Die vom beeindruckenden "Untergang" angeführte aktuelle Welle von filmischen Aufarbeitungen der NS-Zeit in Kino und Fernsehen ist für den einen oder anderen sicher schon wieder etwas Zuviel des Guten. Aber die Häufung eines Themas an sich sollte sicher nicht Maßstab einzelner Bewertungen sein. Denn ansonsten liefe Marc Rothemunds engagierter neuer "Sophie Scholl"-Film vielleicht am ehesten Gefahr, als eine Art "Overkill" angesehen zu werden. Ist sein Werk doch nicht nur ein weiterer Beitrag zur Auseinandersetzung mit dem deutschen Nationalsozialismus in der Spätphase des zweiten Weltkriegs, sondern auch bereits die dritte Spielfilmversion des Schicksals der Widerstandskämpferin Scholl innerhalb von zwanzig Jahren. Was also gibt es hier zu sehen, was nicht schon Michael Verhoeven in "Die weiße Rose" oder Percy Adlon mit "Fünf letzte Tage" gezeigt haben? Insbesondere der zuletzt genannte Film trägt ja einen fast identischen Titel und lässt die Frage nach der Daseinberechtigung einer weiteren Variante fast unvermeidlich werden. Rothemund und sein Autor Breinersdorfer haben darauf eine ganz klare Antwort: Erstens sollte jede neue Generation dieses Thema für sich entdecken, und zweitens konnten die Filmemacher erstmals die originalen Vernehmungsprotokolle aus den Tagen zwischen Sophie Scholls Verhaftung und Hinrichtung für die Entwicklung ihres Drehbuchs nutzen, und so einen ganz anderen Zugang zu ihrem Thema gewinnen. Über Argument eins mag man streiten, denn auch neue Generationen sehen sich ja durchaus mal ältere Filme an. Begründung zwei aber liefert zumindest aus Filmemachersicht eine plausible Erklärung für den Reiz einer Neuinszenierung. Und was für eine Art Film macht man dann also, wenn man die Originalaufzeichnungen der Untersuchung und Verhandlung gegen die Geschwister Scholl zur Verfügung hat? Wenig überraschend liefert uns Rothemund natürlich eine Art Kammerspiel ab, ein fast den ganzen Film beherrschendes Duell der Worte. Von der studentischen Widerstandsgruppe "Die Weiße Rose" bekommen wir nur ihre letzte fatale Aktion zu sehen, nämlich die Verteilung eines kritischen Flugblattes in den Räumen der Münchener Universität. Dabei werden Sophie und Hans Scholl vom Hausmeister gesehen, prompt festgenommen und dem Ermittler Robert Mohr vorgeführt. Dieser lässt sich vom unbedarften Auftreten der cleveren Sophie sogar so weit täuschen, dass er sie zuerst für unschuldig hält. Erst als weitere Beweise auftauchen erkennt Mohr, dass er für dumm verkauft wurde. Da es keinen Sinn hat weiter zu leugnen, bekennt Sophie sich schließlich zu ihrer politischen Überzeugung, dass die Nationalsozialisten das Land in den Untergang führen werden und aufgehalten werden müssen. So fällt dann das Fazit zur "Weißen Rose 2005" recht klar aus: Es handelt sich eindeutig um einen Schauspieler-Film, über weite Strecken sehr spannend und am Ende zweifellos bewegend. Obwohl hier letztendlich weder die reale noch die Filmgeschichte neu geschrieben werden, gab es auch keinen überzeugenden Grund, diesen Film nicht zu machen. Und zumindest zwei gute Gründe, ihn sich auch anzuschauen: Die Schauspieler Julia Jentsch und Alexander Held. |
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