Griechische Filme finden selten ihren Weg in deutsche Kinos. Wenn es dennoch geschieht und es sich zudem noch um eine griechisch-türkische Koproduktion handelt, ist das tatsächlich bemerkenswert. "Zimt und Koriander", entstanden in Athen und Istanbul, war in Griechenland nicht nur die erfolgreichste Eigenproduktion aller Zeiten, sondern wurde zudem mit zahlreichen Preisen bedacht. Mit zweijähriger Verzögerung kommt der Film nun auch hierzulande auf die Leinwand.
Wie
der Titel schon andeutet, spielen Essen und Gewürze in "Zimt
und Koriander" eine wichtige Rolle. Selbst der Aufbau des Films
gleicht einem exquisiten Mahl: Den Anfang machen die Vorbereitungen,
es folgen das Menü mit der Vorspeise, dem Hauptgericht und
dem Nachtisch. Kochen ist seit jeher die große Leidenschaft
des vierzigjährigen Fanis (George Corraface). Mittlerweile
angesehener Professor für Astrophysik, verbrachte er seine
Kindheit in Konstantinopel, dem heutigen Istanbul, wo er die meiste
Zeit im Gewürzladen seines Großvaters saß und von
diesem alles Wichtige über das Leben lernte. So erfuhr er,
dass es im Leben, ebenso wie beim Essen, ab und zu eines besonderen
Geschmacks und der entsprechenden Schärfe bedarf. Die Freundschaft
mit dem Mädchen Saime besiegelte diese herrliche Zeit.
Doch das Leben hatte anderes mit Fanis vor: Die türkischen
Behörden verweisen eines Tages alle Griechen des Landes und
der Junge muss mit seinem griechischen Vater und der Mutter schweren
Herzens die geliebte Heimat verlassen. Großvater Vassilis
(Tassos Bandis) bleibt zurück, verspricht aber Jahr für
Jahr wieder seinen Besuch. Aber dazu kommt es nie. Mittlerweile
ist der Junge schon lange
erwachsen und ein weiteres Mal kündigt sich der Großvater
an. Doch wieder kommt etwas dazwischen. Vassilis ist ins Koma gefallen
und der Enkel beschließt zum ersten Mal nach so langen Jahren
an den Ort zu reisen, den er nie vergessen hat. Fanis begibt sich
auf eine melancholische Reise in das heutige Istanbul und der Zuschauer
ahnt schnell, dass diese Reise viele Erinnerungen wecken wird.
Mit seiner Rückkehr überschreitet Fanis die Grenzlinie
zur Vergangenheit und macht seine gespaltene Identität sichtbar.
Die Geschichte seiner Familie steht für die Traurigkeit und
Enttäuschung all jener Griechischstämmigen, die von der
türkischen Regierung gezwungen wurden, ihre Heimat zu verlassen.
Eine neue Heimat in Griechenland zu finden war denn auch nicht gerade
leicht, denn auch hier gehörten die Menschen aus Konstantinopel
nicht wirklich dazu. Die Bewahrung der eigenen Kultur, unter anderem
das Zubereiten traditioneller Speisen, wurde zu einer wichtigen
Aufgabe. Der Film zeigt die Tragik der Situation, ohne eine urteilende
Position einzunehmen oder Klischees abzuarbeiten. Und dabei darf
durchaus
gelacht werden. So sind die traditionellen Familienessen gespickt
mit bizarren Kleinigkeiten, wie dem Versuch von Fanis, der jungen
Braut des Onkels das Kochen beizubringen, wobei sich die junge Frau
als unbelehrbar und damit als nicht heiratsfähig erweist. Und
dann ist da ja noch Saime, seine Liebe aus Kindertagen....
Die Geschichte trägt autobiographische Züge, denn Regisseur
und Drehbuchautor Boulmetis greift auf eigene Erfahrungen zurück.
Geboren in Istanbul/Konstantinopel, wurde seine Familie in den sechziger
Jahren gezwungen nach Griechenland auszuwandern. Trotz dieses ernsten
und sehr persönlichen Hintergrunds gerät sein Film aber
niemals in zu tiefes Fahrwasser, sondern bleibt stets ein positiver,
wenn auch leicht zu durchschauender Wegbegleiter. Ein warmherziger,
aber auch stellenweise langatmiger Film, der seine Zuschauer zu
einer beschaulichen und kulinarischen Reise einlädt und sie
später mit einer melancholischen Stimmung wieder in ihre eigene
Welt entlässt.
"Zimt und Koriander" erzählt vom Verlust und der
Erinnerung an Heimat, der Bedeutung von Freundschaft und - natürlich
- von der Liebe. Auch wenn der Film verschiedene Zeitebenen verknüpft,
ist der Handlungsverlauf übersichtlich und die Geschichte liegt
nicht allzu schwer im Magen. Das kann man positiv oder negativ sehen,
für Freunde der filmischen Unterhaltung im Stile von "Brot
und Tulpen" ist der Film genau richtig geraten. Die Zutaten
reichen von einer bunten Mischung unterschiedlicher Gefühle
wie Traurigkeit, Freude und Einsamkeit, bis zu einer ordentlichen
Portion Humor und einer Messerspitze Skurrilität. Alles jedoch
in Maßen. Wie ein leicht bekömmliches Gericht. Ein gelassener
und langsamer Film, der verzaubern kann, wenn man sich verzaubern
lassen möchte.
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