"Diese Geschichte schildert die dramatischen Erlebnisse einer Gruppe Jugendlicher im Jahre 1973 in Texas. Sie ist deshalb besonders tragisch, da sie alle noch sehr jung waren." Mit dieser Stilblüte über die jungen Jugendlichen beginnt also die Neuverfilmung des klassischen "Kettensägenmassakers", das in unseren Landen früher als "Blutgericht in Texas" lief. Und dieser Beginn trägt schon mal gar nicht dazu bei, das Unbehagen über ein von vornherein von Vielen als höchst überflüssig empfundenes Remake abzustreifen. Und dabei bleibt es dann auch im weiteren Verlauf des Films: Diese Fassung gewinnt dem Original weder irgendwelche neuen Facetten ab, noch entspricht sie im Geiste überhaupt ihrem Vorbild.
Dabei folgt der Handlungsverlauf grundsätzlich sehr wohl dem des Klassikers: Die zunächst noch ausgelassen fröhliche Gruppe von Teenagern nimmt eine verwirrte und augenscheinlich verletzte Anhalterin auf, bis diese schließlich völlig durchdreht und sich vor den Augen der Anderen erschießt. Die Suche nach Hilfe führt die Freunde dann nacheinander zu einer heruntergekommenen Tankstelle, einer verlassenen Mühle und einem Haus mit merkwürdigen Bewohnern. Auch der örtliche Sheriff wirkt nicht gerade Vertrauen erweckend, und als dann der erste der Jugendlichen spurlos verschwindet, bricht eine Welle des Terrors über die Gruppe hinein.
So weit, so bekannt. Auch der zur Kultfigur erklärte "Leatherface" hat schließlich noch seine wortkargen Auftritte, ohne allerdings den schockierenden Überraschungseffekt für sich beanspruchen zu können, den dieser Charakter in den siebziger Jahren noch auslöste. Die Bezeichnung "Splatterfilm" gab es damals nämlich noch gar nicht und auch Tobe Hooper's Schocker von 1974 ist entgegen der landläufigen Meinung und trotz seines blutrünstigen Titels genau genommen eben KEIN Vertreter dieses Genres. Hoopers Film bezog seine Wirkung fast ausschließlich aus der bedrückenden Atmosphäre, der geschickt aufgebauten Spannung und der Ungeheuerlichkeit einer derart bestialischen Familie, die zudem noch auf einem realen Vorbild beruhte. Ansonsten ist das ursprüngliche "Kettensägenmassaker" ein bemerkenswert blutarmes, aus heutiger Sicht geradezu zurückhaltendes Werk. Und obwohl sich die Macher der Neufassung dieser Stärken ihres Vorbilds durchaus bewusst sind - wie man ihren Äußerungen zur Produktion des Films entnehmen kann - ignorieren sie diese für ihren eigenen Film geflissentlich und setzen stattdessen eben doch auf Splatter:
Da werden Menschen auf Fleischerhaken gespießt, Körperteile abgetrennt und Leichen genüsslich untersucht. Als "Money Shot" hat sich Regisseur Marcus Nispel dann für eine Kamerafahrt durch den zerschossenen Kopf der Anhalterin entschieden und präsentiert diesen Knaller deshalb auch gleich mehrmals seinem Publikum. Mag sein, dass er damit bei den beinharten Fans für Gejohle im Publikum sorgt, der Rest darf das aber auch ruhig als widerwärtigste Gewaltverherrlichung bewerten, die in diesem Fall wirklich nur als Showeffekt dient.
Der deutsche Filmemacher präsentiert hier offiziell übrigens seinen ersten Spielfilm. Dass er eigentlich auch Arnold Schwarzeneggers "End of Days" inszenieren sollte, dann aber wegen seines exzentrischen Benehmens vorzeitig gefeuert wurde, verschweigt das Presseheft in seiner Biographie allerdings vorsorglich. Nispels Vergangenheit als Werbefilmer kommt allerdings auch jetzt immer wieder mal durch: Beim Versuch der schwingenden Kettensäge auszuweichen, werden die als Schutz verwendeten Kissen nämlich derart zerpflückt, dass deren Federn geradezu wie Schneeflocken durch den Raum schweben und der Szene damit einen wahrhaft poetischen Anstrich verleihen. Einen wahrhaft Unpassenden allerdings auch, denn diese Art von Kreativität hat in diesem Film in genau diesem Moment überhaupt nichts zu suchen und bricht die ohnehin nur leidlich vorhandene Spannungskurve dann komplett.
Eine weitere Unstimmigkeit: Auch die Neufassung nimmt für sich in Anspruch, im Jahre 1973 zu spielen. Nur dass die muskelbepackten und eingeölten Teenager eher aussehen wie aus einem aktuellen MTV-Video, denn wie siebziger Jahre Kids auf dem Weg zum "Lynyrd Skynyrd"-Rockkonzert.
Und so bleibt es dann dabei: Ein an sich durchschnittlicher Horror-Reißer von der Stange, der mit bekannten Handlungsmustern und Klischees arbeitet, wird dadurch zu einem Ärgernis, dass er sich direkt auf ein Vorbild beruft, dessen Intelligenz und unterschwellige Wirkung er zu keinem Zeitpunkt selbst erreicht.
Bleibt noch eine Anmerkung zum ungewöhnlich langen Titel dieses Films: Michael Bay hat sich einen Namen gemacht als Regisseur der bunten Knallorgien des Produzenten Bruckheimer von "Bad Boys" bis "Pearl Harbor". Einen Namen, der zwar meist außergewöhnliche Kassenerfolge verspricht, der aber auch als Synonym für oberflächliches Popcorn-Kino ohne Substanz gelten darf. Dieses "Texas Chainsaw Massacre" hat er allerdings nicht inszeniert und es entspricht auch vom Thema überhaupt nicht dem typischen Michael Bay-Film. Der ist lediglich als Produzent mit seiner eigenen Firma daran beteiligt und so ist die Entscheidung, ausgerechnet hier seinen Namen zum Bestandteil des Filmtitels zu machen, doch etwas fragwürdig. Aber das ist genau genommen auch der ganze Film an sich und dann passt es ja wieder - irgendwie.
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