L'auberge espagnole 2 - Wiedersehen in St. Petersburg

Originaltitel
Les poupees russes
Land
Jahr
2005
Laufzeit
125 min
Release Date
Bewertung
6
6/10
von Simon Staake / 19. August 2010

"L'Auberge Espagnole" erwies sich vor drei Jahren nicht nur in der französischen Heimat als Hit, sondern etwas später auch in den deutschen Programmkinos. Dieser internationale Erfolg ist sicherlich der Hauptgrund, warum sich Regisseur Cédric Klapisch nach anfänglichem Zögern doch zu einer Fortsetzung entschieden hat, deren deutscher Titel freilich kaum Sinn macht. Denn die WG in Barcelona ist Geschichte, aber auch fünf Jahre später denkt Xavier (Romain Duris) gern an die Zeit zurück. Seine Erlebnisse hat er zwar in einem Roman verewigt, die am Ende des ersten Films eingeschlagene Karriere als Schriftsteller ist trotzdem nicht gerade erfolgreich verlaufen (der Roman ist unveröffentlicht) und auch das private Glück hat er nicht gefunden. Und so steht Xavier kurz vor seinem dreißigsten Geburtstag und verdingt sich mehr schlecht als recht als Ghostwriter und freier Mitarbeiter einer Zeitung. Da ergeben sich gleich zwei neue Jobs: Dem Model Celia (Lucy Gordon) soll er in Paris helfen ihre Biographie zu verfassen, und für ein englischsprachiges Drehbuchprojekt reist er nach London, um sich von seiner ehemaligen Mitbewohnerin Wendy (Kelly Reilly) helfen zu lassen. Deren Bruder William (Kevin Bishop) - aus dem ersten Film noch als manierenloses Ekelpaket in Erinnerung - hat ebenfalls Neuigkeiten zu vermelden: eine baldige Hochzeit. Soviel ist klar: die nächsten Wochen werden für Xavier recht chaotisch werden....

Klapisch ist zurück, Xavier ist zurück. Was sowohl gut als auch schlecht ist. Gut, weil der neue Film bei allen Schwächen sehenswert, lustig und auch nachdenklich ist. Schlecht, weil Klapisch die Fehler des Erstlings nicht eliminiert, sondern variiert, und somit aus einem potenziell tollen Film nur ein netter wird. "L'Auberge Espagnole 2 - Wiedersehen in St. Petersburg" leidet unter demselben Problem wie der Vorgängerfilm, und das ist seine nur mäßig interessante und mäßig sympathische Hauptfigur.
Mehr noch als der erste Teil ist dies vornehmlich die Geschichte von Xavier, und der ist immer noch ein ziemlicher Jammerlappen. Als Wunscherfüllung seines Alter Egos Klapisch im Regiestuhl darf er wieder reihenweise attraktive Frauen abschleppen, sich dabei zumeist wie ein ziemliches Arschloch benehmen und trotzdem wieder in bester "gequälter Künstler"-Manier jammern, was für ein hartes Leben er doch hat. Da fällt einem wie vorher das Mitgefühl für die ach so schwierige Situation schwer, und es ist nur Romain Duris' lausbübischem Charme zu verdanken, dass man seinen Abenteuern denn doch folgen mag.
Aber schade ist der offensichtliche Stillstand in der Persönlichkeitsbildung seiner Hauptfigur vor allem deshalb, weil Klapischs neuer Film in seinen Themen schon deutlich erwachsener ist als der erste Teil. Anstatt der bisweilen doch arg klischierten und platten "culture clash"-Episoden dort, setzt sich "L'Auberge Espagnole 2" recht schön mit den Widerhaken und Stolperfallen der Liebe und der Suche nach dem perfekten Partner auseinander - solange er wie gesagt nicht über seinen Protagonisten stolpert. Aber ein paar schöne kleine (Binsen-)Weisheiten hat Klapisch doch zusammengetragen, das den Originaltitel erklärende Gleichnis von den russischen Püppchen etwa, oder das mit der perfekten Frau, die eine perfekte Straße entlanggeht.
Und zu lachen gibt es auch wieder einiges hier. Aber leider behält Teil Zwei auch die Fehler des Erstlings bei: So hören die schönen visuellen und dramaturgischen Spielereien, die am Anfang erfreuen (Martines Märchenerzählung, Xaviers ‚Rattenfänger') später einfach auf, und der mit gut zwei Stunden auch deutlich zu lange Film wird gegen Ende immer fahriger und episodischer.

Aber das klingt vielleicht jetzt doch ein wenig zu negativ, denn trotz der angesprochenen Schwächen unterhält "L'Auberge Espagnole 2" gut, auch weil Klapisch immer wieder schöne Einzelszenen gelingen, die den Rest zusammenhalten. Apropos Zusammenhalt: Die komplette WG-Clique aus dem ersten Teil ist zumindest für einen (allerdings etwas gezwungen wirkenden) Kurzauftritt wieder da, wie auch andere sehr bekannte Gesichter. So kann man sich auch an "Amelie" alias Audrey Tautou kurz erfreuen. Die besten Szenen und größten Lacher bekommt trotzdem die mindestens ebenso bezaubernde Cécile de France, die als eigentlich burschikose Lesbe sich hier unter anderem als wirkliche Dame in Kleidchen und Stöckelschuhen beweisen muss.

"L'Auberge Espagnole 2 - Wiedersehen in St. Petersburg" ist sicherlich kein Muss, aber wem die erste Multi-Kulti-Komödie gefallen hat, der wird auch hier fündig werden. In diesen russischen Püppchen versteckt sich neben einigem Leerlauf nämlich auch einiges an netter Kinounterhaltung.

Bilder: Copyright

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