L.A. Story

Originaltitel
L.A. Story
Land
Jahr
1991
Laufzeit
95 min
Genre
Regie
Bewertung
6
6/10
von Frank-Michael Helmke / 14. November 2010

Wenn es eine Stadt auf diesem Planeten gibt, die jeder halbwegs zu kennen glaubt, dann ist es Los Angeles. Nicht umsonst liegt der Welt größte Filmproduktionsstätte in der kalifornischen Metropole. Hollywood macht nach wie vor die meisten Filme direkt vor der Haustür, und so gibt es eigentlich kaum eine Ecke von L.A., die der Kinofan noch nicht gesehen hat. Dank dem schonungslosen Umgang mit den sogenannten dunklen Seiten der Großstadt sind wir uns inzwischen auch ziemlich sicher, daß L.A. ein ebenso finsterer wie hoffnungsloser Moloch ist. Aber tief in uns schlummert der Glaube an ein anderes Los Angeles, an die Stadt, die man nachts vom Mulholland Drive aus beobachtet. Dieses Meer von glitzernden Lichtern, das so völlig friedlich direkt zwischen Wüste und Ozean schlummert, der einzige Ort der Welt, wo man noch an die Erfüllung von Träumen glauben kann. 
Wenn man sich in die Stadt begibt, dann verschwinden diese Träume schnell zwischen Autowaschanlagen, Supermärkten, Verkehrsstaus und Smog. Aber dann kommt „L.A. Story“ daher, eine leichtherzige Phantasie, die von uns nur verlangt, eine einzige Sache für möglich zu halten, aufgrund der wir vielleicht unsere Erfüllung finden können, wenn wir einen offenen Geist behalten. Diese eine Sache ist die Möglichkeit, daß ein riesiges elektronisches Verkehrswarnschild eines Tages beginnt, persönliche Nachrichten an einen Wetteransager zu schicken, und diesem beibringt, wie er sein Leben verbessern kann.
Der Wetteransager heißt Harris K. Telemacher, sein Spezialgebiet ist das „lustige Wochenendwetter“. Er peppt seinen Wetterbericht mit „Windansagen für toupet-tragende Cabriofahrer“ oder „Sonnenfleckenansagen für Handy-Besitzer“ auf (eben die Art Wetterbericht, die es nur in L.A. geben kann). Harris führt ein oberflächlich sorgloses Leben, in dem er zehn Minuten in den Sender fährt, um sich anschließend für ein mehrstündiges Mittagessen mit seiner Langzeitfreundin Trudi (die ihr Geld damit verdient, für andere Leute Weihnachtsgeschenke zu kaufen) und deren obskuren, sehr california-esquen Bekannten zu treffen, die sich völlig enthusiastisch über die größten Nichtigkeiten dieses Planeten unterhalten können. Mit den Schönen und Reichen in der Sonne sitzen und ein Zitronenscheibchen für den Cappucino bestellen, daß ist schon ein netter Zeitvertreib. Aber Harris weiß selbst, daß etwas fehlt in seinem Leben, die Frage ist nur, was. Bis er die britische Journalistin Sara kennenlernt, und sich schnurstracks in sie verliebt. Dummerweise ist die gerade in der Wiedervereinigungsphase mit einem Ex-Freund, so daß Harris erstmal die neue Freiheit genießt, nachdem seine Freundin ihm eröffnet, daß sie ihn seit drei Jahren mit seinem Manager betrügt („Die Sache läuft schon seit den 80er Jahren?“). Kurzerhand bandelt er mit dem Valley-Girl SanDeE* (ja, die schreibt sich wirklich so) an, wohl wissend, daß das nicht das ist, was er will. Und zwischendrin gibt immer wieder mal das Verkehrswarnschild seine Ratschläge zum besten.
Es gibt einige Spitzengags in „L.A. Story“, aber genau genommen handelt es sich hierbei um eine ganz andere Art von Komödie. Die Art von Komödie, in der einfach das gesamte Universum ein komischer Ort ist, mit irgendwie durchgeknallten Charakteren, wo alles und jeder zum Schmunzeln anregt, ohne daß man wirklich über das-, die- oder denjenigen lacht. Genaugenommen ist es ein Film über L.A., den man nur wirklich begreifen kann, wenn man mit dem gesamten Lifestyle und den diversen Typen dieser Gegend vertraut ist, aber dank der Amerikanisierung sind wir das eigentlich alle. 
Der Film erzählt oberflächlich eine einfach gestrickte Geschichte mit nicht zu wenigen Elementen eines modernen Märchens. Das wahre Genie schlummert hier im Detail. In jeder Szene gibt es mindestens eine kleine Anspielung auf die ganz besonderen Eigenheiten dieser Stadt und ihrer Bewohner. Das geht schon los mit den Namen, oder wo außer in L.A. würde man sich eine Schreibweise wie „SanDeE*“ ausdenken? Oder den Kellner im Restaurant die Speisekarte rappen lassen. Oder sich zum Spaß einen Einlauf machen lassen („Ich fand’s voll fürn Arsch!“). Oder in einem Museum Rollschuh laufen. Oder selbst die Stärke von Erdbeben auf einer Skala von 1 bis 10 einordnen. Oder ... 
Wenn man sich dieser Unmenge von Kleinigkeiten erst einmal bewußt wird, versteht man auch, wieso Steve Martin sieben Jahre lang an dem Drehbuch gearbeitet hat. Von der ersten Sekunde an ist dies sein Film, seine persönliche Note durchzieht „L.A. Story“ so prägnant, daß Regisseur Mick Jackson („Bodyguard“) in diesem Falle wirklich keine kreative Leistung mehr zu erbringen hatte. Wozu auch, der Film strotzt so sehr vor Ideenreichtum, daß man unmöglich alle Details bemerken kann und selbst beim zehnten Ansehen noch etwas neues im Hintergrund entdeckt. Unnötig zu erwähnen, daß sich diese liebevollen Kleinigkeiten auch auf die Dialoge ausweiten, und so die gesamte Palette an „Wir wollen uns in unserer Beziehung nicht unter Druck setzen“ - Schmonzetten in zwanzig gnadenlos geniale Sekunden gepackt wird.
„L.A. Story“ ist eine einzige Liebeserklärung an die Stadt der Engel. Gleichzeitig ist der Film auch die wohl subtilste Komödie, die jemals in Los Angeles gedreht wurde, in der man in 90 Minuten mehr über die Einwohner dieser Stadt erfährt als in einem Dutzend Dokumentationen. Wenn man mit wachen Augen und einem offenen Geist zusieht, dann eröffnet sich dem Zuschauer ein unglaublicher Reigen an Innovation, Kreativität und Beobachtungsgabe, wie man sie einem „oberflächlichen“ Amerikaner niemals zugetraut hätte. Und am Ende glaubt man vielleicht, wie Harris K. Telemacher, wieder daran: „... daß es doch Wunder gibt, tief im Herzen von L.A.“ Denn wenn ein Verkehrswarnschild mit dir redet, dann kann wirklich alles passieren.


10
10/10

sie haben echt verve! hahaha
total lustiger film

Permalink

9
9/10

In Anbetracht der Tatsache, dass auch die (L.A.) Story und das Drehbuch von Steve Martin stammt, kann ich nur sagen: Hut ab!!

Man fühlt sich nicht "bored beyond belief"!

Ein wunderschönes modernes Märchen! :-)

Permalink

8
8/10

Ein Wort, das ich sonst nicht benutze, aber hier passt es: Entzückend! Und stellenweise einfach nur brüllkomisch. Warum habe ich den noch nicht in meiner DVD-Sammlung?????

Permalink

Neuen Kommentar hinzufügen

Der Inhalt dieses Feldes wird nicht öffentlich zugänglich angezeigt.

Klartext

  • Keine HTML-Tags erlaubt.
  • Zeilenumbrüche und Absätze werden automatisch erzeugt.
  • Website- und E-Mail-Adressen werden automatisch in Links umgewandelt.
CAPTCHA
Diese Aufgabe prüft, ob du menschlich bist um Bots zu verhindern.