Im Ernst, acht Filme? Diese kleine, ursprünglich mal auf eine recht spitze Zielgruppe zugeschnittene „Fast & Furious“-Reihe erlebt bereits ihre achte Inkarnation? Und dies nicht etwa - dem sonst üblichen Gesetz solcher Franchises folgend – aufgrund stetig schwindender Qualität und nachlassenden Publikumsinteresses mittlerweile als wenig beachtete DVD-Premiere? Wer sich so um 2007, also nachdem der dritte, ohne Beteiligung von Vin Diesel und Paul Walker entstandene Teil der Reihe namens „Tokyo Drift“ eigentlich genau diesen beschriebenen Weg vorgezeichnet hatte, für ein paar Jahre unter einen Stein verkrochen hat und unter dem heute wieder hervorkriecht, der dürfte ziemlich große, ungläubige Augen machen. Denn sie sind nicht nur immer noch da, die wilden Raser rund um die „Familie“ von Dominic Toretto. Ihre Abenteuer werden auch tatsächlich mit jedem neuen Auftritt noch eine Nummer größer, verrückter und absurder. Und wer die Folgen 5-7 gesehen hat, der weiß, was das für eine Leistung ist.
Was nicht heißt, dass man sich der Wurzeln der Reihe nicht mehr bewusst ist. Und so beginnt der achte Teil (dem bei uns in Deutschland erneut nur einfallslos eine Ziffer hinten angeklatscht wurde, während man sich im Original mit „The Fate of the Furious“ ein wenig mehr Mühe gab) geradezu beschaulich, mit einem kleinen Straßenrennen auf Kuba, bei dem es um ein Fahrzeug geht, dass nicht nur bei PS-Fanatikern eher als „Schrottkarre“ kategorisiert werden dürfte. Aber eigentlich geht es ja sowieso eher um Ehre und Respekt und mit der Beschaulichkeit ist es am Ende dieses „kleinen“ Rennens dann auch schnell wieder vorbei. Was auch für die Flitterwochen von Dominic Toretto (Vin Diesel) und seine Frau Letty (Michelle Rodriguez) gilt, denn die werden Dom von der kühlen und mysteriösen „Cipher“ (Charlize Theron) vermiest, die ihn auffordert sich ihr anzuschließen – und dafür anscheinend ein paar sehr überzeugende Argumente besitzt. Was das genau für ein Druckmittel ist, erfahren wir zunächst nicht, aber es wird dafür sorgen, dass Dom das Unvorstellbare tun wird, nämlich seine Familie und Freunde verraten!
Wie man so eine Aktion halbwegs plausibel rechtfertigen kann? Sagen wir mal so viel: Wenn der stets auf die über allem stehende, heilige Familie verweisende Toretto sich gegen diese wendet, dann kann es dafür wohl nur einen anderen, mindestens ebenso starken familiären Grund geben. Was allemal eine bessere Erklärung ist, als wenn man uns hier mit einer der üblichen hanebüchenen Erklärungen wie Gehirnwäsche oder Gedächtnisverlust kommen würde (für Letzteres ist in dieser Reihe ja aber eh Letty zuständig).
Es sei eingeräumt, dass es vor allem für die Autoren sicher keine leichte Aufgabe ist, sich immer wieder etwas Neues auszudenken, womit man die Bewohner dieses im Grunde sehr klar und eng definierten Film-Universums in ein neues Abenteuer schickt. Nach dem zuletzt der Heist-Ansatz dominierte und man sich mit clever ausgeklügelten „unmöglichen“ Überfällen und Diebstählen die Zeit vertrieb, geht es jetzt etwas stärker in Richtung des klassischen Agentenfilms, inklusive eines Oberschurken, der mit gigantischer technischer Ausrüstung am liebsten gleich die ganze Welt ins Chaos stürzen möchte.
Charlize Theron geht dabei als Cyber-Terroristin mit dem sprechenden Namen „Cipher“ derart rücksichtslos und brutal vor, dass es vermutlich sogar die meisten klassischen James Bond-Schurken mit der Angst zu tun bekommen würden. Trotzdem gehört Neuzugang Theron in dieser Rolle nicht zu den Highlights des Films, dafür ist ihre Figur einfach zu überzogen angelegt, selbst in ruhigeren Dialogszenen ist im Grunde kein „normales“ Gespräch mit ihr möglich, denn jeder Satz von Cipher ist auf Coolness und Pose angelegt.
Ebenfalls zum ungeschriebenen Gesetz dieser Serie gehört es mittlerweile, dass der Bösewicht bzw. Gegner aus dem Vorgängerfilm schließlich die Seiten wechselt und sich unseren Helden anschließt. Dieses Schicksal ereilt nun – mit Abstrichen – auch den von Jason Statham verkörperten Deckard Shaw, was nach den von ihm angerichteten Blutbädern in Teil 7 zwar kaum vorstellbar scheint, aber hey, auch für den steht schließlich die Familie über allem. Schon länger im Team ist ja der bullige US-Agent Hobbs und nachdem er zuletzt fast einen ganzen Film über im Krankenhaus verweilen musste, zeigt sich Dwayne Johnson jetzt wieder deutlich präsenter als die eigentliche Urgewalt der Truppe. Die namhafte Helen Mirren bekommt dagegen einfach zu wenig Leinwandzeit um sich profilieren zu können und der letzte bedeutende Neuzugang Scott Eastwood dient in seiner Rolle als Agenten-Frischling vor allem als Comic-Relief.
Überhaupt der Humor: Der kommt diesmal schon sehr bemüht daher und wirkt dabei oft aufgesetzt, das gilt sowohl für die übertrieben auf lustig getrimmte Szene, in der Hobbs als überehrgeiziger Vater seine Tochter beim Fußballspielen motiviert, als auch für die flachen Witzchen der beiden Quasselstrippen Roman & Tej (Tyrese Gibson & Ludacris sind auch immer noch dabei), die sich gegenüber der heißen Ramsey (Nathalie Emmanuel) zu profilieren versuchen. Die nach einer weiteren Runde mit Macho-Sprüchen in den Raum geworfene Frage „Wie alt seid Ihr eigentlich, zwölf?“ bleibt zwar unbeantwortet, hat aber durchaus ihre Berechtigung. Dem stetig anwachsenden Ensemble (das nun endgültig ohne den im Vorgänger angemessen verabschiedeten Paul Walker auskommen muss) durchgehend genug Eigenes zu tun zu geben gelingt diesmal nicht ganz zufriedenstellend, und auf den einen oder anderen altgedienten Recken könnte man eventuell auch in Zukunft verzichten.
Grundsätzlich sorgt die Durchmischung mit neuen Gesichtern, die dann für zwei bis drei Filme im Boot bleiben, aber für eine stete und sicher auch notwendige Auffrischung der Marke. Die natürlich zum allergrößten Teil nach wie vor von ihren Action-Sequenzen lebt, falls jemand schon geglaubt haben sollte wir würden hier doch wohl irgendwas vergessen. Nein, tun wir selbstverständlich nicht und reden dann auch nicht länger drum rum: Ja, es wird sich nochmal gesteigert, es wird alles noch eine Nummer verrückter. Schon das anfangs erwähnte kleine „Schrottautorennen“ endet mit einem aberwitzigen Moment, dann regnet es in New York gleich massenweise von Cipher kontrollierte Autos und im Finale jagt schließlich ein Atom U-Boot die Fahrzeuge durch das russische Eis.
Das alles ist genauso irre wie grandios inszeniert und dreht die sich eigentlich schon längst am Anschlag befindliche Action-Spirale mit vollem Einsatz doch noch wieder eine Idee weiter. Das ist toll, das ist völlig bescheuert und das macht immer noch eine Menge Spaß. Und auch „Fast & Furious 8“ wird natürlich völlig unabhängig von irgendwelchen Kritikerurteilen wieder weltweit die Kinokassen zum Klingeln bringen. Man sieht sich dann in zwei Jahren.
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