The Danish Girl

Originaltitel
The Danish Girl
Jahr
2015
Laufzeit
120 min
Regie
Release Date
Bewertung
7
7/10
von Volker Robrahn / 5. Januar 2016

danish 1Im Kopenhagen der 1920er Jahre führen der populäre Landschaftsmaler Einar Wegener (Eddie Redmayne) und seine Frau Gerda (Alicia Vikander) eine glückliche Ehe. Zwar ist Gerda ein wenig frustriert, dass sie mit ihren Porträtbildern nicht so viel Erfolg hat wie ihr Mann, doch der Liebe und Leidenschaft zwischen den Beiden tut das keinen Abbruch. Als Einar eines Tages als Ersatz für ein weibliches Modell einspringt und sich dafür in Frauenkleider steckt, ist dies zunächst nur ein Spiel mit seiner femininen Seite. Das bleibt es auch, als sich beide den Spaß machen, Einar bei der Party einer Freundin als „Cousine Lili“ vorzustellen, doch schon an diesem Abend wird daraus zum ersten Mal Ernst, als sich mit dem homosexuellen Henrik (Ben Whishaw) jemand für die aparte Lili interessiert und dieser das durchaus gefällt. Stück für Stück wird Einar schließlich klar, dass dieser feminine Part der eigentlich bestimmende seiner Persönlichkeit ist. In ihm bzw. ihr reift der Wunsch, auch körperlich ganz zur Frau zu werden, doch das ist nicht nur dem Rest der Gesellschaft, sondern auch den Medizinern schwer zu vermitteln.
 

danish 2Ein Stelldichein mehrerer Oscar-Preisträger in einem historischen Drama über ein gesellschaftspolitisch heikles Thema – in „The Danish Girl“ kommt Einiges zusammen was im Normalfall Academy-Material darstellt. Und der neue Film von „The King´s Speech“-Regisseur Tom Hooper enttäuscht dann auch nicht, sondern erzählt sorgfältig aufbereitet das Drama einer der ersten durchgeführten Geschlechtsumwandlungen überhaupt. Die reizvolle Aufgabe, sowohl eine männliche als auch zunehmend weibliche Figur darzustellen, ging dabei an Eddie Redmayne, gerade erst mit einem Oscar für seine Darstellung von Stephen Hawking in „Die Entdeckung der Unendlichkeit“ ausgezeichnet und mit dieser Rolle sicher erneut ein Kandidat für die nächste anstehende Nominierungsrunde. Obwohl trotz des weichen Gesichtes und der überzeugenden Aufmachung immer noch als Mann zu erkennen, beweist Redmayne in seiner Inkarnation als „Lili“, dass es darauf gar nicht ankommt. Denn deren Auftreten und Anmut reichen vollkommen aus, um eine überzeugende weibliche Ausstrahlung zu vermitteln. Es ist vor allem die zunächst erst nur langsam, mit kleinen Momenten der Erkenntnis voranschreitende Bewusstseinswerdung von Edgar zu Lili, die zu überzeugen weiß und in der Redmayne eine glaubwürdige Entwicklung seiner Figur präsentiert.

danish 3Es handelt sich hier aber erfreulicherweise keinesfalls um eine One-Man- bzw. Woman-Show, denn die ebenfalls sehr wandlungsfähige Alicia Vikander (“Ex Machina“, „Codename: U.N.C.L.E.“) verkörpert mit ihrer Gerda eine bemerkenswert starke und eigenwillige Frauenfigur, vor allem im Kontext der Zeit betrachtet zu der die Ereignisse stattfinden. Wo die allermeisten wohl enttäuscht bis wütend auf solch eine Entscheidung ihres Partners reagieren würden, unterstützt Gerda diesen nach einer kurzen Schockphase nach Kräften bei seinem Vorhaben. Dass die öffentliche und auch die medizinische Meinung der Transgender-Problematik dagegen deutlich wertkonservativer gegenüberstand, wird von Regisseur Hooper zwar nicht verschwiegen, aber doch eher beiläufig gezeigt. Vor allem wird dabei deutlich, dass es eben auch ein enormes gesundheitliches und sogar lebensgefährliches Risiko darstellte in dieser Angelegenheit eine Operation zu wagen. Größtenteils spielt sich die Handlung aber in solchen Künstlerkreisen ab, die anscheinend schon damals etwas liberaler auf Personen abseits gängiger Normen reagierten und diesen mit einer gewissen Grundsympathie gegenüberstanden.

danish 4So gekonnt und souverän sich die Geschichte in den Händen bewährter Kräfte aber entfaltet – ganz will der Funke auf den Betrachter dabei irgendwie nicht überspringen. Dafür fällt die Inszenierung einfach etwas zu ruhig, mitunter sogar betulich aus, stirbt ab und zu fast ein wenig in ihrer Schönheit und einem fast schon zu perfekten Miteinander aus Verständnis und Rücksichtnahme. Das mindert zwar nicht die Qualität des Films an sich, wohl aber ein wenig dessen Wirkung. Was bleibt ist aber immer noch sehenswert und allein von der Thematik und als Einblick in damalige Gegebenheiten her höchst interessant.

Bilder: Copyright

5
5/10

Die Figur von Einar Wegener ist reichlich verstörend und nicht fassbar. Die Geschwindigkeit, mit der die Wandlung hier vollzogen wurde, ging mir zu schnell. Alicia Vikander als Gerda erschien dagegen sehr real. Wogegen Hans' Erscheinungsbild wiederum etwas bizarr anmutete mit seinem markanten Gesicht und seiner protzigen Kleidung. Alles in allem ein etwas merkwürdiger Film.

Permalink

8
8/10

Ich empfand „The Danish Girl“ als einen sehr sanften Film, einen, der sich Zeit lässt und ncihts einfach abtut, sondern jeden kleinen Gedanken und jede nebensächlich wirkende Geste behutsam von allen Seiten beleuchtet. Wir ein Freund, der seinen Figuren geduldig zuhört und nicht dazwischenredet.

Es gibt viel zu verstehen und zu interpretieren, auch das Hineinversetzen in eine fremde Situation (in einer außerdem fremden Zeit) verlangt vom Zuschauer viel Aufmerksamkeit. Aber die Figuren werden einem so sympathisch nähergebracht, dass man sofort die Sehnsüchte spüren kann, die hier aufkommen und ihre Aufmerksamkeit suchen. Man wünscht allen Charakteren das Beste und leidet bei jedem Stolperstein mit.

Ich kann den Kritikpunkt verstehen, dass die Handlung beinahe in der Schönheit des Films stirbt, denn es stimmt: Die Umgebungen, die Ausstattung und Details und auch die Mimik der Schauspieler sind einfach schöne Elemente und man möchte dem Charakter fast eine neue Krise wünschen, weil man so gern die Tränen in den schön geschminkten Augen schimmern sieht und die Detailschärfe der Kameraaufnahmen bewundern möchte. Aufbau, Settings und Lichtstimmung lassen die Bilder oft selbst wie Gemälde wirken (was mit Sicherheit Absicht ist). Trotzdem habe ich es nicht so empfunden, dass das mehr als einen Punkt Abzug bedeuten sollte. Mich hat (hauptsächlich in der zweiten Hälfte) eher ein bisschen das reine Aneinanderreihen von Situationen gestört, das irgendwann einsetzte. Als wollte man bestimmte Handlungen auf jeden Fall unterbringen und bestimmte Dialoge unbedingt erzählen, auch wenn sie sich irgendwie nicht in den Erzählfluss einfinden.

Trotzdem überwiegt mein Lob:

Die Schauspieler sind durch die Bank weg genau richtig besetzt und verkörpern ihre Rollen extrem glaubwürdig. Allen voran natürlich Eddie Redmayne in seinem Drahtseilakt zwischen Zerrissenheit und Entfremdung auf der einen, aber auch Freude und Aufschwung auf der anderen Seite, wenn er sich in seltenen Momenten komplett wie Lili fühlen und verhalten kann.

Alicia Vikander wirkt sehr stimmig, denn ihr zu Anfang sehr stark und unbekümmert angelegter Charakter lässt sie auch sehr schwierige Situationen überstehen, ohne daran zu zerbrechen. Gerda reagiert immer in erster Linie verständnisvoll, sie fängt sich nach Ausbrüchen schnell wieder und trägt enorme Empathie in sich.

Ben Whishaw ist sowieso immer brillant und schafft es, seinem Henrik eine leicht verstörende Mischung aus fürsorglichem Verständnis und ungeduldiger Begierde zu geben, auf die Lili entsprechend geschmeichelt und missverstanden gleichermaßen reagiert.

Zuletzt kann man auch vor Amber Heard und Matthias Schoenaerts den Hut ziehen, denn sie bilden die Säulen, die das Geschehen mit etwas Abstand betrachten und die Situation deshalb in den richtigen Momenten entweder auflockern oder auf den Punkt bringen.

Es ist also kein perfekter Film, aber einer, der so lebendige Charaktere aufzeigt, dass man sie wirklich kennenlernt und ihre Handlungen und fast schon Gedanken gern und interessiert mitverfolgt. Es gibt viel zwischen den Zeilen zu lesen und Vieles bleibt ungesagt, aber gerade das ist authentisch in einer Situation, auf die wohl niemand vorbereitet ist. Es ist spannend, das grundlegende Verständnis von Liebe und den Einfluss von Körper und Seele aufeinander aus verschiedenen Winkeln zu betrachten – und das alles verpackt in einem technisch anspruchsvoll gemachten Film, der durch Licht, Ausstattung und gute Kameraführung auch die visuelle Kunst nicht vernachlässigt.

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