
Es ist der doppelte Reboot für die Marke „Tomb Raider“. Nicht nur die Spiele-Reihe um die einstige Mutter der Abenteuerspiele musste vor ein paar Jahren völlig neu gestaltet werden, um wieder Anschluss ans moderne Publikum zu finden. Auch der Filmversion ging bereits früh – trotz der damals als perfekten Besetzung angesehenen Angelina Jolie in der Titelrolle – die Luft aus. Zwei Kinofilme gab es, die trotz immenser Erwartungen auch nicht die Regel brechen konnten, dass es einfach nicht möglich zu sein scheint populäre Videospiele adäquat für die Leinwand umzusetzen.
Teil zwei gefiel uns dabei seinerzeit sogar etwas besser als der Vorgänger, doch das Publikum hatte da bereits das Interesse an Lara Croft verloren. Nachdem es aber Square Enix gelang, die Grabjägerin als Videospiel-Marke neu zu etablieren, versucht man es nun gut fünfzehn Jahre später auch im Kino nochmal mit diesem Konzept und orientiert sich folgerichtig am Spiel von 2013. Das beinhaltet auch eine äußerliche Neugestaltung der Figur und ihre Verkörperung durch die bisher eher im Charakterfach beheimatete Schwedin Alicia Vikander.
Seit dem Verschwinden ihres Vaters (Dominic West) vor sieben Jahren führt Lara Croft (Alicia Vikander) ein reichlich zielloses Leben und hält sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser. Theoretisch ist sie die wohlhabende Erbin eines global agierenden Konzerns, doch um dieses Erbe anzutreten müsste sie ihren Vater endgültig für tot erklären lassen. Als Lara fast zu diesem Schritt bereit ist, findet sie aber eine verschlüsselte Botschaft, die sie doch noch auf die Spur ihres Vaters bringt. Ihr Ziel ist eine kleine Insel vor Japan, auf der sich offenbar ein mysteriöses Grabmal befindet. In den Notizen ihres Vaters wird ausdrücklich vor den Gefahren gewarnt, die von dieser Reliquie ausgehen, doch Lara macht sich trotzdem auf den Weg. Auf der Insel erwarten sie jedoch ziemlich unangenehme Zeitgenossen, die ebenfalls etwas suchen.
Trotz des bei den Fans sehr gut angenommenen Reboots der Spielreihe gab es nicht nur leises Grummeln, als die Besetzung für den neuen Realfilm mit Lara Croft bekannt wurde. Denn Alicia Vikander war zwar auch die künstliche Intelligenz in „Ex Machina“, ist ansonsten bisher aber vor allem in Kostümfilmen wie „Tulpenfieber“ oder „The Danish Girl“ aufgefallen, wobei sie für Letzteren auch einen Oscar gewann. Und sie entspricht mit ihrem grazilen Körperbau eben nicht unbedingt der Vorstellung, die man bisher von der Abenteurerin hatte, wie sie einst von Angelina Jolie erfüllt und mit Denise Richards für die James Bond-Reihe fast schon parodiert worden war.
Aber auch in diesem Punkt sind die Zeiten jetzt andere und große Brüste beim Laufen und Springen ja vielleicht auch eher hinderlich. Vikander jedenfalls lässt hier von Beginn an keinen Zweifel daran, dass sie physisch eine Menge drauf bzw. sich eine große Fitness antrainiert hat. Ob sie in London als Fahrradkurier durch die Straßen brettert oder sich später im Dschungel durch reißende Flüsse kämpft und sich fast wie Tarzan durch die Bäume schlängelt - diese Lara Croft beißt sich durch, ohne dabei als künstlich überhöhte Superheldin daherzukommen. Diese Lara schaut nicht lässig oder cool in die Gegend, sie schwitzt und rennt, steht ständig unter Anspannung. Alicia Vikander gelingt es dabei erstaunlich „echt“ und natürlich zu wirken, sie verströmt eine spürbare Wut und Aggressivität auf diejenigen die sie berauben oder betrügen wollen, lässt in ihren Augen große Entschlossenheit aufblitzen – ganz zweifellos eine großartige Wahl für diese Neuinterpretation einer ikonischen Figur.
Doch auch wenn der Film so stark auf Lara Croft zugeschnitten ist, dass man ihr nicht mal so etwas wie einen Love Interest zur Seite stellt und die Heldin hier tatsächlich nicht ein einziges Mal einen Mann küsst - sie bestreitet das Ganze halt nicht alleine, und wenn wir uns den anderen Parts des Films widmen, ist leider schnell Schluss mit der Lobpreisung. Das gilt für Mr. Croft Senior, der in der ersten Hälfte groß und mysteriös aufgebaut wird, um dann im Verlauf nur noch recht wenig zu tun zu bekommen. Und es gilt auch für den bösen Mann der Gegenseite, der sich keinen Deut von bereits zig Mal gesehenen Schurken unterscheidet, und betont cool, brutal und mit einer moralischen Rechtfertigung ausgestattet daherkommt, die keiner oberflächlichen Überprüfung standhält. Noch konventioneller ist leider die Story, bei der wir es zwar mit einem Zielobjekt zu tun haben, für das eine Grabjägerin sicher genau die Richtige ist. Aber auch die Mär von der Gruft, die man aus guten Gründen besser unberührt lassen sollte, ist seit seligen „Indiana Jones“-Zeiten bereits so oft variiert worden, dass es da nicht mehr viel Neues zu bestaunen gibt.
Die Geschichte ist also eine äußerst simple und bleibt der durchgehend banale Hintergrund für starke Actionszenen und eine Hauptfigur, die sowohl in diesen als auch in den ruhigeren Momenten zu überzeugen und zu gefallen weiß. So ist dieser erste neue „Tomb Raider“ zunächst auch in erster Linie ein Versprechen darauf, dass sich aus dieser Interpretation der Lara Croft sicher noch eine Menge mehr machen lässt.
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