Als die "Guardians of the Galaxy" vor drei Jahren die Leinwände eroberten, waren sie der vielleicht größte Triumph der offenbar vollkommen Flop-resistenten Marvel Studios, erbrachten sie schließlich den Beweis, dass man es sogar ohne einen namhaften Star als Zugpferd und/oder einer halbwegs bekannten Comicfigur als Vorlage dennoch schaffte, einen Megahit zu landen. Und zwar vollkommen zurecht, denn die mega-kurzweilige, herrlich alberne Weltraum-Sause mit ihrem sehr clever integrierten 70er-Retro-Soundtrack und der grandiosen Ensemble-Chemie war schlicht ein riesengroßer Spaß. So wurden die "Guardians" denn auch flugs zur festen Größe auf der auf Jahre hinaus geplanten Produktionspalette der Marvel Studios, und während Teil Zwei jetzt anläuft, befindet sich Teil Drei bereits in der Mache. Da die Erfolgsformel in Teil Eins so hervorragend getroffen wurde, heißt es erwartbarer Weise nun: Keine Experimente. Weshalb die "Guardians" schon bei ihrem zweiten Abenteuer aber leider auch in eine sehr unoriginelle Formelhaftigkeit abdriften, die das Vergnügen im Vergleich zum Vorgänger doch merklich schmälert.
Das gilt allerdings nicht für die erste halbe Stunde, denn zu Beginn wird hier erstmal aus allen Rohren gefeuert, dass es nur so eine Freude ist. Schon zur Eröffnung begeistert Regisseur und Autor James Gunn mit einer sehr schicken Idee und inszeniert den Kampf der "Guardians" gegen ein immens großes Monstrum, indem er mit der Kamera auf dem einzig unbeteiligten Mitglied der Gang bleibt, nämlich dem am Ende von Teil Eins als Mini-Pflänzchen "wiedergeborenem" Baumwesen Groot, der hier nun als Baby Groot als kaum dreißig Zentimeter großer Mini-Baum für hohe Ausschläge auf der Niedlichkeitsskala sorgt. In der bald darauf folgenden ersten großen Weltraum-Actionsequenz geht es nicht nur Spektakel-mäßig richtig ordentlich nach vorne, die bunte und so wunderbar streitsüchtige Guardian-Truppe liefert sich gleichzeitig auch ein Wortgefecht, das für reihenweise gelungene Lacher sorgt. Da lehnt man sich schon entspannt im Kinositz zurück und denkt sich: Wenn das jetzt so weitergeht, dann wird das eine feine Sache.
Geht's aber leider nicht. Sobald der Film anfängt, sich auf seine eigentliche zentrale Handlung zu konzentrieren, fängt die Sache an, durchzuhängen. In diesem Hauptplot geht es um die wahre Herkunft von Star-Lord alias Peter Quill (Chris Pratt), der ja bekanntermaßen als Kind von der Erde wegentführt wurde, und zwar durch den schäbigen Weltraum-Ganoven Yondu (Michael Rooker). Nun erfährt Peter, dass auch sein Erzeuger aus den Weiten des Weltalls stammte - und was für ein Erzeuger das ist. Denn der wenig bescheiden benannte Ego (Kurt Russell) ist nicht weniger als ein Quasi-Gott und hat mit seinem Sohnemann Großes vor. Während Peter seinen Papi kennenlernt, kriegen auch die anderen "Guardians" ihre eigenen kleinen Subplots ab. So muss sich Gamora (Zoe Saldana) mit ihrer Schwester Nebula (Karen Gillan) rumschlagen, die nichts lieber möchte, als ihr Schwesterherz umzubringen. Rocket (im Original weiterhin gesprochen von Bradley Cooper) wird nach ein paar widrigen Plotwendungen in einer Zweckgemeinschaft mit Yondu zusammengebracht, und der rote Riese Drax (Dave Bautista) lehrt der schüchternen Assistentin von Ego, der Empathin Mantis (Pom Klementieff) auf seine eigene Weise ein wenig Selbstbewusstsein.
Diese Empathin steht symptomatisch für den wohl größten Schwachpunkt des Films: Auf emotionaler Ebene will hier fast gar nichts zünden. Das hat sicher auch damit zu tun, dass auch dieser zweite "Guardians"-Film sein Publikum vor allem mit Albernheiten gewinnen möchte. Und die Art und Weise, wie die Helden sich schon zu Beginn fröhlich weiter Sprüche an den Kopf werfen, während ihr Leben auf Messers Schneide steht, zeugt von einer deutlichen Antipathie gegen situativ gebotene Ernsthaftigkeit. Das kann man gerne so handhaben und hat im ersten Film ja auch fabelhaft funktioniert. Die Sache wird nur etwas inkonsequent, wenn man im weiteren Verlauf aber auch wirklich jeder Figur einen kleinen emotionalen Bogen andichtet und jeder eine wichtige Einsicht über sich selbst lernen darf.
Das wirkt in so ziemlich allen Fällen - vor allem bei Rocket - nicht nur sehr gewollt und bemüht, es ist zudem auch noch derart hölzern umgesetzt, dass keiner dieser Ausflüge ins Gefühlige überzeugen kann. Einzige Ausnahme: Die Szenen mit Mantis, die als Empathin (die in der Lage ist, die Gefühle anderer Wesen zu lesen und auch ein Stück weit zu steuern) ja auch quasi Expertin für alles Emotionale ist. Ansonsten fühlen sich diese Momente leider allesamt so an, als hätte James Gunn sich auf einmal vom kleinen Dramaturgie-Einmaleins gängiger Drehbuch-Ratgeber verunsichern lassen und es urplötzlich für nötig empfunden, sein Ensemble mit emotionalen Charakterbögen und Selbsterkenntnis-Momenten zu versehen. Und das obwohl dieses Ensemble gerade dann am Besten funktioniert, wenn es durch solchen ernsthaften Ballast eben nicht gebremst wird. So wird hier denn auch ein ums andere Mal das Familiengefühl beschworen, dass die "Guardians" angeblich füreinander empfinden. Was angesichts dessen, dass sie sich eigentlich permanent nur in den Haaren liegen, auch ein wenig behauptet wirkt.
Der nötige Auf- und Abbau dieser ganzen gefühligen Stränge führt dann unweigerlich dazu, dass der Film im Mittelteil ein wenig zerfasert und einige deutliche Hänger aufweist, zumal die Quote an guten Lachern nach der tollen Eröffnung leider auch immer weiter abnimmt. Das grandiose Tempo, das den ersten Teil so sehr auszeichnete, weiß "Volume 2" der "Guardians of the Galaxy" jedenfalls nicht zu halten. Apropos "Volume 2": Dem Erfolgsrezept mit dem Retro-Soundtrack bleibt man hier natürlich treu, dank der zweiten Ausgabe des "Awesome Mixtape", die Peter Quill am Ende von Teil Eins in dem lange aufbewahrten, aber nie ausgepackten Geschenk von seiner Mutter entdeckt hat.
Es lässt sich nicht leugnen, dass die Ensemble-Chemie der "Guardians" auch in diesem zweiten Film noch immer grandios funktioniert, und wenn er sich nicht etwas ungelenk an ernsteren Tönen versucht, beweist auch James Gunn erneut sein beachtliches Talent als Regisseur, was tolle visuelle Ideen und ein hervorragendes Gespür für Comedy-Timing betrifft. Das ändert allerdings auch nichts daran, dass der Film deutlich überlang wirkt. Denn letztlich wird hier eine sehr simple und wendungsarme Geschichte erzählt, die trotzdem auf über 130 Minuten Laufzeit aufgeblasen wird. Das liegt zum einen an einem wieder mal schier endlosen Showdown, bei dem aus allen Computereffekte-Kanonen geballert wird, bis man nicht mehr kann - was auch bei Marvel-Filmen ein inzwischen so üblicher Standard ist, dass es mittlerweile echt nicht mehr aufregend, sondern fast etwas ermüdend wirkt.
Zum anderen zieht "Guardians 2" auch seinen Abspann massiv in die Länge, weil hier insgesamt fünf (!!) Extra-Szenen eingebunden sind, die allesamt schon mal die Weichen für den nächsten Film stellen. So wissen wir im Prinzip jetzt schon, wen wir in Teil Drei alles wiedersehen werden, und dass dort mit Sylvester Stallone, Ving Rhames und Michelle Yeoh weitere namhafte Darsteller eine tragende Rolle spielen werden. Wie schon bei ihren irdischen Äquivalenten der "Avengers" geht auch bei den "Guardians" die Tendenz also zu einem immer größer werdenden Figuren-Ensemble. Angesichts dessen, wie zerfasert dieser Film streckenweise bereits wirkt, darf man durchaus skeptisch sein, ob das wirklich so eine gute Idee ist.
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