Kyle Pratt (Jodie Foster) hat gerade erst ihren Mann verloren, als sie sich in einem neuen Alptraum wieder findet. Während des Heimflugs an Bord eines von ihr selbst mitentwickelten Riesenjets verschwindet Kyles kleine Tochter. Da sie trotz intensiver Suche nirgendwo entdeckt wird und sie zudem auch niemand Anderes an Bord überhaupt gesehen hat, steht schnell die Glaubwürdigkeit der verzweifelten Mutter in Frage. Leidet sie an Wahnvorstellungen, hat sie vielleicht ganz andere Absichten, oder aber doch als Einzige an Bord recht? Während Passagiere und Flugbegleiter schnell ihr Urteil fällen, sind sich Kapitän Rich (Sean Bean) und Flugmarshall Carson (Peter Sarsgaard) da nicht so ganz sicher.
Und eine gute, sehr spannende Stunde lang kann sich auch der Zuschauer überhaupt nicht sicher sein, wohin der Hase läuft. Wobei ihm nur dann Zeit zum Mitgrübeln bleibt, wenn es ihm gelingen sollte, sich dem Bann des fast hypnotisch mitreißenden Geschehens zu entziehen, das Robert Schwentke uns hier präsentiert.
"Robert wer?" werden da die meisten fragen, denn der junge Regisseur, der hier mit "Flight Plan" sein US-Debüt gibt, ist selbst in seinem Heimatland bisher nicht allzu bekannt. Während seine kleine, aber sehr gelungene Komödie "Eierdiebe" auch nur wenig in Richtung atmosphärischer Thriller vermuten ließ, kommen wir der Sache mit "Tattoo" schon deutlich näher. Dieser bei uns nicht besonders erfolgreich gelaufene Film sorgte nämlich aufgrund seiner kühl gestylten Machart auf einigen internationalen Festivals für soviel Furore, dass Schwentke nun einen gewaltigen Karrieresprung zur großen Hollywood-Produktion macht. Denn wer als Hauptdarstellerin die sich im Kino ziemlich rar machende Jodie Foster zur Verfügung hat, dem ist eine große Aufmerksamkeit von vornherein gewiss.
Foster spielt ihre Rolle erwartungsgemäß überzeugend und ohne jeden Glamour, unterstützt von durchweg souveränen Darstellungen ihrer Kollegen. Der Weitsicht (und auch dem Mut) der Produzenten muss man dennoch Respekt zollen, denn der junge Deutsche im Regiestuhl ist für diesen Thriller genau der richtige Mann. So erleben wir in den ersten Minuten eine Kyle Pratt im unwirtlichen Berlin und eine Szene, bei der man sich aufgrund ihrer leicht künstlichen Wirkung nicht sicher sein kann, ob sie so tatsächlich real stattfindet. Eine Unsicherheit, die clever dazu beiträgt, der doch eigentlich so normal und überzeugend auftretenden Kyle auch später nicht hundertprozentig zu trauen.
Die eigentliche Einschränkung, nur in einem begrenzten Raum drehen zu können, sorgt bei kompetenter Umsetzung ja oft für überdurchschnittliche Ergebnisse, und so tragen auch die virtuos in Szene gesetzten Gänge und Räume des Fantasie-Jumbos "Aalto E-474" eine Menge zur Wirkung des Films bei. Der Zuschauer ist hier mit an Bord und lange Zeit auf dem gleichen quälenden Stand der Ungewissheit wie Passagiere und Besatzung des Flugzeugs.
Irgendwann ist diese Ungewissheit aber zumindest für das Publikum vorbei, und in einer effektvoll inszenierten Sequenz präsentiert man uns den großen Knalleffekt. Und damit sind wir dann auch beim Problem, dass "Flight Plan" mit so vielen Genreverwandten teilt: Die schlussendliche Auflösung des Mysteriums kann nur ganz selten die aufgebauten Erwartungen daran erfüllen. Zu schön war das Rätsel, als das man weniger als eine geniale Offenbarung akzeptieren mag. Die gibt es aber auch hier nicht, obwohl man es immerhin ein Stück besser gemacht hat als im handlungsähnlichen "Die Vergessenen", in dem Julianne Moore vor kurzem ja auch nach ihrer angeblich gar nicht existierenden Tochter suchte. Aliens tauchen hier nun Gott sei Dank nicht auf, aber auch die stattdessen gewählte Variante sorgt wohl eher für das ein oder andere "Mhmm, soso, na ja" beim Zuschauer.
Das Publikum gerät dann auch in Gefahr, durch zuviel Nachgrübeln ob das denn nun alles sein kann und Sinn macht, glatt die letzte halbe Stunde und den unvermeidlichen Showdown zu verpassen. Daher sollte man das mit dem Nachfragen lieber bis nach der Vorstellung sein lassen, um sich nicht den Spaß an einem Film zu verderben, der ansonsten rundum gelungen und auch keine Minute zu lang geraten ist. Erstklassige Darstellerleistungen in einem spannungsgeladenen Thriller, der stark von Ambiente und Atmosphäre lebt. Das führt zum erfreulichen Fazit: Der kann was, der Schwentke!
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