Das Leben des wohl prominentesten Schriftsteller-Ehepaars des 20. Jahrhunderts, des Engländers Ted Hughes (Craig Hughes) und der Amerikanerin Sylvia Plath (Gwyneth Paltrow) - und vor allem das Sterben der letzteren, darum geht es in Christine Jeffs "Sylvia". Plath wurde posthum zur Legende, durch den autobiografischen Roman "Die Glasglocke" und vor allem den Gedichtband "Ariel", in dem sie ihre Traumata, Depressionen und Ängste kurz vor ihrem Selbstmord 1963 verarbeitete. Seitdem wurde wie über kaum ein anderes Paar über sie, Hughes und ihr Leben spekuliert, auch aufgrund der Vereinnahmung Plaths durch Feministinnen, welche die Poetin zu ihrer Göttin stilisierten, die im Spannungsfeld zwischen Karriere und Familie aufgerieben wurde. Ted Hughes, der Plath nach sechs Jahren Ehe verließ, wurde die Schuld an ihrem Tod zugeschrieben, bis hin zur lächerlichen Behauptung, er habe Sylvia "ermordet". Hughes schwieg über 35 Jahre lang und veröffentlichte dann 1998 kurz vor seinem Tod "Birthday Letters", einen Gedichtband über das Leben mit Plath vor und auch nach ihrem Tod. Als Gedichte ins Jenseits konzipiert, versucht er dort, seine Version der gemeinsamen Geschichte der von Plath in "Ariel" und "Wintertrees" geäußerten gegenüberzustellen. Rechnet man noch die 20 existierenden Biographien über das Paar und die etwa 50 ausführlichen Studien dazu, so bleibt die Frage, was jetzt die Filmbiographie "Sylvia" Neues oder Interessantes auf den Tisch bringt. Nicht sehr viel, muss man leider sagen. Ob das an den mittlerweile zumindest Kennern altbekannten Anekdoten liegt - dem blutigen Wangenbiss, dem Ergattern von Halstuch und Ohrring, den Schreiduellen, der kritischen Würdigung Hughes' und dem zeitgleichen Desinteresse gegenüber Plaths Gedichten? Danach kamen dann ja auch nur noch die Butterbrote und der Kopf im Gasofen. Das größte Problem an "Sylvia" ist allerdings die extreme Banalisierung und Zurückhaltung des Films. Die Idee war ja nicht schlecht: Endlich mal Aufräumen mit dem ganzen Mythoskram, an dem natürlich Hughes und Plath selbst schuld waren, die sich und ihre Ehe in ihren Gedichten zu mythischen, allegorischen Figuren verklärten. Dabei ist das Ganze natürlich äußerst geschmackvoll gefilmt und auch durchaus ansprechend gespielt. Paltrow leidet recht gut, nur Plaths kochenden, sie antreibenden Zorn spürt man bei ihr nie. Daniel Craig gibt einen passablen Hughes, am meisten in Erinnerung bleibt aber Paltrows Mami Blythe Danner die - genau - Sylvias Mutter spielt. Und grundsätzlich kann man dem Film eben auch nix wirklich vorwerfen - außer dass er so auf Nummer Sicher geht, dass man ihm nix vorwerfen kann. Die gemeinsame Tochter und Nachlassverwalterin Frieda Hughes hat sich übrigens extrem gegen diesen Film gewehrt (und ihm durch Verbot des Verwendens von Plaths Gedichten, von ein paar Einzelzeilen mal abgesehen, auch geschadet), der ihrer Ansicht nach nur ein "Sylvia-Selbstmordpüppchen" zeigen will. So schlimm ist es gar nicht. Nur relativ überflüssig. Dann lieber "Ariel" und die "Birthday Letters" lesen und sich selbst in den brutalen, traurigen Mythen dieses Paares verlieren. |
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