20 Minuten belangloses Party-Gequatsche sind für gewöhnlich schwer zu ertragen, selbst wenn sie nicht von einem Amateur mit der Handkamera gefilmt werden. Aber da müssen wir durch, denn es gilt sich einen Grundüberblick über eine Handvoll junger Menschen zu verschaffen, deren Schicksal wir in der dann folgenden Stunde verfolgen werden. Und das ist deshalb interessant, weil sich dieses Häuflein zur ungünstigsten Zeit am absolut falschesten Platz aufhält. Nämlich mitten in Manhattan, als der berühmte Stadtteil von einem brutalen, gewalttätigen Wesen attackiert wird. Von einem riesigen Monster, um es mal direkt zu sagen. Und die Überlebenschancen für alle, denen es nicht rechtzeitig gelingt sich in Sicherheit zu bringen, stehen ziemlich schlecht. Aber immerhin: Die Kamera läuft.
So, und mehr wird zur Handlung dieses Films in diesem
Text auch
nicht zu finden sein. Denn "Cloverfield" ist nun wahrlich
ein Musterbeispiel für die Schublade "Bitte möglichst
ohne irgendwelches Vorwissen anschauen". Zugegeben, das
ist
in einer Zeit, in der leidenschaftliche (bisweilen auch
fanatische)
Fans in einschlägigen Foren sofort jedes halbwegs
brauchbare
Informationshäppchen publik machen, gar nicht so einfach.
Da
Produzent J.J. Abrams aber spätestens seit "Lost"
das Adjektiv "innovativ" zu verteidigen hat, ist ihm zu
diesem Thema doch das Eine oder Andere eingefallen. Ein
Teaser zum
Beispiel, der nicht mal den Filmtitel nannte, und ein
Trailer, in
dem Teile der Freiheitsstatue sich nicht mehr dort
befanden, wo
man sie für gewöhnlich vermutet. Letztendlich dann doch
noch ein Titel, der aber auch absolut Nichts erklärt, und
dazu
eine bemerkenswert erfolgreich durchgezogene Politik der
absoluten
Geheimhaltung.
So
kam es dann also tatsächlich dazu, dass sich ein
erwartungsvolles
Publikum äußerst zahlreich zum US- Premierenwochenende
einfand und nicht Wenige dürften sich wie ein kleines Kind
auf das gefreut haben, was da nun wohl kommen würde.
Ein marketingtechnisches Meisterstück ganz zweifellos und
in kommerzieller Hinsicht ist also alles Bestens
aufgegangen. Auch
die Frage, ob man denn nur wenige Jahre nach den
Ereignissen vom
11. September 2001 bereits wieder New York effektvoll im
Kino zertrümmern
darf, scheint sich somit wohl nicht mehr zu stellen. Wohl
aber die,
ob denn diese so kunstvoll gesteigerte Erwartungshaltung
vom fertigen
Film letztendlich auch befriedigt werden kann. Die Antwort
darauf
muss "Nein" lauten, und dass obwohl man hier eigentlich
alles richtig gemacht hat.
"Richtig" im Rahmen der Möglichkeiten eines Monsterfilms
eben, aber dieser lässt sich nun mal nicht mehr komplett
neu
erfinden. Absolut sinnvoll dabei die Entscheidung, den
Film knackig
kurz zu halten (ohne Abspann läuft er effektiv keine 80
Minuten),
nicht nur weil die wackelige
Handkamera sonst irgendwann auch den gutmütigsten
Betrachter
überfordern würde. Bemerkenswert konsequent, diese
Aufnahmen
dabei in einem technisch äußerst mäßigen Rohzustand
zu belassen, bei dem Sätze mittendrin abbrechen und auch
immer
wieder kleine Handlungssprünge zu verzeichnen sind, falls
die
Kamera zwischendurch doch mal ausgeschaltet wird.
Dementsprechend
gibt es also auch keine dramatische Filmmusik, und das ist
sogar
sehr erholsam. Völlig logisch natürlich auch,
ausschließlich
unbekannte Gesichter als Darsteller zu verpflichten, denn
jeder
kleine Star mit Wiedererkennungswert würde dem
angestrebten
Realismus nur entgegenwirken. Und ziemlich weise
schließlich,
das Monster zunächst nur sehr spärlich zu zeigen und so
auch in diesem Punkt die Neugierde hoch zuhalten.
Und doch ergibt die finale Summe diesmal nicht mehr als
ihre einzelnen
Teile. Während der Eine sich an einen Ego-Shooter erinnert
fühlt und demzufolge nur auf das nächste Level und die
Konfrontation mit dem "Hauptgegner" wartet, beschreibt
der Andere den Film kurz und gar nicht mal unzutreffend
als "Blair
Witch Project" trifft "Godzilla". Unter den Bedingungen
von "Krieg
der Welten",
möchte man dann hinzufügen, denn genau wie im ungleich
aufwändigeren Spielberg-Vehikel erfahren Zuschauer und
Protagonisten
zunächst nur durch gelegentlich mitgefilmte
Fernsehnachrichtenschnipsel
bruchstückhaft etwas über die Gesamtsituation und die
Maßnahmen der Streitkräfte, welche sich dann wiederum
so ähnlich aufführen wie neulich jene in "28 Weeks
Later". Allseits bekannte Elemente also, wenn auch in
dieser
Kombination erstmalig zu sehen.
Allerdings
ist ebenfalls nicht zu übersehen, dass das Budget begrenzt
war und wirklich spektakuläre Momente rar gesät sind.
Eine nennenswerte Beziehung zu den Hauptfiguren aufzubauen
ist praktisch
nicht möglich, denn die beschriebene Einführung bietet
wirklich nur das Minimum an notwendiger Basisinformation,
durfte
in dieser Machart aber auch andererseits nicht länger
ausfallen
um die Geduld des Publikums nicht zu sehr zu strapazieren.
Und so entpuppt sich als größtes Manko von "Cloverfield"
das Fehlen von echter Spannung. Es gelingt dem Film leider
nicht,
wirklichen Schrecken zu verbreiten, denn den gibt die
konventionelle
Hatz durch Straßen und Tunnel genauso wenig her wie die
leidlich
gelungenen CGI-Effekte. Dass ein Monsterfilm dieser Art es
dabei
aber immerhin vermeiden kann, allzu lächerlich zu wirken,
ist
an sich schon eine ordentliche Leistung. Und ohne die
einzigen tatsächlich
unsinnigen Elemente hätten wir nun mal keinen Film.
Gemeint
sind hier die üblichen Entscheidungen der Figuren, sich
leichtsinnig
ins Zentrum der Gefahr zu begeben, und die Überlegung,
dass
in der Realität diesem Typen, der selbst in den
emotionalsten
und privatesten Momenten ständig seine Kamera draufhält,
wohl irgendwann mal einer aufs Maul hauen würde.
So schaut man sich dann also eher interessiert an, wie Abrams und sein Team diese altbekannte Geschichte inszeniert haben, und man muss ihnen schon Respekt dafür zollen, rund um die nette Idee der subjektiven Kamera den wohl bestmöglichen Film abgeliefert zu haben. Im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten, wie gesagt, während man hinsichtlich der Vermarktung zweifellos das absolute Optimum herausgeholt hat. Und deshalb ist diese Geschichte um das Phänomen "Cloverfield" herum dann auch ein bisschen interessanter als der Film selbst.
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