
Vor nunmehr 45 Jahren bescherte ein kleiner Science-Fiction-Film namens "Planet der Affen" dem Studio 20th Century Fox etwas, was es bis dahin eigentlich noch gar nicht gab: Eine echte "Franchise", eine Marke mit der sich über Jahre dank vier Kino-Fortsetzungen, einer TV-Serie und diversen Merchandise-Produkten viel Geld verdienen ließ (zur langen Geschichte dieser Reihe, siehe unser altes >>> Spotlight). Erst ein Jahrzehnt später war die Luft raus aus dem Thema und dasselbe Filmstudio brach mit George Lucas' "Star Wars"-Filmen zu neuen, noch viel lukrativeren Ufern auf.
Wie so ziemlich jeder Erfolg erfuhr zwar auch der "Planet der Affen" eine Neuauflage, doch erwies sich die Version von Tim Burton als ein unerwartet konventionelles und eher fades Vergnügen, welches von der Fangemeinde entsprechend zurückhaltend aufgenommen wurde. Auch das ist nun aber bereits wieder gute zehn Jahre her und sämtliche seitdem angekündigten Wiederbelebungsversuche verliefen schnell im Sande. Selbst nach der offiziellen Ankündigung eines neuen Films vor knapp zwei Jahren überwog allgemein die Skepsis, sowohl im Hinblick auf eine brauchbare Geschichte als auch hinsichtlich des noch vorhandenen kommerziellen Potentials des Themas. Bis kurz vor Start des Films wusste eigentlich niemand, worum es denn diesmal überhaupt gehen sollte, was hauptsächlich daran lag, dass es kaum jemanden interessierte. Umso gelungener nun aber die Überraschung: Die Affen sind wieder da und zwar mit Macht!
Zu Beginn der in unserer Gegenwart angesiedelten Geschichte dienen sie allerdings als Versuchstiere für einen gutartigen Virus, den der Wissenschaftler Will Rodman (James Franco) zu entwickeln versucht um zerstörtes Gehirngewebe wiederherzustellen und damit Alzheimer heilen zu können, eine Krankheit an der auch sein Vater Charles (John Lithgow) leidet. Doch eine erste Demonstration geht katastrophal schief und sorgt dafür, dass das gesamte Programm gestoppt wird. Übrig bleibt lediglich Caesar ("Gollum" Andy Serkis) das Baby einer mit dem Mittel behandelten Schimpansin, welches Will mit nach Hause nimmt und fortan großzieht. Schon bald zeigt sich jedoch, dass dieser Affe nicht nur weit intelligenter ist als sämtliche Artgenossen, seine Fähigkeiten übersteigen sogar die von gleichaltrigen Menschenkindern. Der von Will entwickelte Stoff scheint also tatsächlich zu wirken und könnte somit auch Menschen helfen. Doch als Caesar weiter heranwächst, wird er immer schwerer kontrollierbar und sorgt zudem für Unruhe in der Nachbarschaft. Es bleibt Will und seiner Freundin Caroline (Freida Pinto) schließlich nichts anderes übrig als ihn in ein abgeschlossenes Affenreservat zu bringen. Dass es sich bei den Betreibern dieses vorgeblichen "Schutzgebiets" in Wahrheit um rücksichtslose Geschäftemacher handelt, ist den Beiden dabei nicht bewusst. Caesar jedoch erkennt sehr schnell wie schlecht seine Artgenossen hier behandelt werden und in ihm wächst die Wut. Zwar sind die anderen Affen nicht intelligent genug um sich erfolgreich gegen ihre Schinder auflehnen zu können - aber das lässt sich ja ändern….
Nun wissen wir also Bescheid: "Reboot" ist der korrekte Begriff für diesen neuen Beitrag und nicht etwa "Prequel". Denn als Vorgeschichte zu den Filmen der Originalreihe taugt er nicht, da er insbesondere deren dritten und vierten Teil widerspricht. Im Grunde erzählt "Rise of the Planet the Apes" (das von der höchst kreativen deutschen Marketing-Abteilung geschaffene Kunstwort "Prevolution" strafen wir hier einfach mal mit Missachtung) eine ähnliche Geschichte wie der damalige vierte Film "Eroberung vom Planet der Affen", in dem ebenfalls ein Schimpanse namens Caesar als zunächst einzig intelligenter Affe seine Artgenossen zum Aufstand gegen die Menschen führte. Doch war jener Caesar kein genetisch verändertes Wesen, sondern das Kind zweier hochentwickelter Affen aus der Zukunft und damit das Ergebnis eines oft und gern diskutierten Zeitreiseparadoxons. Der aktuelle Film jedoch steht praktisch für sich, hat keinerlei direkte Bezüge zu anderen Werken der Serie und ist somit auch problemlos ohne jegliche Vorkenntnisse zu genießen.
Und da es sich um ein extrem unterhaltsames und aufregendes Stück Kino handelt, welches den Machern um den noch recht unerfahrenen Regisseur Rupert Wyatt völlig unerwartet gelungen ist, sollte sich dafür doch ein neues großes Publikum finden lassen. Obwohl sicher im weitesten Sinne noch "Science Fiction", muss man keinesfalls ein Fan dieses Genres sein um von den Erlebnissen des geschundenen Affen gefesselt zu sein. Denn auch wenn ein James Franco offiziell die Darstellerriege anführt, so ist es doch Caesar, durch dessen Augen wir den Großteil der Handlung erleben und der uns mit seinen Blicken und Gesten emotional bewegt.
Dass dies gelingt, ist eine herausragende und kaum hoch genug zu bewertende Leistung, mit der die Latte für das, was bei computeranmierten Charakteren möglich ist, wieder ein Stückchen höher gelegt wird. Ob daran nun in erster Linie die weiter fortschreitende Technik oder das Spiel des seit "Gollum" für diese Rollen prädestinierten Darstellers Andy Serkis verantwortlich ist, lässt sich kaum sagen, da beides für den Betrachter nicht mehr erkennbar zu trennen ist. Das Ergebnis ist aber ein erneuter klarer Beweis für die folgende Feststellung: Das auch hier genutzte "Performance Capture"-Verfahren macht vor allem dann Sinn, wenn es lediglich als Element innerhalb einer ansonsten natürlichen Umgebung benutzt wird. Und wenn es nicht dazu dient real existierende Schauspieler in andere Menschengestalt zu verfremden, sondern stattdessen für sonst so nicht darstellbare Phantasie- oder Tierwesen eingesetzt wird (wer "Polarexpress" oder "Beowulf" vom Kollegen Zemeckis gesehen hat, weiß was damit gemeint ist).
Kurzum: Die Präsentation der Identifikationsfigur Caesar ist nicht weniger als perfekt gelungen. Und der wird dann in den furiosen Action- und Massenszenen des letzten Filmdrittels noch von einer ganzen Horde weiterer mehr oder weniger mutierter Affen begleitet, deren Animation sich ebenfalls sehen lassen kann - ein absoluter Genuss für jeden der nicht gerade unter einer Affenphobie leidet.
Was neben den Bildern ebenfalls begeistert ist die hervorragende Spannungskurve der Geschichte, die kaum Längen zulässt und dabei von der auffallenden und oft hypnotischen Musik des Komponisten Patrick Doyle begleitet wird. Dass die Handlung selbst dabei im Grunde nicht besonders originell oder komplex ist, fällt somit kaum auf. Unübersehbar aber, dass für die menschlichen Darsteller in diesem Film lediglich bessere Nebenfiguren übrig bleiben und somit sowohl James Franco als auch seine Partnerin Freida Pinto ("Slumdog Millionär") nur wenig glänzen können.
Was aber nicht weiter tragisch ist, denn es ist einfach nicht deren Show hier, muss und soll es ja auch gar nicht sein. Es ist jedoch das überraschend starke Comeback einer eigentlich bereits tot geglaubten Kinoserie, welches zudem jede Menge Möglichkeiten bietet die Saga weiter fortzuspinnen. Obwohl man da dann (doch nicht etwa aufgrund der Zweifel am eigenen Erfolg?) einen kleinen Schönheitsfehler begangen hat und im grundsätzlich ja sehr nett gestalteten Nachspann praktisch schon den Großteil der Handlung einer möglichen Fortsetzung vorwegnimmt. Aber das sollte andererseits gerade beim "Planet der Affen" auch wieder nicht das Problem sein, war man da doch in dieser Hinsicht schon immer sehr kreativ. So endete bekanntlich der zweite Film der klassischen Reihe mit der Vernichtung der Erde, die in einem atomaren Feuerball explodierte - und es folgten trotzdem noch drei weitere Fortsetzungen. Na dann....
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