Militär unbeirrt aufeinander losgehen, kommt man kaum umhin, Matt Reeves' Film über eine kriegerische Auseinandersetzung zwischen Affen und Menschen auf die aktuelle Weltpolitik zu übertragen.
„Revolution“ setzt 15 Jahre nach den Ereignissen seines Vorgängers ein, als die Affen dank medizinischer Experimente eine enorme Intelligenz entwickeln konnten und sich in einen Wald nahe San Francisco zurückzogen. Fast die komplette Menschheit wurde mittlerweile von einem den Experimenten entsprungenen Virus dahingerafft; nur die wenigen, die immun dagegen sind, konnten überleben. In San Francisco haben sich einige Hundert von ihnen in einem von großen Schutzanlagen umgebenen Turm eingenistet.
Das erste Aufeinandertreffen zwischen Mensch und Affe seit mehr als einem Jahrzehnt endet tödlich. Affenchef Caesar (Andy Serkis) macht den Menschen daraufhin klar, dass sie beim nächsten Betreten des Waldes getötet werden. Dies lässt sich aus deren Sicht jedoch nicht vermeiden, da sich dort ein Wasserkraftwerk befindet, das sie wieder in Betrieb nehmen möchten. Malcolm (Jason Clarke), einer der menschlichen Anführer, kann Caesar davon überzeugen, sie einige Tage gewähren zu lassen. Doch das Vertrauensverhältnis bleibt instabil. Als im Lager der Affen ein Anschlag verübt wird, kommt es schließlich zur blutigen Konfrontation.
Die (fast vollständige) Abwesenheit von James Franco, Freida Pinto und der meisten anderen Darstellern aus dem ersten Teil ist nur der offensichtlichste Unterschied zwischen „Revolution“ und „Prevolution“ (oder um auch mal die weniger bekloppten Originaltitel zu nennen: zwischen „Dawn of the Planet of the Apes“ und „Rise...“). Auch atmosphärisch und dramaturgisch liegen Welten zwischen beiden Filmen. Während der Vorgänger vorrangig in Wohnungen, Labors und einem Affenhaus spielte und es erst ganz am Ende zur einzigen nennenswerten Auseinandersetzung kam, verlagert sich das Geschehen im aktuellen Teil nun in Wald und Stadt. Die gesamte Handlung ist grundsätzlich von einem schwelenden Konflikt, von Misstrauen, von jederzeit möglichem Krieg geprägt. Genau genommen ist „Revolution“ ein Kriegsfilm, dem man guten Gewissens ein „Anti-“ davor setzen darf.
Wie wenig von Nöten ist, um blitzschnell an einer Eskalationsschraube zu drehen, das zeigen Regisseur Reeves, der Rupert Wyatt folgte, und die drei Drehbuchautoren auf für Hollywoodverhältnisse sehr präzise und beklemmende Art und Weise. Dabei ist das Menschenbild, welches sich auch auf die zunehmend vermenschlichten Affen übertragen lässt, eigentlich grundsätzlich ein positives. Frei nach Mandelas wohl berühmtestem Zitat ist Liebe – und damit verknüpft Zuneigung und Verständnis – hier das natürliche Empfinden im Umgang miteinander. Am Ergreifendsten zeigt sich das in einer Szene, in der ein Affenbaby die zentrale Rolle spielt. Doch zeigt der Ausgang der selben Szene auch, dass das Bild von Gesellschaften als Ganzes hier ein klar negatives ist. Mögen die Scharfmacher und die Hasserfüllten auch deutlich in der Minderheit sein, in diesem Film wie auch häufig in der Realität reicht es schon aus, wenn sie mit ihren Aktionen in Erscheinung treten, um Konflikte rasend schnell gewaltsam zu verschärfen.
Und wenn auf jede Aktion dann eine umso härtere Reaktion folgt, ist Frieden kaum noch möglich. Auch das zeigt die Realität leider gerade eindrucksvoll. Diese Dimension macht „Revolution“ zu einem ungewöhnlich düsteren, ernsthaften und pessimistischen Blockbuster. Sehenswert ist er aber nicht nur allein deswegen, sondern im wahrsten Sinne des Wortes vor allem auch wegen seiner überragenden Spezialeffekte, die im kommenden Jahr nach den Regeln der Vernunft eine Oscar-Prämierung erlangen sollten. Die tierischen Protagonisten dieses Films sind eine tricktechnische Meisterleistung und nicht mehr als Ergebnis von Computerarbeit zu erkennen. Diese Affen, die kommunizieren, springen und kämpfen, wirken täuschend echt. Überhaupt ist „Revolution“ visuell ein großer Genuss, der von zahlreichen starken symbolhaften Einstellungen und Bildern geprägt ist.
Dem gegenüber stehen aber leider einige deutliche Schwächen: etwa ein blasser menschlicher Hauptdarsteller oder eine Story, die es sich an manchen Punkten zu einfach macht, um die gewünschten Wendungen nehmen zu können. Besonders ärgerlich ist jedoch etwas anderes: Da erweist sich „Planet der Affen - Revolution“ über weite Strecken als kluges Plädoyer für ein friedliches Zusammenleben aller Bewohner der Erde und bedient an einigen Stellen dann aber doch die typischen amerikanischen Rachegelüste. Besonders unappetitlich wird es dann, wenn die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe über die Angemessenheit der Todesstrafe entscheiden darf. Trotz dieses faden Beigeschmacks ist „Revolution“ jedoch ein weiterer starker Blockbuster in einem diesbezüglich bemerkenswerten Jahrgang.
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