Die junge Ai-Ling (Huan-Ru Ke) verlässt ihre Mutter und ihre Heimat Taiwan um in Hamburg mehr über ihren früh verstorbenen Vater und ihren Onkel Chen Fu zu erfahren. Sie wird von den Verwandten freundlich aufgenommen, doch wie es ihr weiter ergeht erfahren wir zunächst nicht. Stattdessen begegnen wir fünf Monate später der Künstlerin Sophie Schmitt (Inga Busch), die in Taiwan ihre neue Produktion vorstellt. Es ist eine Videoinstallation zu Ehren ihrer vor kurzem verstorbenen Freundin und diese hieß Ai-Ling. Schon bei der Eröffnung fällt Sophie eine selbstbewusste Frau auf, die sich später als Journalistin Mei-Li (Ting-Ting Hu) vorstellt und mehr über die Beziehung der beiden Frauen erfahren möchte. Obwohl Sophie an dieser Frau einiges merkwürdig erscheint, beginnt sie doch sich zu erinnern und erzählt von ihrer großen Liebe zu Ai-Ling.
Was sich in der Inhaltsangabe recht komplex anhört ist es
auch, aber trotz einer nicht chronologischen Erzählweise und
mehreren Zeit- und Ortssprüngen ist es nicht wirklich schwierig,
dieser Dreiecks-Liebesgeschichte von Autorin und Regisseurin Monika
Treut zu folgen. Nach einer Reihe von preisgekrönten Dokumentarfilmen
("Den Tigerfrauen wachsen Flügel") versucht sich
Treut nun wieder an einem Spielfilm und das Ergebnis ist ein interessanter
Mix, dem man die Doku-Herkunft seiner Macherin zwar ab und zu anmerkt,
doch scheint dies dann durchaus gewollt.
Denn
es ist natürlich ein bewusst eingesetztes Stilmittel wenn die
Gegenwartsszenen in Taiwan einen hyperrealistischen Video-Look aufweisen,
die Rückblenden bzw. Erinnerungen dagegen aber wesentlich grobkörniger
und unschärfer wirken. Ein technisches Gimmick welches die
inhaltliche Aussage stützt, dass der Wahrnehmung der einzelnen
Hauptfiguren nicht immer einhundertprozentig zu trauen ist oder
vielmehr diese sich deren Realitätsgehalt selbst nicht immer
so ganz sicher sind. Absolut auf Spielfilmniveau und zwar auf einem
ganz ausgezeichneten bewegt sich aber die Geschichte, der es trotz
einer sehr ruhigen Inszenierung gelingt eine fast hypnotische Spannung
aufzubauen und die zudem durch ausgefeilte, fein gezeichnete Charaktere
zu überzeugen weiß. Die dabei eingefangen Bilder der
beiden gegensätzlichen Kulturen erweisen sich als zusätzliches
Bonbon, denn lange hat man z.B. einen nun wahrlich schon oft genutzten
Schauplatz wie Hamburg nicht mehr so schön abgebildet gesehen.
Dass durch den Titel etwas plakativ in den Vordergrund gerückte
Geister-Thema ist allerdings nicht das bestimmende Element des Films,
sondern rückt erst in der letzten halben Stunde in den Fokus,
als sich plötzlich die merkwürdigen und nicht eindeutig
rational erklärbaren Ereignisse häufen. Mit den zahllosen
asiatischen Mystery- und Gruselstreifen, die für gewöhnlich
ihren Weg in unsere Breitengrade finden, hat das hier Gebotene aber
nur ansatzweise zu tun. Entsprechende Schockeffekte sind daher nicht
zu erwarten und wenn dann nur in etwas subtilerer Form. Die Autorin
scheint dabei sogar die Befürchtung gehabt zu haben, dass dieses
Streifen des Übernatürlichen in der Tat so behutsam vor
sich geht, dass es der Zuschauer eventuell gar nicht bemerken oder
zumindest nicht richtig einordnen kann. Wenn Treut daher als Hilfsmittel
eine Nebenfigur die erklärenden Sätze zum Geisterglauben
sicherheitshalber zum richtigen Zeitpunkt in die Kamera sprechen
lässt, ist das eine überraschend unelegante Lösung
in einem ansonsten doch sehr eleganten und stilvollen Film.
Zu dessen Gelingen auch die Auswahl der Darsteller beiträgt,
von denen die asiatischen Schauspielerinnen den stärksten Eindruck
hinterlassen. Inga Busch als Sophie dagegen wirkt ab und zu recht
steif und künstlich, was aber in erster Linie dem Klang ihres
stark akzentuierten Englisch geschuldet sein mag. Denn das ist die
Sprache die hier zur Verständigung neben chinesisch und deutsch
am häufigsten gesprochen wird. Ein wenig Aufmerksamkeit und
Konzentration wird also verlangt vom Publikum, und nicht jedem mag
auch die Schilderung einer verwobenen Liebe unter drei Frauen, in
der sämtliche Männer nur Randfiguren bleiben, auf Anhieb
interessieren. Wer diese eventuellen Hemmschwellen jedoch überwindet,
belohnt sich mit einem ungewöhnlichen Filmerlebnis.
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