Es ist soweit. Der mit der größten Spannung erwartete Film mindestens dieses Jahres, wenn nicht sogar dieses Jahrzehnts ist fertig und stellt sich dem genauso erwartungsfreudigen wie unvermeidlich skeptischen Publikum. Es dürfte wohl wirklich kaum jemanden geben, der die bisherigen "Indiana Jones"-Filme nicht mag und den die Idee einer Fortsetzung nach nunmehr 19 Jahren komplett kalt gelassen hat. Diese 19 Jahre sind allerdings auch eine ziemlich lange Zeit, der Hauptdarsteller hat seine besten Tage an der Kinokasse inzwischen lange hinter sich und das Projekt "Indiana Jones IV" wurde so oft angekündigt und wieder verschoben, dass man sich doch irgendwie auch hätte damit abfinden können, wenn es vielleicht keinen Neuaufguss mehr gegeben hätte. Und es ist ja nun auch nicht so, dass George Lucas nun eine makellose Bilanz im Bereich "Wie belebe ich eine Franchise neu ohne die alten Fans zu verprellen" vorweisen könnte. Aber hauptverantwortlich ist für diese Reihe ja nach wie vor Steven Spielberg, zweifelsohne ein deutlich begabterer Filmemacher als Lucas und auch jemand, dem man es guten Gewissens abnehmen kann, wenn er erklärt, wie sehr ihm diese Figur am Herzen liegt. Also zurück gelehnt und los geht's. Endlich.
Es ist zunächst mal eine etwas merkwürdige Eröffnung, die uns nach so vielen Jahren zurück in die Welt des Indiana Jones führt. Dessen erster Auftritt wird mit soviel überdeutlicher Symbolik inszeniert, dass es fast schon beklemmend wirkt. Zuerst nur der Hut im Bild, dann spiegelt sich die bekannte Silhouette im Auto und dann steht er vor uns, der deutlich älter gewordene größte Abenteurer überhaupt. Und das in einer recht ernsthaften Situation, wurden doch kurz zuvor bereits mehrere brave US-Soldaten brutal nieder gemäht. Die ersten Sprüche und Witzchen wirken daher fast unpassend und ein wenig gezwungen, die Atmosphäre der doch etwas zu langen und zunächst eher unspektakulären Anfangssequenz ist eine ganz eigenartige. So ganz sicher kann man sich zunächst also nicht sein, ob das Alles nicht vielleicht doch total in die Hose gehen und der Mythos "Indiana Jones" einige empfindliche Kratzer davontragen könnte. Aber dann wird es besser, und spätestens als der Schatzjäger nach einer für ihn typischen Fluchtaktion auf einem Atomtestgelände landet und den unmittelbar folgenden Bombenabwurf in einem Kühlschrank (!) überlebt, da stellt sich zum ersten Mal das vertraute Gefühl des unbekümmerten Vergnügens an einem völlig übertriebenen Spektakel ein und man nimmt beruhigt zur Kenntnis, dass das alte Erfolgsteam offensichtlich doch noch weiß wie's geht und einige nette neue Ideen im Köcher hat - wobei die "Klassiker" der Reihe (Schlangen, Peitsche und die rot markierte Reiseroute auf der Landkarte) natürlich nicht fehlen.
Ein echter Trumpf des neuen Films kommt dabei aus einer eher unerwarteten Ecke. Die Entscheidung, die Geschichte diesmal in den 50er Jahren spielen zu lassen und damit einen deutlichen Zeitsprung zum letzten Film hinzulegen, wurde den Machern durch das fortgeschrittene Alter ihres Hauptdarstellers im Grunde aufgezwungen. Doch Spielberg nutzt diese Situation nicht nur für zauberhafte Kulissen voller Flair. Er bastelt, zusammen mit Drehbuchautor David Koepp, auch einfach gleich die ganze Handlung um die typischen Bestandteile dieser Ära. Zumindest um diejenigen, welche in keinem guten Groschenheft-Fortsetzungsroman fehlen dürfen, und da dort nun einmal die Wurzeln des Mannes mit dem Filzhut liegen, ist das natürlich vollkommen gerechtfertigt. Alles ist dabei, von der berüchtigten Area 51 über rebellische Jugendliche in Lederjacken und eine Handvoll Russen als Gegenspieler, die hier mal wieder so herrlich eindimensional fies sein dürfen, wie es heute eigentlich gar nicht mehr erlaubt ist.
Vor diesem netten Hintergrund entwickelt sich dann ein einfach nur "klassisch" zu nennendes Abenteuer, bei dem der zum Professor aufgestiegene Mr. Jones mal wieder seinen Unterricht sausen lässt um verschwundene Freunde zu suchen, geheimnisvollen Artefakten und Legenden nachzujagen und ganz nebenbei noch seine aktuellen Familienverhältnisse zu klären. Worum es letztendlich genau geht, soll und muss hier gar nicht weiter ausgeführt werden. Es genügt eigentlich zu wissen, dass das die Handlung vorantreibende Gimmick der titelgebende Kristallschädel ist, dieser etwas mit dem legendären Eldorado zu tun hat und zwei höchst unterschiedliche Parteien versuchen, Beides zusammenzuführen. Dr. Jones dabei immer im Dienste der Wissenschaft, bzw. weil er zur Mitarbeit gezwungen wird, die andere Seite dagegen aus gewohnt niedrigen Beweggründen der Kategorie Macht, Unterdrückung und Weltherrschaft.
Es treten auf: Eine so etwas auch noch nie gespielt und anscheinend durchaus Spaß habende Cate Blanchett als fiese Russin mit Prinz Eisenherz-Frisur. John Hurt als nicht viel mehr als umnebelt vor sich hin stammelnder entführter Studienfreund sowie der wie immer charismatische Ray Winstone als undurchsichtiger Doppel- bis Dreifachagent. Dazu die erwähnte Familiengeschichte im Hause Jones, mit Shooting-Star Shia La Boeuf ("Disturbia", "Transformers") als neuem Sidekick (Stichwort "rebellischer Jugendlicher") und als besonderes Schmankerl die aus dem allerersten Film noch unvergessene Karen Allen als Indys alte Liebe Marion Ravenwood. Sean Connery als Senior ist nur als Foto dabei, aber es sei allen Spekulanten versichert, dass sowohl die Frage nach dem Schicksal des Vaters, als auch die ob Indiana Jones denn nun wirklich einen Sohn hat, eindeutig beantwortet wird.
Nach dem wie beschrieben etwas "schwierigen" Auftakt dominiert im weiteren Verlauf dann erst einmal der Humor und der ist diesmal so gelungen wie in vielleicht keinem der Vorgänger. Ausgewogen balanciert vor allem, also nicht ganz so albern und penetrant wie streckenweise im "Kreuzzug", aber doch deutlich ausgeprägter als in den ersten beiden Teilen. Die Gags und One-Liner sitzen dabei mit fortschreitender Laufzeit immer besser und kommen meist herrlich trocken ("Und Sie wollen nur ein Lehrer sein?" - "Ja, halbtags"). Die besten Sprüche darf dabei selbstverständlich Harrison Ford raus lassen, der den Film auch eindeutig trägt, trotz eines unterstützenden Ensembles, welches noch nie so namhaft war. Natürlich ist er deutlich älter geworden, aber doch nicht zu alt um hier auch nur ansatzweise in die Gefahr zu geraten, lächerlich zu wirken. Jedenfalls nicht in einem so leichtfüßigen Abenteuer, bei dem garantiert nie auch nur eine Kugel aus einer Maschinengewehrsalve trifft und sich auch nach dem Sturz in einen gigantischen Wasserfall die Frage nach bleibenden Verletzungen nicht ernsthaft stellt. Die Frotzeleien zwischen den Figuren helfen dabei über eine recht zähflüssige Phase im Mittelteil hinweg, als doch ein- oder zweimal zuviel in irgendwelchen Gräbern und Höhlen herumgeturnt wird.
Das ist aber verzeihlich, wenn sich dafür das gesamte letzte Drittel im Grunde als eine einzige lange Actionsequenz entpuppt. Das muss nun beileibe nicht immer etwas Gutes sein, aber Spielberg gelingt es ausgezeichnet hier die Spannung zu halten, ohne in die bereitgestellte und gern genutzte Falle des gigantischen visuellen Overkills zu tappen. Die im Vorfeld stark betonte Konzentration auf eine herkömmliche "Old School"-Inszenierung, ohne Verwendung der ansonsten allgegenwärtigen CGI-Effekte darf man dabei nicht allzu sehr auf die Goldwaage legen. Denn natürlich wurde auch hier mit Greenscreen gearbeitet, was deutlich zu erkennen ist, wenn sich die Recken während einer rasanten Verfolgungsjagd auf den Wagen stehend bekämpfen. Und weil das klar genug zu erkennen ist und nicht immer ganz überzeugend gelöst wurde, darf man sich dann umso mehr über die eingebauten Faustkämpfe klassischer Art freuen. Muss dabei allerdings auch erkennen, dass die diversen Turnübungen in mit Fallen gespickten Höhlen zuletzt auch von Anderen so oder so ähnlich präsentiert wurden. Womit vor allem Nicolas Cage und seine beiden "Vermächtnis"-Filme gemeint sind - auch wenn natürlich der gute Indy zuerst da war.
So ganz gilt das mit dem Verzicht auf die reine Effekthascherei dann auch nicht, denn zum Schluss hätte man zumindest auf ein Bild vielleicht besser verzichten sollen, welches sicher für Diskussionen sorgen wird. Es wäre auch dramaturgisch überhaupt nicht nötig gewesen, das aus dem vorherigen Geschehen bereits Offensichtliche nun noch so explizit zu zeigen. Sagen wir mal so: Ein Erich von Däniken dürfte sich freuen und die Gelegenheit ergreifen, den Verkauf seiner kruden Bücher über "Götter aus dem All" mal wieder etwas anzukurbeln.
Er hätte ein böser Reinfall werden können, der Nachschlag zum Mythos, aber stattdessen fügt sich "Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels" recht mühelos und elegant in das schon vorhandene Werk ein. Es ist sicher nicht der beste Film der Reihe, aber eben auch kein zweiter "Tempel des Todes". Und so lässt sich die Frage, ob das Ganze denn nun nötig war, auch recht eindeutig beantworten: Nein, das war es sicher nicht. Aber geschadet hat es glücklicherweise auch nicht und deshalb lautet die nun doch recht entspannte Empfehlung: Rein gehen, ansehen, Spaß haben.
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