
"The Fast and the Furious"
ist das, was man gemeinhin einen Überraschungserfolg nennt. Mit durchschnittlichem
Budget und talentierten, aber bis dato nur Insidern bekannten Nachwuchsschauspielern
ausgestattet, erhoffte sich der Verleih lediglich einen moderaten
Kinodurchlauf und eine lukrative Videoauswertung.
Doch ziemlich unerwartet wurde die Story über illegale Autorennen
und hochgezüchtete Maschinen zum ganz großen Frühjahrsknaller an den
amerikanischen Kinokassen und Hauptdarsteller Vin Diesel von einigen
begeisterten Fans bereits zum "coolest actor on earth" gekürt. Nicht
ganz zu unrecht, denn "The Fast and the Furious" liefert perfekt gemachte
Unterhaltung mit einem hervorragend aufgelegten Darstellerensemble
und hält genau das, was der Titel verspricht.
Vin Diesel gibt dabei Dominic Toretto, den uneingeschränkten König
der illegalen Racing-Szene von Los Angeles. Wer zu seiner Gang gehört
und von ihm akzeptiert wird, hat es geschafft. Das ist auch das Ziel
des neu in der Szene aufgetauchten Brian (Paul Walker), dem es nach
Anfangsschwierigkeiten gelingt,
das Vertrauen Dominics zu gewinnen. Die großen Probleme beginnen jedoch,
als sich Brian in Dominics Schwester Mia (Joanna Brewster) verliebt.
Denn Brian ist ein Cop, als Undercoveragent in die Gang eingeschleust,
um einen Beweis für Dominics Beteiligung an mehreren brutalen Überfallen
auf Trucks zu liefern. Aufgrund der extrem präzisen Fahrweise der
Räuber vermutet die Polizei diese im Umfeld der Straßenrennszene.
Brian gerät nicht nur wegen Mia in einen Gewissenskonflikt - auch
mit Dominic hat er mittlerweile aufrichtig Freundschaft geschlossen.
Dieser hält trotz des wachsenden Mißtrauens der anderen Mitglieder
der Gang schützend seine Hand über Brian. Doch es ist nur eine Frage
der Zeit, wie lange dieses Spiel noch gutgeht.
Wer freundlich sein will, nennt die Handlung "klassisch", wer es etwas
böser meint, holt die Begriffe "dünn" und "klischeehaft" hervor. Beides
ist richtig, und wer bei der Konstellation "guter Cop verliebt sich
in die schöne Schwester seines Zielobjekts" ärgerlich den Kopf schütteln
will, darf es tun. Aber es ist genau die richtige Geschichte, um "The
Fast and the Furious" funktionieren zu lassen, denn dieser Film in
diesem Umfeld erfordert echte Männerfreundschaften und tragische Liebesgeschichten,
um beim Publikum zu wirken. Ansonsten blieben nur die bis zur Grenze
des Beherrschbaren hochgezüchteten, bunten Fahrzeuge und die mit ihnen
abgehaltenen Rennen. Diese sind rasant, spannend und spektakulär,
und manchem autoverrückten Zuschauer mag das bereits genügen - für
den Erfolg beim Massenpublikum ist ganz sicherlich das Mitleiden mit
den Charakteren essentiell.
Und
da die wichtigsten Figuren nach dem Schema "rauh, aber herzlich" daherkommen
und absolut sympathisch wirken, nimmt man auch gern an ihrem Leben
an der Grenze zwischen Spaß, Übermut und Todesverachtung teil. Shootingstar
Vin Diesel darf dabei nach "Pitch Black" diesmal nicht nur cool sein,
sondern seine Figur wesentlich facettenreicher anlegen. Wobei keinerlei
Zweifel bleiben: Wenn Toretto seinem Freund Brian androht "ihm den
Hals umzudrehen" falls er ihn verrät, dann weiß man, daß dies keine
leere Drohung ist. Und auch Paul Walker ("The Faculty") bietet eine
ganze Menge mehr als man dem "Schönling" anfangs zutraut. Für Michelle
Rodriguez als Torettos Freundin gilt das allerdings nicht - gegen
"Girlfight" wirkt ihre neue Rolle zwangsläufig wie eine Erholung.
Moralisch hinterfragen darf man dies alles natürlich nicht. Selbstverständlich
sind diese Rennen verboten, leichtsinnig und gefährlich. Keineswegs
ist Dominic nur der gutmütige "Familienpatriarch", der alles zusammen
hält, sondern hat auch eine sehr dunkle Seite. Und vieles in der Untergrundwelt
der Racer ist nicht
halb so ehrenhaft wie es nach außen verkauft wird. Allerdings verschweigt
der Film dieses nicht, sondern zeigt es - womit man ihm Verlogenheit
kaum vorwerfen kann. Aber darum geht es auch nicht, denn "The Fast
and the Furious" ist nicht für den ernsthaften Kinogänger gedacht,
sondern in erster Linie ein packender, erstklassig inszenierter Unterhaltungsfilm.
Und der liefert seinem Publikum in dieser Hinsicht wesentlich mehr
als die vor gut einem Jahr groß gehypte Bruckheimer-Produktion "Nur
noch 60 Sekunden". Und dem in deutschen Landen noch nicht angelaufenen
Rennfilm "Driven" mit Sylvester Stallone und unserem Hollywoodexport
Til Schweiger nimmt "The Fast and the Furious" sogar gleich mehrere
Runden ab. Das ist vielleicht eine unerwartete Feststellung, aber
eine durchaus erfreuliche, zeigt sich doch erneut, daß ein nicht ausschließlich
"von der Stange" sondern mit Herzblut und Spaß inszenierter Film auch
den verdienten Erfolg genießen kann. In diesem Sinne: "Gentlemen,
Start Your Engines!"
Neuen Kommentar hinzufügen