Mit "Brautalarm" steht eine weitere Judd Apatow-Produktion ins Haus, die im Grunde all die bekannten Zutaten enthält, die man vom Mastermind hinter Komödien wie "Beim ersten Mal", "Superbad" oder "Jungfrau (40), männlich, sucht…" erwartet. Und das sind für gewöhnlich ein paar liebenswerte Charaktere, denen man ihre leicht infantilen und derben Späße deshalb so leicht verzeihen kann, weil sie nicht nur grundsympathisch, sondern auch meist sehr witzig daherkommen. Das Besondere am neuen Beitrag: Diesmal sind es tatsächlich die Damen, die mal ein bisschen Spaß haben wollen und dabei von einer misslichen Situation in die nächste geraten. Das Ergebnis entpuppt sich dann als allemal interessante, mitunter saukomische, ab und zu aber eben auch schrecklich peinliche Komödie - und steht damit den männlichen Vorbildern also in nichts nach.
Für Annie (Kristen Wiig) läuft es nicht gerade rund: Ihr eigenes Geschäft musste sie wegen finanziellen Misserfolgs schließen, das Leben in einer Wohngemeinschaft mit fragwürdigen Gestalten ist nicht besonders erbaulich und ihr aktueller Lover hält sie sich lediglich als eine von mehreren Optionen, die auch bitte möglichst nicht über Nacht bleiben soll. Als ihre beste Freundin Lilian (Maya Rudolph) verkündet, heiraten zu wollen, ist das zwar prinzipiell eine schöne Sache, es macht Annie aber ihre eigene Unzufriedenheit mit der Gesamtsituation nur umso deutlicher. Erschwerend hinzu kommt die Begegnung mit Lilians neuer Freundin und Kollegin Helen (Rose Byrne), einer nahezu perfekten und weltgewandten Frau, die sich anschickt Annie auch bei der Hochzeitsvorbereitung auszustechen und rücksichtslos den Rang abzulaufen. Aber nicht mit unserer Heldin! Wild entschlossen stürzt die sich in den völlig aussichtslosen Kampf, mit der unfehlbaren Rivalin konkurrieren zu wollen.
Das bewusste Risiko, zur Abwechslung auch mal auf eine ordinäre Damenclique zu setzen, ist für Apatow und seinen Regisseur Paul Feig ("The Office") mehr als aufgegangen, denn "Brautalarm" ist einer der großen Überraschungshits dieses Jahres und hat beim Einspielergebnis in den USA bereits die 150-Millionen-Dollarmarke durchbrochen. Es ist dort offensichtlich gelungen auch die weiblichen Kinogänger zu animieren sich einmal eine etwas andere, nennen wir sie "bodenständigere" Version der "Sex and the City"-Grazien zu Gemüte zu führen. Und das dürfte auch eines der Erfolgsgeheimnisse des Films sein, denn die nicht mehr ganz so jungen und auch nicht sämtlichst aus einem Model-Katalog gestiegenen Teilnehmerinnen dieser Hochzeitssause bieten den Meisten vermutlich ein deutlich größeres Identifikationspotential.
Lediglich Rose Byrne in der Rolle der unerträglichen Brautjungfer Helen könnte auch aus der Wysteria Lane stammen (ja, schon klar, andere Serie), doch die deutete ja schon im "Männertrip" (noch so eine Apatow-Produktion) ihr komisches Talent an und zickt auch hier nun ganz wunderbar herum, dabei aber stets mit Unschuldsmiene agierend und sich keiner Intriganten-Schuld bewusst. Hauptdarstellerin Kristen Wiig dürfte zumindest hierzulande noch weitgehend unbekannt sein, nähert sich aber durch ihre jahrelangen Auftritte im Comedy-Dinosaurier "Saturday Night Live" in den USA bereits der Tina Fey-Liga für komische Frauen. Ihre neurotisch-verzweifelte Annie ist eine ebenso witzige wie dankbare Figur, die sich Wiig auch gleich selbst auf den Leib geschrieben hat.
Womit man sie allerdings dann auch nicht ganz freisprechen kann von den etwas fragwürdigeren Momenten dieses, die meiste Zeit sehr unterhaltsamen und für Hollywood-Verhältnisse doch recht unkonventionellen Lustspiels. Denn bei aller Sympathie für den gebotenen frechen Humor: Hier und da ist leider doch mal Fremdschämen angesagt, wenn es wieder etwas zu derbe und geschmacklos wird. Das gilt ganz besonders für die Sequenz, in der sich die muntere Damenschar in ein Geschäft für Hochzeitskleider bewegt und dort mit den Folgen einer kurz zuvor erlittenen Lebensmittelvergiftung zu kämpfen hat. Wenn sich da dann lustig vor sich hin übergeben und auf die Straße, ähem, gekackt wird, dann rutscht man aufgrund des Fremdschämfaktors auch schon mal etwas tiefer in den Kinosessel.
Ganz überwiegend ist der "Brautalarm" jedoch trotzdem ein großer Spaß, der sich hinter thematisch vergleichbarem Stoff wie etwa der "Hangover"-Reihe nicht zu verstecken braucht. Er wurde mit Sicherheit auch nicht in erster Linie mit dem Blick auf Kritikerlob angelegt, verdient sich dieses aber trotzdem. Wobei der gewissenhaft gleich bei zwei Vorführungen im Publikum sitzende Autor dieser Zeilen noch auf einen Aspekt aufmerksam machen möchte: Originalfassungen sind ja an sich immer was Feines, mussten jedoch selten so ausdrücklich empfohlen werden wie im Fall von "Brautalarm" oder also vielmehr den "Bridesmaids". Denn dieser Film verliert in der deutschen Fassung leider ungemein und wirkt dort oftmals wesentlich plumper und unwitziger. Einzelne Szenen, wie z.B. der Auftritt der angetrunkenen Annie im Flugzeug sind in der Synchronfassung sogar derart misslungen, dass man am Schauspieltalent der Darstellerin zweifeln könnte, wenn man es nicht aufgrund des Vergleichs zum Original besser wüsste.
Wer also die Gelegenheit hat, sollte in diesem Fall wirklich lieber die Originalversion wählen, das Vergnügen ist ein spürbar größeres.
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