
Es ist keine kleine Herausforderung: Zu einer Zeit, in der das jahrelang am Boxoffice dominierende Superhelden-Kino seinen Zenit überschritten hat und gerade die Adaptionen der DC-Comics oft nicht allzu gut beim Publikum ankamen, nochmal einen kompletten Neustart auszurufen. Mit einer ganzen Reihe geplanter Multimillionen-Dollar-Produktionen, die ein möglichst großes Publikum finden müssen und dieses am Besten auch begeistern sollten. Nun ist James Gunn zweifellos jemand, dem das mit Marvels „Guardians of the Galaxy“ bereits gelungen ist, seine mindestens genauso wilde „Suicide Squad“ konnte diesen Erfolg bei DC allerdings kommerziell nicht wiederholen. Und wären weitere Filme in Gunns mit diversen Verrücktheiten und schrägem Humor ausgestatteten Stil tatsächlich noch besonders spannend? Vermutlich eher nicht, und das scheint auch James Gunn selbst bewusst zu sein. Und deshalb kommt seine Version des ersten und immer noch bekanntesten Superhelden von allen nun auch ganz anders daher.
Anders als die vorherigen Genrebeiträge dieses Filmemachers und - was zu erwarten war – auch ganz anders als die arg düster und schwermütig daherkommenden DC-Filme, die zuletzt unter Zack Snyders Regie das Publikum mehr und mehr vergraulten. Dessen „Man of Steel“ war zwar keineswegs schlecht, aber spätestens seit „Batman V Superman“ verband man irgendwann mit dessen Inszenierung der bekannten Helden als erstes Bilder von deprimiert und bedeutungsschwanger im prasselnden Regen vor sich hin sinnierenden Gestalten. Für den neuen, schlicht „Superman“ betitelten Film gilt aber nun, was bereits der erste Teaser erahnen ließ: Es wird hell und bunt und die Farben sind kräftig. Die Stimmung ist lockerer und es gibt mehr Humor, der (bis auf wenige Ausnahmen) aber nicht allzu überdreht daherkommt. Mit einer Titelfigur, die sich als eher einfacher denn komplexer Charakter zeigt, als einer der genau weiß, was er sein und wofür er stehen möchte und dabei einen geraden Weg geht.
Auch wenn ihn das in Schwierigkeiten bringt, und damit sind wir bei der Handlung des Films angelangt: Dieser Superman mischt sich ein, wenn ein Land ein anderes angreift und dort einmarschieren will. Weil es für ihn keine Alternative dazu gibt, Krieg zu unterbinden und Menschenleben zu schützen. Wenn dieser aggressive Staat allerdings enge freundschaftliche Beziehungen zu den USA pflegt, in denen unser Superheld lebt, und natürlich „gute Gründe“ für sein Tun anführt, dann folgt daraus eine öffentliche Diskussion, ob denn eine einzelne Person ohne Mandat einfach so ins Weltgeschehen eingreifen darf. Und wenn dann ein machthungriger und eitler Wirtschaftsmagnat (nennen wir ihn Lex Luthor) noch ein paar Intrigen spinnt, die es so aussehen lassen, als ob das edle Alien mit Superkräften vielleicht eine ganz andere Agenda verfolgt – dann gerät auch ein derart mächtiger Superheld in die Defensive und benötigt die Hilfe von Freunden und Verbündeten.
Das ist für sich keine besonders neue oder aufregende Story, aber eine zweckmäßige. Und in erster Linie ist es ganz klar das Konzept, das hier überzeugen soll: Action mit Spaß, mit positiven, charmanten oder teils kauzigen Figuren. Gut gemachte Action mit sehr dynamischen Flugszenen, die den Film aber nicht zu sehr dominiert. Denn es fällt schon auf, dass es diesmal keine wirklich ausufernden und bombastischen Actionsequenzen zu sehen gibt, nicht einmal beim finalen Showdown. Stattdessen macht sich Gunn sogar den Spaß, einen Kampf der „Justice Gang“ (ja, so nennt sich die lose Verbindung andere Helden hier erstmal vorläufig) gegen ein außerirdisches Quallenmonster lediglich im Hintergrund und durch den Blick durchs Fenster ablaufen zu lassen, vor dem Lois und Clark gerade mal wieder eine angeregte Diskussion über andere Themen führen („Die schaffen das schon“). Apropos Lois & Clark: Die erinnern in der neuen Inkarnation nicht nur äußerlich schon ein wenig an die klassische und außerordentlich populäre Besetzung mit Christopher Reeve und Margot Kidder in den 70er und 80er Jahren. So auch in einer neuen Variante der bekannten Interviewszene zwischen der Reporterin und dem Superheld, nur dass die selbstbewusste Lois hier deutlich härtere Fragen stellt und ihren Clark dabei mächtig unter Druck setzt.
Ihren Clark? Allerdings, denn das ist der große Unterschied zu den bisherigen Kinoreihen um den Mann von Krypton: Hier sind die Beiden bereits ein Paar und Lois weiß auch um dessen Geheimidentität. Denn Gunn hat die kluge Entscheidung getroffen, nicht noch einmal erneut die ganze Origin-Story mit Kryptons Untergang, dem Baby und der Rakete zu erzählen. Der zuvor erwähnte kriegerische Konflikt, in den der bereits seit ein paar Jahren öffentlich aktive Superman eingreift, ist tatsächlich der Beginn des Films und ein paar Schrifttafeln müssen genügen, um den Zuschauer ins Bild zu setzen. Was auch gelingt und funktioniert und so präsentiert sich der gut zwei Stunden lange Film von Anfang an sehr temporeich und lässt uns die einzelnen Figuren dieser Welt meist einfach nebenbei und ohne große Exposition kennenlernen.
Die zudem durchgehend passend besetzt wurden: David Corenswet besitzt genug Charisma, um seine Figur sofort sympathisch und glaubhaft wirken zu lassen, der im Grunde schon etwas zu oft als Oberbösewicht verwendete Lex Luthor wird durch Nicholas Hoult weitaus besser getroffen als zuletzt mit dem anstrengenden Overacting von Jesse Eisenberg. Sich bei der „Green Lantern“ nicht für Hal Jordan, sondern diesmal für die leicht prollige Variante des mit Topflappenfrisur ausgestatteten Guy Gardner aus den Comics der 80er Jahre zu entscheiden, ist ein origineller Schachzug, und selbst der Superhund Krypto nervt keineswegs als süß-kitschiges Beiwerk für Kinder, sondern sorgt vielmehr als wilder und unkontrollierbarer Vertreter seiner Art für einiges Chaos.
Es gibt nur wenig zu bemängeln an diesem sehr frisch und kurzweilig daherkommenden Auftakt des neuen DC-Universums. Der natürlich letztlich einen Kompromiss darstellt zwischen den üblichen Verrücktheiten eines James Gunn und den Vorgaben einer ikonischen Figur an denen im Kern nun mal nicht gerüttelt werden kann oder darf. Und ja, das im Mittelteil eingeführte „Pocket Universe“ ist letztlich doch wieder eine Variante der ganzen Parallelwelten und -dimensionen, die das Publikum in den letzten Jahren irgendwann genervt und verscheucht haben, und die eine oder andere Nebenfigur (wie Reporterin Cat und Lex Luthors Freundin) sind etwas arg karikaturhaft geraten. Aber das sind Kleinigkeiten, die den fast schon erstaunlich positiven Gesamteindruck dieses neuen „Superman“ nicht trüben können. Denn es ist tatsächlich einer, der richtig Spaß macht.
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