Charley Brewster (Anton Yelchin) lebt mit seiner Mutter (Toni Colette) in einer Siedlung etwas außerhalb von Las Vegas. Dass sein neuer Nachbar Jeffrey Dandridge (Colin Farrell) alle Fenster verhangen hat und nur nach Sonnenuntergang aus dem Haus kommt, erscheint erstmal nicht ungewöhnlich – schließlich schieben viele in „Sin City“ Nachtschicht. Und außerdem ist Charley etwas abgelenkt von seiner neuen Freundin Amy (Imogen Poots) und seinen Versuchen, als ehemaliger Nerd in der In-Clique ihrer Freunde zu bestehen. Die Nerd-Vergangenheit lässt ihn aber nicht los, in Form von seinem ehemaligen besten Freund „Evil“ Ed (Christopher Mintz-Plasse), der Charleys Abhängen mit den cooleren Kids nicht verwunden hat. Folglich erscheinen Charley die wilden Theorien, die Ed ihm auftischt, wie der Versuch, Aufmerksamkeit zu erhaschen. Schließlich behauptet Ed doch allen Ernstes, bei Charleys Nachbarn Jerry würde es sich um einen Vampir handeln. Da tatsächlich um ihn herum immer mehr Mitschüler spurlos verschwinden, muss sich Charley bald fragen: Und falls an Eds wilden Theorien doch etwas dran ist?!
Oh je, mag man sich beim Betrachten dieses Films zuerst denken. Noch ein Remake eines Horrorfilms, ist das denn nun wirklich nötig? Und noch dazu in wieder einmal nachträglich konvertiertem 3-D? Zumindest letztere Frage können wir eindeutig mit „Nein“ beantworten, denn das 3-D ist allerhöchstens Mittelmaß und bietet hier abgesehen von einigen netten Funkenflügen, wenn ein Vampir eingeäschert wird, nicht viel Grund für den Preisaufschlag. Und die zwangsläufige Abdunklung des Geschehens aufgrund des 3D-Prozesses ist für einen Film, der zu drei Vierteln im Dunkeln spielt, vielleicht auch nicht das Allerbeste. Auch weil der Film ohnehin schon eine nur mäßig inspirierte Farbpalette hat, erscheinen so viele Szenen in recht faden Grautönen.
Klar, die grellen Farben des Originals aus den bunten 80ern müssen es nicht sein, das hätte auch nicht zu dieser ernsteren und brutaleren Neuauflage gepasst. Und dass der Film in einer recht faden McSiedlung mit gleichförmigen Häusern à la Wisteria Lane spielt, hilft für eine interessante Visualisierung auch nur bedingt weiter. Tatsache ist aber, dass Regisseur Craig Gillespie – anders als Namensvetter Jim („Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast“) kein Horrorfilm-Hack, sondern durch den sensiblen „Lars und die Frauen“ bekannt geworden – das Spiel mit Licht und Schatten, Farbe und Monochrom einfach (noch) nicht so beherrscht, wie es für das Erschaffen von wirlich atmosphärischen Bildern nötig ist. Einzig die Sonnenuntergänge gelingen ihm wunderbar.
Das ist aber auch schon einer der größten Kritikpunkte, denn ansonsten ist „Fright Night“ eine wirklich positive Überraschung, schließlich hatte man an diesen Film nun wirklich keine großen Erwartungen. Das Original, hierzulande 1985 als „Die rabenschwarze Nacht“ gelaufen, hat damit durchaus zu tun. Denn der Film war zwar bei Erscheinen ein Hit und hat sich einen Ruf als Minikultfilm erarbeitet, ist aber bei Licht betrachtet doch eigentlich ein ziemlicher Mumpitz, dessen Synthiescore und Klamotten geradezu „Made in the 1980s!“ schreien und dessen damals topmoderne Spezialeffekte heute natürlich nur noch ein müdes, bestenfalls nostalgisch geschöntes Grinsen abringen.
Doch wie wir wissen ist das Äußere nur die halbe Miete, und die inneren Werte, nämlich die versponnen-intelligente Geschichte mit Meta-Einschlag der „rabenschwarzen Nacht“ war ja durchaus für ihren Kultfaktor verantwortlich: Wie hier die aus Büchern und Filmen bekannten Mythen über Vampire den echten Vertretern der Blutsaugerbande entgegengesetzt wurden, das war schon recht pfiffig, am Besten umgesetzt mit dem TV-Vampirjäger Peter Vincent, der sich recht unfreiwillig auf die Jagd nach echten Vampiren machen muss. Nur der Originalkontext ist natürlich verschwunden, schließlich ging es damals darum, dass Peter Vincent gerade von seiner TV-Show (der titelgebenden „Fright Night“), in der olle Vampirfilmkamellen im örtlichen Kabelfernsehen laufen, gefeuert wurde, da Vampire passé waren und Slasher in Masken in. Heutzutage dagegen sind Vampire ja aus der Kinolandschaft nicht mehr mehr weg zu denken, im Guten wie im Schlechten.
Somit fehlt dem Film natürlich ein wenig der „Aha“-Effekt des damals neuartigen modernen Vorstadtvampirs, mit dem das Original punkten konnte, und sorgt somit für Abzüge in Sachen Originalität und Effektivität, weil wir in den letzten Jahren nun mal schon so ziemlich alles zum Thema Langzahn und Blutdurst gesehen haben. Aber: Somit musste sich das Remake andere Sachen einfallen lassen, und das hat es gar nicht schlecht gemacht, auch weil mit Marti Noxon eine Autorin am Werk war, deren langjährige Mitarbeit an „Buffy, The Vampire Slayer“ ihr ordentlich Erfahrung in Sachen Teenager gegen Monster einbrachte und sie für ihr sehr solides Drehbuch prädestinierte. Auch sie spielt mit den Regeln des Genres, etwa in einer so witzigen wie spannenden Szene, in der die alte Regel „Vampire müssen in ein Haus eingeladen werden, sonst können sie es nicht betreten“ eine Rolle spielt.
Die neue „Fright Night“ ist deutlich actionlastiger und rasanter geworden als das gemächliche Original, was sicherlich auch keine schlechte Idee ist. Schließlich ist der oben besprochene mittlerweile nicht mehr ganz taufrische Clou der Geschichte nichts mehr, was man fürs heutige Publikum noch groß auswalzen sollte. Das erhöhte Tempo, das der Film anschlägt, hält die Exposition auch ziemlich kurz, fast schon zu kurz, dafür geht dann ab der Halbzeit die Post ab. So gibt es eine Verfolgungsjagd, die mit witzigen Details („Das sind seine Vampirfinger! Ich hab's dir doch gesagt!“) und einem Cameo eines Darstellers der „rabenschwarzen Nacht“ aufwartet, und ab da geht es dann zügig und direkt in Richtung großer Showdown.
Aber ein flotter Actionfilm mit Vampiren (und davon hatten wir doch dieses Jahr schon einen, mit einem denkwürdigen Priester) allein hätte ja nicht gereicht, um über reines Mittelmaß hinauszukommen. Und hier tritt dann der MVP dieses Films, Colin Farrell, auf den Plan. Ganz klar: Der Doppelschlag von „Kill the Boss“ und „Fright Night“ zeigt, dass man Farrell viel zu lange als wehmütigen Schönling mit Bad Boy-Charme eingesetzt hat, anstatt ihn mal zu einem wirklichen bösen Buben zu machen. Da war Farrell ja selbst schuld dran, gab eine James Dean-Pose nach der anderen und wollte unbedingt dunkel-romantisch und verletzlich wirken. Aber nur als wirklich bitterböser Bengel scheint Farrell das Beste aus sich herauszuholen, sein Jerry Dandridge hier hat mit dem süffisanten quasi-aristokratischen Verführer des Originals nichts mehr gemeinsam, er legt seinen Vampir als Ausgeburt an animalisch-männlichem Sexappeal an, dessen Fressinstinkte eher an die fiesen Vampire aus „30 Days of Night“ erinnern. Dazu kommt ein rabenschwarzer Humor, etwa wenn er abgrundtief fies grinst, als Charlies Versuch, ein Opfer zu befreien gründlich daneben geht.
Der Rest der Besetzung tut sein Übriges zum Gelingen des Ganzen: Anton Yelchin ist als Charley annehmbar, Imogen Poots als seine Freundin Amy eine brauchbare Scarlet Johansson-Kopie, einzig Toni Colette als Charleys Mutter hat (zu) wenig zu tun. Und die zweite Geheimwaffe des Films gibt es ja auch noch: David Tennant als der neue Peter David. Dieser ist statt einem alten TV-Star nun ein Illusionist mit eigener Horror-Show in Las Vegas, der von den Machern des Films eindeutig als Mischung aus Criss Angel und Russel Brand angelegt wurde. Tennant als ständig saufender britischer Zyniker hat zwar eine kleinerere Rolle als Roddy McDowall im Original, er ist aber mindestens genau so gut und die Abwandlung der Figur macht in ihrer neuen Form ausgesprochen viel Sinn und einigen Spaß. Einzig Christopher Mintz-Plasse in seiner 73. Variante des bebrillten Nerds hat ziemliches Nervensägen-Potenzial, aber sein Evil Ed ist immer noch besser zu ertragen als der kreischende Idiot des Originals.
Und nimmt man all dies nun zusammen, muss man zu dem Ergebnis kommen: „Fright Night“ 2011 ist ein ziemlich rares Monster, ein Remake, das dem Original überlegen ist. Zwar nicht sehr viel, und angesichts der nun wirklich ausgelutschten Vampirthematik reißt der Film jetzt auch nicht gnadenlos vom Hocker, aber er macht das, was ein Remake eigentlich tun sollte: Er nimmt die Prämisse des Originals und eliminiert in seiner Modernisierung einige von dessen Schwächen, ohne dabei gleichzeitig alle Stärken zu verlieren. Und somit ist „Fright Night“ zwar nicht zum Fürchten gut, aber allemal ein vergnüglicher Spaß für einen entspannten Kinoabend.
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