Birdman (oder Die unverhoffte Macht der Ahnungslosigkeit)

Originaltitel
Birdman (or The unexpected virtue of ignorance)
Land
Jahr
2014
Laufzeit
119 min
Release Date
Bewertung
9
9/10
von Anna Sola / 29. Januar 2015

BirdmanIn einer Zeit, in der man sich vor Blockbuster-Fortsetzungen und langweiligen Produktionen nach Schema F kaum noch retten kann, sind Filme wie „Birdman“ eine kleine Sensation - oder auch Rebellion -  in Hollywood. Der Beweis, dass es auch anders geht. Regisseur Alejandro Gonzales Iñárritus Satire über einen alternden Star, der verzweifelt versucht, ein Comeback zu landen, hat vielleicht nicht die originellste Geschichte. Seine Art, sie zu erzählen, wird sich jedoch noch lange in den Köpfen der Zuschauer halten und macht den Kinobesuch damit zu dem, was er sein soll: ein echtes Erlebnis.

Der ehemalige Filmstar Riggan Thomson (Michael Keaton) ist verzweifelt: Seit er seine äußerst erfolgreiche Superheldenrolle „Birdman“ an den Nagel gehängt hat, ist seine Karriere so gut wie am Ende. Um seine damit einhergehende Lebens- und Sinnkrise zu bekämpfen, versucht er ein Comeback als Regisseur und Schauspieler am Broadway, in einer Adaption der Raymond-Carver-Geschichte „Wovon wir reden, wenn wir von Liebe reden“. Riggans größter Wunsch ist, sich damit in die Herzen der Kritiker und des Publikums zu spielen, und endlich nicht mehr auf seine Figur Birdman, die ihn im wahrsten Sinne des Wortes verfolgt, reduziert zu werden. Doch während der Proben und Aufführungen des Stücks geht es drunter und drüber, nicht zuletzt weil Riggan sein Alter Ego Birdman immer wieder dazwischen funkt.

BirdmanRegisseur Iñárritu, eigentlich für sehr ernsthafte Stoffe wie „Amores Perros“, „Babel“ oder „21 Gramm“ bekannt geworden, wagt sich mit „Birdman“ an eine Backstage-Theater-Satire, die er mit Elementen des magischen Realismus, einer literarischen Tradition seiner Heimat Mexikos, und dem Stilmittel einer (scheinbar) einzigen Kameraeinstellung verbindet. Erst dieses Zusammenspiel von Form und Stoff sowie die darstellerische Leistung Michael Keatons ermöglichen es dem Zuschauer, die Welt mit Riggans Augen zu sehen.

Iñárritus erster Geniestreich bestand darin, Michael Keaton zu überzeugen, mit einer gehörigen Portion Selbstironie eine Variante seines eigenen Schicksals auf der Leinwand zu mimen. Denn wie Thomsons Karriere litt auch Keatons unter dem Ausstieg aus seiner eigenen Superhelden-Franchise, nachdem er seiner Blockbuster-Rolle als Batman 1992 den Rücken gekehrt hatte. Wie einst Gloria Swanson in „Sunset Boulevard“ gelingt dem zwischenzeitlich fast völlig von der Bildfläche verschwundenen Schauspieler nun sein Comeback ausgerechnet in einer Rolle, die auf dem Scheitern seiner Karriere im echten Leben beruht. Eine solche Rolle anzunehmen, dazu gehört erstmal Mut.

Birdman

Iñárritus zweiter Geniestreich bestand darin, allen Zweiflern zum Trotz an seiner Vision von „Birdman“ festzuhalten als ein in (scheinbar) einer einzigen Einstellung gedrehtem Film. Im digitalen Zeitalter ist dies natürlich einfacher als 1948, als Alfred Hitchcock mit „Cocktail für eine Leiche“ erstmals versuchte den Eindruck zu erwecken, er hätte einen Film in nur einer Einstellung gedreht, was damals durch die begrenzte Länge einer Filmrolle technisch unmöglich war.

Bei dieser Art zu drehen sind die Möglichkeiten, im Nachhinein noch etwas zu ändern oder zu kürzen, extrem begrenzt, mit anderen Worten: Planung und Ausführung müssen perfekt sein. Wie die von ihnen porträtierten Theaterschauspieler musste das Ensemble seinen Text perfekt können und darüber hinaus eine strenge Choreografie einhalten, damit Kameramann Emmanuel Lubezki so lange Einstellungen wie möglich drehen konnte; dennoch unvermeidbare Schnitte wurden später digital getarnt. Lubezki, der im vergangenen Jahr schon den Oscar für die beste Kamera für „Gravity“ gewann, hat gute Chancen, die Auszeichnung auch für seine spektakuläre Arbeit an „Birdman“ zu bekommen, die man auch als Tanz mit der Steadycam bezeichnen könnte. Durch die eingeschränkte Perspektive der Kamera zwingt er den Zuschauer förmlich, sich voll und ganz auf den Film einzulassen.

BirdmanIñárritus dritter und letzter Geniestreich besteht im Zusammenstellen eines fulminanten Darstellerensembles, welches sich wie alles in diesem Film durch unglaubliche Liebe zum Detail und ein Augenzwinkern auszeichnet. So haben neben Michael Keaton auch Edward Norton und Emma Stone schon in Superhelden-Filmen mitgespielt, und Norton parodiert in seiner Rolle als Method Actor Mike wunderbar sein Image als notorisch schwieriger Mann am Set. Emma Stone brilliert als Riggans Tochter und Assistentin, neben Birdman die Figur, die ihn vielleicht am besten versteht, ohne dass ihr das bewusst wäre. Ebenso wunderbar in ihren Rollen sind Naomi Watts und Zach Galifianakis, und nicht zu vergessen das St. James Theater, welches eine ebenso zentrale Rolle im Film spielt.

Wenn am 22. Februar 2015 die Oscars verliehen werden, wird „Birdman“ hoffentlich nicht übergangen. Die größte Auszeichnung ist allerdings schon jetzt, dass man Iñárritus kreative Vision noch lange im Gedächtnis behalten wird, nachdem man die genauen Einzelheiten des Films vielleicht schon lange vergessen hat.

Bilder: Copyright

10
10/10

Birdman ist der beste Film den ich seit langem gesehen habe. Es ist auf den ersten Blick eine simple Geschichte, doch es geht um viel in dem Film. Um Medienkritik, die Macht von Journalisten, doch letztendlich auch um das Streben der Menschen nach Größe. Nach Bedeutung, danach den anderen zu überragen. Ganz besonders deutlich wird es wenn der Birdman spricht. Doch es gibt auch viele andere Szenen, z.B. Mit Emma Stone, die ihrem Vater und uns allen den Spiegel vorhält. Im Rahmen der vorgegebenen Handlung, kann Birdman das Thema meiner Meinung nach gar nicht besser darstellen. Der Film könnte gar nicht besser sein als er ist. Die Erlösung liegt darin sich selbst zu werden und der Gemeinschaft zu dienen. Hier ganz speziell auch noch die Vergangenheit hinter sich zu lassen. Und dafür findet der Film zum Ende dann auch ein sehr schönes Bild.

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9
9/10

Ein Film, der unkonventionell anders und erfrischend daherkommt und deshalb wie in der Rezi geschrieben ein wirkliches Erlebnis darstellt. Unter dem Strich fehlte dem Film zwar das letzte Quäntchen für eine Höchstwertung, nichtsdestotrotz sticht das Gesamtpaket durch seine Machart und Darsteller aus dem täglichen Hollywood-Einheitsbrei hervor. Michael Keaton verdient es allemal, hier besonders gewürdigt zu werden, war und ist er meiner Meinung nach ein unterschätzter Schauspieler. Allerdings vermittelt der Trailer ein etwas anderes Filmtempo. Die stärksten Szenen von Birdman sind auch die ruhigeren Stellen und die im Trailer gezeigten Aussenaufnahme machen einen sehr kleinen Teil des Films aus. Der Film spielt fast ausschliesslich im Backstagebereich des Theaters und verlangt vom Zuschauer sich intensiv auf die Figuren, bzw. auf Birdman selbst einzulassen. Das wird v.a. mit der Kamera erzwungen, die den Darstellern pausenlos am Gesicht klebt. Man sollte somit schon etwas für dialoglastige Charakterstudien übrig haben, um den Film geniessen zu können. Wer einen lauten, bunten und comichaften Film erwartet, könnte etwas ernüchtert aus dem Kino kommen. Wer weiss was ihn erwartet, der bekommt hier aber eine ganz besondere Filmperle zu sehen. Glaube zwar nicht daran, dass die Academy diesen Film zum Besten küren wird, das spielt aber auch keine Rolle. Wünschen tut man ihm es aber dennoch....

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10
10/10

Dieser Film ist ein Ereignis, ein Meisterwerk, ein wirklich unvergleichliches Kino– und Theatererlebnis. Bereits der Vorspann läßt erahnen, das einen hier kein Streifen von der Stange erwartet. Und dieser Eindruck trügt nicht. Iñarritú ist ein ganz großer Wurf gelungen – er spielt hier in einer eigenen Liga. Die 9 Oskarnominierungen sind mehr als berechtigt. Die allzeit schwebende Kamera trägt einen von Szene zu Szene und entwickelt einen durchgehenden Sog, der einen nicht losläßt. Makellos inszeniert. Und deswegen das allerallererste mal: 10 Augen.

Nach jahrelanger Prequel-Sequel-Franchise-Zukleisterung hatte ich die Hoffnung auf solch einen originellen und originären Film schon fast aufgegeben.

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9
9/10

wirklich brillant - etwas neues, mutiges und kritisches gepresst in ein neues und auch mutiges format, das funktioniert. Es fällt schwer, nicht gebannt und staunend dem Treiben zuzuschauen... auch wenn man das Ende sehr früh erahnt - es kommt noch eine Wendung.

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9
9/10

Soviel hatte ich nicht erwartet. Ein unglaublicher Michael Keaton in einer faszinierenden Inszenierung. Immer wieder schön, wenn jemand so einen Film wagt und ein wirklich großes Ergebnis abliefert.

Die Rezension passt wie die Faust aufs Auge.

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10
10/10

Ein früher filmischer Höhepunkt des Jahres. Alle Filme des laufenden Jahres werden sich an Birdman messen lassen müssen. Nicht nur ein Film über Schauspieler und Theater - das sicher auch - sondern über grundsätzliche Fragen des Lebens. Was werden wir einmal hinterlassen? Diese Frage wird so vergnüglich und enervierend in eine überschäumende Geschichte verpackt uns visuell bestechend erzählt. Großes Kino, 10 Punkte und ein Film, der noch lange bei einem bleibt.

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9
9/10

Läuft seit den Oscars zu Recht wieder in vielen Städten.

Ein Besuch ist nur zu empfehlen, alleine die Schauspielleistungen sind großartig. Die "traumhaften" Bilder durch Riggans Augen wirken faszinierend real und selten überzogen, und jedes mal wenn die langen Dialogszenen an einer Aufgesetztheit zu kentern drohen, rammt eine gesunde Prise Selbstironie hinein.

Ein humorvolles Drama, das durch seine Figuren überzeugt und mit dem Kniff einer einzigen scheinbaren Plansequenz äußerst elegant erscheint und einiges an Spannung aufbauen kann, bevor es zum wortwörtlich nervenzerreißenden Premierenabend kommt.
Ich fands klasse und frage mich, wo sich Keaton die ganze Zeit versteckt hatte. Der wär heute bestimmt noch besser im Batsuit als Ben Affleck.

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8
8/10

TOP Film ..und wieder hat New York City zugeschlagen ...für mich der STAR des films ---Hommage an die Schauspieler und Theatermenschen weltweit.

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10
10/10

Habe im Februar Whiplash und Birdman im Kino gesehen und komme noch immer nicht aus dem Staunen raus (Ende Mai). Das einzige Traurige: ich werde dieses Jahr (wahrscheinlich) keinen besseren Film mehr sehen.

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7
7/10

Toller Film. Gerade die erste Hälfte ist wundervoll, die Kamerafahrten, die engen Theaterhinterräume, diese Atmosphäre und die richtig guten Darsteller. Wes Anderson hätte es nicht besser machen können. Die Story macht richtig Lust auf mehr, doch dann wird ganz schön die Fahrt herausgenommen. Die Story rund um Birdman wirkt aufgesetzt und unpassend, die Kamera erfüllt auch nicht mehr so recht ihren Zweck und Edward Norton und Naomi Watts bekommen keine Leinwandzeit mehr. Die Probleme mit Ex-Frau und Tochter sind oberflächlich und das Ende fand ich dann richtig doof. Zwar ist die Grundstory rund um Selbstverwirklichung, das Schaffen echter Kunst und der Suche nach Erfolg interessant, wird aber nicht wirklich rund ausgearbeitet. Trotzdem sehr sehenswert.

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9
9/10

Für Freunde dialoglastiger Filmkost ein berauschendes Fest mit überaus originellen, visuellen Passagen. Mir hätten allerdings eineinhalb Stunden gereicht, gegen Ende zieht es sich meines Erachtens etwas.

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10
10/10

Gestern den Film auf DVD gesehen. Ich war zuerst etwas skeptisch, da mir die Inhaltsangabe auf der DVD-Hülle
etwas dürr vorkam. Ich wußte nur, daß der Film bei Filmsszene und allgemein eine gute Kritik bekommen hatte.

Was für ein toller Film! Hochamüsant, tolle Dialoge, fesselnd. Und mal endlich wieder
mal tolles Darstellerkino, völlig unterschiedlich von dem Zeug, was man heutzutage häufig zu sehen bekommt.
Die Feststellung trifft es genau, daß man diesen krativen Film lange im GEdächtnis behält.

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