Die Goldjungen-Jury, die "Academy of Motion Picture Arts and Sciences", machte es sich dieses Jahr ziemlich einfach. Nominiert wurden zwar kontroverse Filme, doch die Wahl traf dann auf die eher gefälligen Vertreter. So erhielt der umstrittene "Brokeback Mountain" zwar einen Regie-Oscar, wurde dafür aber nicht bester Film. Diesen Titel heimste dafür das weitaus unstrittigere Drama "L.A. Crash" ein. Ebenso verhielt es sich bei den fremdsprachigen Filmen: Statt dem favorisierten palästinensischen Beitrag "Paradise Now entschied man sich für den im Verhältnis unverfänglicheren Beitrag aus Südafrika. Das heißt nicht, dass "Tsotsi" ein schlechter Film ist, aber trotzdem handelte es sich bei dieser Oscarisierung doch um eine politische, weil beabsichtigt unpolitische Entscheidung. Der 19-jährige Tsotsi (Presley Chweneyagae) ist ein gefürchteter Gangster in seinem Viertel am Rand von Johannesburg, der sich weder Gedanken um die Vergangenheit noch um die Zukunft machen will. Eines Tages schießt er eine Frau an, um ihr Auto zu stehlen. Doch während seiner Flucht bemerkt er, dass auf dem Rücksitz ein Baby liegt. Tsotsi entschließt sich spontan, den Säugling zu behalten, und will ihn in seiner Hütte mit Dosenmilch aufziehen. Da er jedoch weder stillen noch Windeln wechseln kann, zwingt er eine junge Mutter (Terry Pheto) aus dem Township mit Waffengewalt dazu, "seinem" Kind die Brust zu geben. Derweil ist ihm die Polizei schon auf den Fersen, während Tsotsis Gangsterbande auseinander bricht. "Tsotsi"
ist nach "Drum" und "U-Carmen"
schon der dritte südafrikanische Film, der innerhalb
kurzer
Zeit international vermarktet wird. War schon der
Opernfilm "U-Carmen"
unkonventionell durch in der Landessprache Xhosa gesungene
Texte,
so geht "Tsotsi" noch darüber hinaus: Hier wird der
Slang der Townships, Tsotsi-Taal (eine Mischung aus
Afrikaans und
lokalen Sprachen wie Zulu, Xhosa, Tawana und Sotho)
verwendet, den
nicht einmal alle Südafrikaner verstehen. Musikalisch ist
es
die Musik der Townships, Kwaito, in der rhythmisch
rezitierte Gesänge
über einen instrumentalen Hintergrund mit starker
Basslinie
gelegt werden, die "Tsotsi" vorwärts drängt
und den manchmal etwas gemächlichen Einstellungen Kraft
und
Tempo gegenüberstellt. "Tsotsi" wurde untypischerweise in Wide Screen auf 35
mm gedreht, und wirkt daher wie ein großes Epos. Die
Bilder
stechen in ihrer sorgsamen Komposition deutlich hervor.
Die Farb-
und Lichtwahl prägen auch die Charaktere. Während es in
Tsotsis Hütte eher düster ist, spielen die Sonnenstrahlen
in der Hütte der jungen Mutter Miriam auf den bunten
Mobiles
aus Glasscherben, die sie bastelt. Dies ist visuell sehr
effektiv,
rückt den Film aber näher an die Grenze des Kitsch, die
mit Fortschreiten des Films irgendwann leider
überschritten
wird. So ist "Tsotsi" ein visuell bestechender, eindrucksvoll
gespielter Film, der mit Klängen und Farben ein Bild von
den
Townships zeichnet, wie wir es bisher nicht gesehen haben.
Obwohl
das Werk mehrfach mit "City of God"
verglichen wurde, haben beide doch sehr unterschiedliche
Ansätze,
wenn es darum geht, die Charaktere in ihrer
tragisch-absurden Situation
zu zeigen. Tsotsis Läuterung durch das Baby, das er
aufnimmt,
und die verklärenden Bilder machen den südafrikanischen
Vertreter eindeutig kitschiger. |
Bilder: Courtesy of Kinowelt, Copyright 2006 |
Originaltitel
Tsotsi
Land
Jahr
2005
Laufzeit
95 min
Genre
Regie
Release Date
Bewertung
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