Türkisch für Anfänger - Der Film

Jahr
2012
Laufzeit
105 min
Genre
Release Date
Bewertung
5
5/10
von Volker Robrahn / 13. März 2012

Sie begegnen sich an Bord eines Ferienfliegers nach Thailand: Die gebildete, aber recht verklemmte Lena (Josefine Preuß), gestraft mit ihrer progressiven Alt-68er-Mutter (Anna Stieblich) sowie der mehr als selbstbewusste Cem (Elyas M'Barek) mitsamt seiner Schwester und dem stets korrekten Beamtenvater Metin (Adnan Maral). Türkisch 1Völlig klar, dass die beiden jungen Erwachsenen sich von Anfang an nicht ausstehen können und sie hätten sich wohl auch nie wieder gesehen, wenn nicht dummerweise das Flugzeug ins Meer stürzen würde (was entgegen aller Wahrscheinlichkeit alle Passagiere überleben). Während die Eltern aber bald in ihrem All-Inclusive-Hotel damit beginnen können, Cocktails zu schlürfen und Partys zu feiern, landet der Nachwuchs samt dem stotternden Griechen Costa (Arnel Taci) auf einer einsamen Insel. Dort greift zwar keineswegs Panik um sich, aber Macho Cem sich dafür sofort das Kommando. Sehr zum Missfallen von Lena, die der Meinung ist, dass der IQ der beiden Herren kaum messbar ist und die es für keine gute Idee hält, sich von diesem „Haufen Migranten“ durch einen unerschlossenen Dschungel führen zu lassen.

Die in diesem Stil vorgetragenen, sarkastisch-frechen Off-Kommentare der genauso rotzigen wie charmanten Erzählerin Lena sind das Highlight dieser Kinoversion der Fernsehserie „Türkisch für Anfänger“. Das Einsame allerdings, denn ansonsten erschöpft sich die in Episodenform noch gefeierte und preisgekrönte Geschichte vom Zusammenprall der Kulturen über weite Strecken in einer Ansammlung ziemlicher Plattitüden. Und das liegt im Grundsatzfehler, der hier begangen wurde. Denn beim Grübeln darüber, wie man die populäre TV-Reihe wohl am besten fürs Kino adaptiert, entschied sich Serienschöpfer, Drehbuchautor und jetzt Erstmals-Kinoregisseur Bora Dagtekin dafür einfach alles auf Null zu setzen.Türkisch 2

Bedeutet: Dies ist eben KEINE Fortsetzung der Serie oder das große Wiedersehen der altvertrauten Charaktere, sondern man erzählt die Annäherung der beiden scheinbar grundverschiedenen Familien nochmal ganz von vorn und ein wenig anders. Was dabei nun jedoch auf gut 100 Minuten komprimiert wurde, macht in diesem Schnelldurchlauf aus den vormals recht ausgefeilten Figuren trotz der selben Darsteller fast reine Klischee- und Witzfiguren. Schon die weder originelle noch besonders glaubwürdige Idee, die gegensätzlichen Charaktere einfach gemeinsam auf einer einsamen Insel stranden zu lassen, damit sie gezwungenermaßen schnell zusammenfinden können, ist wenig überzeugend.

Zudem wirkt dieses, von den Protagonisten als solches bezeichnete „große Abenteuer“ niemals auch nur die Spur bedrohlich, denn man hat Funkkontakt zu den Eltern und ist auch sonst in erster Linie damit beschäftigt sich anzuzicken. Selbst der kurz angedeutete Schreck-Moment mit vermeintlich auf der Insel lebenden Kannibalen entpuppt sich schnell als reine Groteske, inklusive zweier kurioser Gastauftritte von Katja Riemann und Günther Kaufmann (mit den Rollennamen „Uschi“ und „Tongo“). Warum also sollte sich der Zuschauer irgendwie um die Gestrandeten sorgen, wenn sie es denn nicht einmal selbst tun?

Türkisch 3Dieser Film stellt also gleich in doppelter Hinsicht einen Präzedenzfall dar: Erstens ist es der ohnehin mehr als seltene Versuch eine deutsche Fernsehserie auf die große Leinwand zu bringen, und dann geht man dabei zweitens noch den mehr als fragwürdigen Weg alles Vorhergegangene, Beliebte und Bekannte komplett zu ignorieren. Das Ergebnis ist eine völlig für sich stehende Geschichte, die in dieser Form jedoch nur geringen Wert besitzt und wie eine x-beliebige Komödie daherkommt. Einige nette Einfälle wie die eingestreuten Tagträume von Lena (als vom Machogehabe beeindruckter Gudrun Ensslin-Verschnitt) und Cem (als Möchtegern Rapper mit dem Song "Nutten am Pool") deuten dabei an, was aus dem Film hätte werden können, hätte man sich nicht für so eine mäßige Haupthandlung entschieden, bei der die Charakterentwicklung mit dem Holzhammer betrieben wird.

Schade, denn so findet sich für die Fans der Serie wenig Bekanntes wieder, was zu großer Wiedersehensfreude führen könnte, und der unbefleckte Rest dürfte sich stattdessen fragen, was denn wohl an dieser hochgelobten deutschen Fernsehproduktion eigentlich so toll und interessant gewesen sein mag. "Ganz neu erzählt fürs Kino" verkündet die Werbung. Das ist wahr, aber leider nicht unbedingt ein Kompliment.

Bilder: Copyright

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1/10

Versehentlich im Kino gelandet und ob der dramatisch miserablen und konstruierten Geschichte zunächst schockgelähmt, dann - Dank der unfassbar übertriebenen Darstellung der Charaktere - kurzfristig belustigt, letztlich aber einfach nur unfassbar gelangweilt. Ich kann tatsächlich behaupten, den schlechtesten deutschen Film gesehen zu haben, der mir bisher unter kam - und ja, ich habe auch "Manta, Manta" gesehen. Das Geld hätte ich auch effektvoll vernichten und mich dabei filmen können - dann hätte ich wenigstens für einige Lacher auf YouTube sorgen können.

Hier ruht mein Glaube an die deutsche Komödie. Ruhe sanft.

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