Für eine Handvoll Menschen verändert sich ihr Leben und bei jedem ist daran ein Mobiltelefon nicht ganz unbeteiligt. Der biedere Joachim (Justus von Dohnanyi) erhält nach dem Kauf eines neuen Handys plötzlich jede Menge Anrufe, die jemand anderem gelten. Der eitle Filmstar Ralf Tanner (Heino Ferch) wird dagegen plötzlich überhaupt nicht mehr angerufen und lernt schließlich einen Doppelgänger kennen, der ihm endgültig die Chance gibt in die Anonymität abzutauchen. Der Schriftsteller Leo Richter (Stefan Kurt) ist erfolgreich, aber unzufrieden, seine Kollegin Maria Rubinstein (Gabriela Maria Schmeide) nimmt dagegen auf ihrer Suche nach Anerkennung an einer eher unerfreulichen Lesereise durch ein osteuropäisches Land teil. Und dann ist da noch die todkranke Rosalie (Senta Berger), die sich entschlossen hat die Dienste eines Schweizer Sterbehilfevereins anzunehmen, aber dann plötzlich doch vor dem letzten Schritt zurückschreckt.
„Die erste Verfilmung eines Bestsellers von Daniel Kehlmann“ schreibt sich dieses Werk aufs Werbeplakat, und vergisst dabei auch nicht den Titel des eigentlichen Meilensteins dieses Autors mit zu erwähnen. Bevor also Detlev Buck demnächst mit seiner Adaption der „Vermessung der Welt“ an die Öffentlichkeit tritt, hat man schnell noch „Ruhm“ verfilmt, einen kurzen Episodenroman, den Kehlmann vor kurzem eher als kleine Stilübung auf den Markt geworfen hat. Doch was sich in der literarischen Form durchaus noch als zwar wenig gehaltvolles, aber leidlich amüsantes Gedankenspiel konsumieren lässt, scheitert nun als Kinofilm auf ganzer Linie. Denn leider ist es der Regisseurin und Drehbuchautorin Isabel Kleefeld überhaupt nicht gelungen eine halbwegs stimmige Umsetzung hinzubekommen. Die hier erzählten Geschichten sind überwiegend belanglos und uninteressant, sie sollen mal witzig und mal dramatisch sein, wirken dabei aber stets nur bemüht. Was noch freundlich formuliert ist, denn teilweise wird es hier auch regelrecht lächerlich oder gar ärgerlich.
Für die erstere Kategorie qualifiziert sich vor allem die Episode um den blasierten und affektierten Filmstar Ralf Tanner, für den Heino Ferch zwar prinzipiell eine naheliegende, weil typische Besetzung darstellt, die dabei aber in allem so hemmungslos überzieht, dass man nur den Kopf schütteln kann. Denn was uns hier als „deutscher Filmstar“ verkauft wird, ist so fernab jeder Realität, dass es höchstens als Parodie durchgehen könnte, hier aber ganz ernsthaft präsentiert wird. Das fängt mit der Luxusvilla samt devotem Butler an, reicht über die an den Wänden hängenden Filmplakate die uns den Herrn Tanner als eine Art „Indiana Jones“ verkaufen wollen bis zu vor einem Restaurantfenster beim Anblick ihres Idols plötzlich wild kreischend ausflippende, dabei aber sehr künstlich und gestellt wirkende Teenager.
In die Schublade mit der Aufschrift „Ärgernis“ packen wir dagegen die Schauermär von der armen rundlichen Krimiautorin, die in einem fiktiven osteuropäischen Land sprichwörtlich unter die Barbaren gerät, von keifenden Mannsweibern herumkommandiert wird und schließlich hilflos als Bettlerin auf der Straße landet - ja, so stellt man ihn sich also auch heute noch vor, den furchterregenden Ostblock. Ein Klischee, das dann nur noch vom natürlich fetten, schwitzenden Internet-Nerd übertroffen wird, der gegen Ende des Films sowohl dem Erfolgsautor Leo Richter als auch dem Zuschauer gepflegt auf den Geist geht.
So wenig wie diese beiden Geschichten vom Ton und der Atmosphäre her zusammen passen wollen, so wenig gelingt das auch dem Rest der nur minimal verknüpften Handlungsstränge. Lediglich zwei Ausnahmen gibt es mit gutem Willen zu erwähnen und das ist einerseits die große alte Dame Senta Berger, die etwas Würde in einen Film bringt, in den sie sich wohl wirklich nur versehentlich verirrt hat, sowie Justus von Dohnanyi als mit falscher Handynummer ausgestatteter Eigenbrötler, der irgendwann beginnt die Anrufe der ihm fremden Leute zu genießen und seine Spielchen mit ihnen zu treiben. Dies ist dann auch die einzige einigermaßen unterhaltsame Episode, die allerdings mit ihren weit weniger gelungenen „Kollegen“ gemein hat, dass sie zu allem Überfluss auch noch ohne richtige Auflösung im Sande verläuft bzw. im philosophischen Nirwana.
Das ist nämlich bei sämtlichen der hier versammelten Geschichtchen mehr oder weniger der Fall, und während ein sich ins Nichts auflösen der Handlung bei der erwähnten literarisch-sprachlichen Stilübung in Buchform vielleicht noch akzeptabel sein mag - so man denn bis dahin zumindest einen gewissen Lesegenuss gewonnen hat – versetzt dies der ohnehin reichlich misslungenen Filmversion dann den endgültigen Todesstoß. Irgendeine Form von "Ruhm“ wird daher für alle hier Beteiligten nach menschlichem Ermessen kaum zu ernten sein. Dann warten wir also einfach weiterhin auf die "Vermessung der Welt".
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