Im Kopenhagen der 1920er Jahre führen der populäre Landschaftsmaler Einar Wegener (Eddie Redmayne) und seine Frau Gerda (Alicia Vikander) eine glückliche Ehe. Zwar ist Gerda ein wenig frustriert, dass sie mit ihren Porträtbildern nicht so viel Erfolg hat wie ihr Mann, doch der Liebe und Leidenschaft zwischen den Beiden tut das keinen Abbruch. Als Einar eines Tages als Ersatz für ein weibliches Modell einspringt und sich dafür in Frauenkleider steckt, ist dies zunächst nur ein Spiel mit seiner femininen Seite. Das bleibt es auch, als sich beide den Spaß machen, Einar bei der Party einer Freundin als „Cousine Lili“ vorzustellen, doch schon an diesem Abend wird daraus zum ersten Mal Ernst, als sich mit dem homosexuellen Henrik (Ben Whishaw) jemand für die aparte Lili interessiert und dieser das durchaus gefällt. Stück für Stück wird Einar schließlich klar, dass dieser feminine Part der eigentlich bestimmende seiner Persönlichkeit ist. In ihm bzw. ihr reift der Wunsch, auch körperlich ganz zur Frau zu werden, doch das ist nicht nur dem Rest der Gesellschaft, sondern auch den Medizinern schwer zu vermitteln.
Ein Stelldichein mehrerer Oscar-Preisträger in einem historischen Drama über ein gesellschaftspolitisch heikles Thema – in „The Danish Girl“ kommt Einiges zusammen was im Normalfall Academy-Material darstellt. Und der neue Film von „The King´s Speech“-Regisseur Tom Hooper enttäuscht dann auch nicht, sondern erzählt sorgfältig aufbereitet das Drama einer der ersten durchgeführten Geschlechtsumwandlungen überhaupt. Die reizvolle Aufgabe, sowohl eine männliche als auch zunehmend weibliche Figur darzustellen, ging dabei an Eddie Redmayne, gerade erst mit einem Oscar für seine Darstellung von Stephen Hawking in „Die Entdeckung der Unendlichkeit“ ausgezeichnet und mit dieser Rolle sicher erneut ein Kandidat für die nächste anstehende Nominierungsrunde. Obwohl trotz des weichen Gesichtes und der überzeugenden Aufmachung immer noch als Mann zu erkennen, beweist Redmayne in seiner Inkarnation als „Lili“, dass es darauf gar nicht ankommt. Denn deren Auftreten und Anmut reichen vollkommen aus, um eine überzeugende weibliche Ausstrahlung zu vermitteln. Es ist vor allem die zunächst erst nur langsam, mit kleinen Momenten der Erkenntnis voranschreitende Bewusstseinswerdung von Edgar zu Lili, die zu überzeugen weiß und in der Redmayne eine glaubwürdige Entwicklung seiner Figur präsentiert.
Es handelt sich hier aber erfreulicherweise keinesfalls um eine One-Man- bzw. Woman-Show, denn die ebenfalls sehr wandlungsfähige Alicia Vikander (“Ex Machina“, „Codename: U.N.C.L.E.“) verkörpert mit ihrer Gerda eine bemerkenswert starke und eigenwillige Frauenfigur, vor allem im Kontext der Zeit betrachtet zu der die Ereignisse stattfinden. Wo die allermeisten wohl enttäuscht bis wütend auf solch eine Entscheidung ihres Partners reagieren würden, unterstützt Gerda diesen nach einer kurzen Schockphase nach Kräften bei seinem Vorhaben. Dass die öffentliche und auch die medizinische Meinung der Transgender-Problematik dagegen deutlich wertkonservativer gegenüberstand, wird von Regisseur Hooper zwar nicht verschwiegen, aber doch eher beiläufig gezeigt. Vor allem wird dabei deutlich, dass es eben auch ein enormes gesundheitliches und sogar lebensgefährliches Risiko darstellte in dieser Angelegenheit eine Operation zu wagen. Größtenteils spielt sich die Handlung aber in solchen Künstlerkreisen ab, die anscheinend schon damals etwas liberaler auf Personen abseits gängiger Normen reagierten und diesen mit einer gewissen Grundsympathie gegenüberstanden.
So gekonnt und souverän sich die Geschichte in den Händen bewährter Kräfte aber entfaltet – ganz will der Funke auf den Betrachter dabei irgendwie nicht überspringen. Dafür fällt die Inszenierung einfach etwas zu ruhig, mitunter sogar betulich aus, stirbt ab und zu fast ein wenig in ihrer Schönheit und einem fast schon zu perfekten Miteinander aus Verständnis und Rücksichtnahme. Das mindert zwar nicht die Qualität des Films an sich, wohl aber ein wenig dessen Wirkung. Was bleibt ist aber immer noch sehenswert und allein von der Thematik und als Einblick in damalige Gegebenheiten her höchst interessant.
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