"An diesen Tag wirst du dein Leben lang denken. Und das ist das wichtigste beim Hochzeitstag." Das meint Hermann Walzer zu seinem Sohn, doch der hat dabei sicher nicht an Entführung, Belagerung, Handgranaten und Schwerverletzte gedacht. Und das alles nur wegen ein paar müffeligen Shrimps im Krabbencocktail. Die sind jedenfalls Grund genug für den stinkreichen und herrschsüchtigen Walzer (Armin Rohde), während des Hochzeitsbanketts für seinen Sohn Mark (Arne Lenk) einen handfesten Streit mit dem vom Bankrott bedrohten Landgasthof-Besitzer Berger (Uwe Ochsenknecht) vom Zaun zu brechen, der trotz seiner prekären finanziellen Situation Walzers Angebot ausgeschlagen hat, seinen Gasthof zu kaufen. Beim überhasteten Aufbruch nach der Vorspeise vergisst die Hochzeitsgesellschaft allerdings Braut (Lisa Maria Potthoff) und Schwiegermutter (Imogen Kogge), die Berger nun hinter verriegeltem Tor festhält, bis Walzer bereit ist für das gesamte bereitete Menü zu zahlen. Da hat der Wirt die Rechnung aber ohne den schießwütigen Patriarchen gemacht, denn der bekommt immer seinen Willen - notfalls mit Gewalt. In den rasant eskalierenden Kleinkrieg werden rasch auch alle weiteren Familienmitglieder Walzers (wie der tatterige Opa, der seine Erfahrungen aus dem Zweiten Weltkrieg nützlich einbringen möchte) sowie Bergers verbliebene Belegschaft (unter ihnen die Jungstars Christian Näthe aus "Schule" und Marlon Kittel aus "Sommersturm") hineingezogen, und während sich die Fronten verhärten, erste Schüsse fallen und unschuldige Zeugen gegen ihren Willen festgehalten werden, kommen in den Schützengräben die inneren Spannungen in beiden Lagern zum Vorschein. Auch wenn der Film nicht danach aussieht: "Die Bluthochzeit" ist eine Comic-Verfilmung, und zwar eine richtig gute. Während amerikanische Superhelden-Serien in dünner Heftform erscheinen, pflegt man in den europäischen Comic-Hochburgen Frankreich und Belgien eine edlere Alben-Kultur (siehe zum Beispiel die legendären "Asterix"- und "Tim und Struppi"-Reihen), die mit ihren 40-50 Seiten lang genug sind, um als passgenaue Filmvorlage für einen 90-Minüter dienen zu können. Solch ein eigenständiges Comic-Album des Belgiers Jean van Hamme (der auch am Drehbuch mitarbeitete) war die Vorlage für diese äußerst gelungene deutsch-belgische Co-Produktion, die mit hochkarätiger Besetzung einen Genre-Mix abfeiert, der gerade für die geregelten Bahnen der deutschen Filmlandschaft enorm erfrischend ist. Trotz knackiger Inszenierung und tollen Leistungen aller Darsteller ist das hier jedoch vor allem die Show eines einzigen Mannes: Armin Rohde. Spätestens seit seinem legendären Kurzauftritt in Sönke Wortmanns "Kleine Haie" einer der fraglos besten Charakterdarsteller in Deutschland, ist er hier so gnadenlos gut als ordinärer Kotzbrocken Walzer, dass er allein schon fast den Kinoeintritt wert ist. Man kennt den Typ nur zu genau: Ein einfacher Prolet, der irgendwie zu massig Geld gekommen ist, aber trotz Mercedes und Maßanzügen immer noch ein primitiver Bauer bleibt - nur mit dem Unterschied, dass er sich (fast) alles erlauben und herausnehmen kann. Und davon macht er denn auch reichlich Gebrauch: Wie Rohde alias Walzer ohne Rücksicht auf irgendwelche Verluste oder seine Mitmenschen herrisch die Hochzeitsgesellschaft kommandiert, auf dem Weg zum Gasthof noch schnell ein paar Wildvögel schießt und dann mit keinen Widerspruch duldendem Befehlston die Belagerung von Berger aufzieht - das ist Bonzen-Arschloch in Reinkultur, ein höllischer Spaß für den Kinozuschauer und vielleicht Rohdes beste Vorstellung in einer an Höhepunkten beileibe nicht armen Karriere. Wir empfehlen ihn jedenfalls schon einmal nachdrücklich für den Deutschen Filmpreis. So leisten alle Beteiligten wahrlich ihr Bestes und formen aus "Die Bluthochzeit" ein kleines, gemeines, rundum gelungenes Stück Kino-Unterhaltung - ohne jegliche deutsche Biederkeit, dafür aber mit viel Schwung, Spannung, schwarzem Humor und erfrischender Spitzbübigkeit. Davon gerne mehr. Viel mehr. |
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