Die üblichen Verdächtigen

Originaltitel
The Usual Suspects
Land
Jahr
1995
Laufzeit
105 min
Genre
Regie
Bewertung
von Frank-Michael Helmke / 14. November 2010

"Wer ist Keyser Soze?"

Diese Frage steht synonym für einen der größten Überraschungsmomente der Kinogeschichte, und wer sie nicht beantworten kann, darf, streng genommen, eigentlich gar nicht mitreden bei einigen der beliebtesten Diskussionsthemen unter Filmfreunden in den letzten zwei Jahren. In Gesprächen mit Gleichgesinnten kehrte ich nach dem Start von "Unbreakable" zu einem Thema zurück, daß bereits ein Jahr vorher, ausgelöst durch "The Sixth Sense" und "Fight Club", rege diskutiert wurde: Sinn, Unsinn und Funktionsweise von Schlußüberraschungen. Und wieder mußte ich in mehreren Fällen feststellen, daß meine Gegenüber beizeiten nicht so recht wußten, was gemeint war, wenn ich von "Keyer Soze-Effekt" sprach. In beinahe fassungsloser Entrüstung schickte ich diese Leute dann immer auf dem schnellsten Wege in die nächste Videothek und weigerte mich strikt, jegliche Diskussion zu diesem Thema fortzusetzen, solange Bryan Singer's "Die üblichen Verdächtigen" von 1995 nicht allgemein in der Runde bekannt war. Denn wer sich von Tyler Durden's Geheimnis in "Fight Club" oder dem wahren Kern von "The Sixth Sense" aus den Socken hauen ließ und eben dies als revolutionäres Großereignis der manipulativen Erzählkunst feierte, dem kann die größte An-der-Nase-herum-Führerei des letzten Jahrzehnts schlichtweg nicht bekannt sein.

Im Zentrum von "Die üblichen Verdächtigen" steht das Verhör des verkrüppelten Kleimkriminellen "Verbal" Kint (zurecht Oscar-gekrönt für diese Rolle: Kevin Spacey). Der ist seinem Spitznamen entsprechend auch sehr redselig und gibt freimütig über seine Involvierung in einen geplatzten Drogendeal Auskunft, der in einer Schiffsexplosion mit mehr als zwanzig Toten gipfelte. In Rückblenden erzählt Kint über die zufällige Zusammenführung von fünf Ganoven, die als stadtbekannte Verbrecher von der Polizei aufgegriffen werden, als diese in einer Raubsache mal wieder im Dunkeln tappt. Diese fünf "üblichen Verdächtigen" vertreiben sich die Zeit in der Untersuchungshaft mit dem Schmieden eines gemeinsamen Plans, durch den sie jedoch, ohne es zu Wissen, dem sagenumwobenen Gangsterboß Keyser Soze in die Quere kommen. Der fordert nun, vertreten durch einen zwielichtigen Anwalt, Wiedergutmachung in Form eines Himmelfahrtskommandos.

Ist die von List, Mißtrauen und krimineller Brillanz überbordende Rahmenhandlung schon packend genug, so ist das eigentliche Zentrum des Films doch ein anderes und noch viel faszinierender: Der Polizist Dave Kujan, der Kint verhört, ist nämlich eigentlich auf der Suche nach Beweisen für die Machenschaften von Dean Keaton, ehemaliger High Society-Bankrottier und einer der fünf üblichen Verdächtigen, den er für den wahren Keyser Soze hält. Dieser Soze ist eine mystische Legende, eine Gestalt wie das Monster von Loch Ness: Keiner hat ihn wirklich je gesehen, aber jeder kann eine Geschichte über ihn erzählen. Die Aufdeckung seiner Machenschaften, seiner wahren Identität, gerät zur eigentlichen Essenz dieses Films, der sein Geheimnis am Ende in einem atemberaubenden Doppelschluß aus vermeintlicher und tatsächlicher Auflösung lüftet und den Zuschauer rat- und sprachlos, hochgradig verwirrt und ebenso begeistert entläßt. Ein Salto Mortale der Publikumsmanipulation, wie er in dieser Perfektion, Ausarbeitung und Wirkung bis dato nicht vorhanden und von da an unerreicht blieb.
Das Konzept des "Must-see-twice-Movies" - ein Film, der am Ende so überrascht, daß man ihn zum genauen Begreifen des Vorgefallenen sofort noch einmal sehen möchte bzw. muß - wie es den wahnwitzigen Erfolg von "The Sixth Sense" hauptsächlich begründete, fand seine wahre Geburtsstunde hier. Streng genommen sind Shyamalans Filme ("Unbreakable" ebenso wie sein Vorgänger) einfach Plagiatoren. Zwar die besten, aber immer noch längst nicht so gut wie das Vorbild. Ein Vergleich lohnt sich, wenn diese Bildungslücke erst einmal geschlossen ist: Denn in der illustren und sehr kurzen Liste der großen und gelungenen Schlußüberraschungen stellt "Die üblichen Verdächtigen" einen Sonderfall dar, ist der Klassenprimus unter Kameraden die ähnlich gut wirkten, aber die meiste Zeit nur dem hohlen Selbstzweck dienten. Denn einzig Regisseur Singer und Autor Christopher McQuarrie gelang es, mit ihrem Ende nicht nur das bisher Gesehene vollständig aus den Angeln zu heben, sondern gleichzeitig diesen Schluß zum integrativen Bestandteil des gesamten Films zu machen, ohne den seine Handlung einfach nicht vollständig oder sinnvoll wäre. Eine in der Tat unvergleichliche Meisterleistung (und bei den Usern der IMDB auf Platz 15 der besten Filme aller Zeiten), die bedauernswerterweise längst nicht so viele Zuschauer erreichte wie die geistigen Erben von Fincher oder Shyamalan.

Zum weiteren Genuß der Faszination Schlußüberraschung seien noch empfohlen:

Zeugin der Anklage (Billy Wilder, 1957, mit Marlene Dietrich)
No way out (Roger Donaldson, 1987, mit Kevin Costner)
Angel Heart (Alan Parker, 1987, mit Mickey Rourke)


10
10/10

Also insgesamt kann man denke ich sagen, dass der Film ein Meilenstein der Filmgeschichte ist, aber allerdings nur solange, bis man mit dieser Art Filme, die eine überraschende Wendung beinhalten, vertraut geworden ist. Fight Club und Saw (1.Teil) sind für mich dabei die absoluten Platzhirsche... Außerdem kann man sich bei "die üblichen Verdächtigen" schon vorstellen, wer Keyser Soze ist (ich hatte zum Beispiel die ganze Zeit die Szene im Kopf, wie Officer Doofy in Scary Movie am Ende die Straße entlangläuft und dabei vom Humpeln zum normalen Gehen übergeht) und sie kam in die üblichen Verdächtigen auch tatsächlich :).
Schade, dass ich den Film nicht früher gesehen habe und ihm durch die anderen Filme ein bisschen sein Reiz genommen wurde...
Trotzdem äußerst sehenswert und fantastisch gespielt !!!

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10
10/10

Absoluter Hammer das Ding!
Habe den Streifen damals im Kino gesehen und anschließend jeden Bekannten mitgeschleppt den ich in die Finger bekam. Bisher waren alle begeistert solange man das Ende nicht vorher verrät! (kleiner Filmtipp mit ähnlich großem Ende: "The Game" alt, aber echt gut)

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10
10/10

5 augen für die besetzung, 4für die story und 1 für`s ende!
Einf einer der genialsten Filme die ich je gesehen habe!

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10
10/10

Beste FIlmende aller Zeiten!

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3
3/10

Das Gerüst der Handlung ist mit Sicherheit außergewöhnlich, aber inhaltlich ist der Film doch eher unterer Durchschnitt. Die Beziehung zwischen den Hauptdarstellern wird während des ganzen Films nur oberflächlich dargestellt. Der Gag am Ende macht die durchschnittlichen Fragmente in der Mitte des Films nicht wett.

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9
9/10

Das ende ist schon überraschend aber wie bereits an anderer bemerkt hat, ist es ziemlich abzusehen wenn man bereits andere filme dieser "überraschungs-kategorie" gesehen hat.

imho kann man das ende bei Saw1 und Identity am wenigsten vorraussehen.

Natürlich dennoch spitzen film!

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8
8/10

Meiner Meinung nach keine so große Überraschung. Die Sache war für mich klar, als Verbal nicht mit auf das Schiff ging und der Komplize (ich weiß, ihr werdet es mir nicht verzeihen, dass mir der Name entfiel) am Lieferwagen im Angesicht der Dollar-Scheine erschossen wurde.
Dennoch ein wirklich fabelhaftes Konstrukt!

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10
10/10

"And like that.. he's gone"

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9
9/10

Ein wirklich großartiger Thriller, der auf sinnloses Geballer verzichtet. Über den genialen Schluss muss man nicht mehr viel sagen. Wer den Film nicht gesehen hat, nicht weiterlesen.

Mein Problem bei dem Film war, dass ich schon nach wenigen Minuten auf die Lösung gekommen bin. Nicht, weil ich zu solchen Leuten gehöre, die so etwas bei Krimis immer behaupten. Der Grund ist ganz einfach: In der Szene, in der Keyzer Soze Dean Keaton erschießt, spricht Keyzer ein paar Sätze. Ich wusste sofort, dass Udo Schenk den Keyzer synchronisiert hat, auch wenn er in dieser Szene nur flüstert. Aber Udo Schenks Stimme ist einfach unverwechselbar wie genial. Und wenig später schon spricht er schon wieder Verbal Kint.

Wie sagt Verbal doch im Film: "Ich rede zu viel..." Stimmt, leider.

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1
1/10

Also, Ihr kleinen Filmgenies, ich fand den Film derart langweilig.

Und warum?

Weil spätestens zur Mitte des Films klar wurde, dass Verbal bei weitem nicht der Mitläufer und Möchtegernintelekktuelle ist, den der Regiesseur uns verkaufen wollte, obwohl wir - und darin sehe ich die große Schwäche des Films - nicht erkennen sollten, dass - und das ist ganz wesentlich - wir vielleicht auch hätten erkennen können, worin der Unterschied der oberflächlichen Umgangsweisen der fünf Kleinkriminellen liegt und hätte liegen sollen, geschweige denn, die Möglichkeit, einen solchen zu erkennen, gegeben sein wäre.

Noch Fragen?

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7
7/10

Zweifellos ein guter Film mit klasse Darstellern.
Ich finde aber, dass der Film sehr überschätzt wird.
Edward Nortons Darstellung im Film "Zwiellicht" und der gesamte Film samt Ende selbst sind, meiner Meinung nach, um Klassen besser.
Ich finde auch diverse WENDungen in anderen Filmen (SAW, Fight Club) viel genialer und nicht so naheliegend wie bei "die üblichen Verdächtigen".
Weiter Kritikpunkt an "Die Üblichen Verdächtigen": Es wird zuviel gelabert. Das ist mitunter zwar ganz unterhaltsam, aber auch etwas ermüdend.
Die Geschichte von Verbal Kint ist genial. Die filmische Auflösung nicht wirklich.
Dass der Film und vor allem das Ende allseits über den grünen Klee gelobt wird, finde ich übertrieben.
Ich war nicht sonderlich überrascht, wer Keyer Soze ist, sogar eher enttäuscht.
Das Frustrierende an "Die üblichen Verdächtigen" ist, dass man im Gegensatz zu anderen Filmen nicht alles nachvollziehen kann und sich auch kein AHA-Effekt einstellt, der diese Art von Film auszeichnet.
Man kann aus Kints Geschichte nicht erschließen, dass er hinter allem steckt, egal wie oft man den Film gesehen hat. Man hat zwar das Gefühl, aber logisch ist es nicht. Denn könnte man es nachvollziehen wäre seine Geschichte ja nicht so genial und er würde nicht davon kommen.
Man hat nur die Geschichte von Kint, die man glauben kann oder nicht. Und die ist immer die gleiche, egal wie oft man den Film anschaut. Deswegen ist das "See-it-twice"-Erlebnis nicht vorhanden.
Es ist alles nur Fiktion und es gibt keine kleinen Hinweise, die darin auf die Wahrheit oder Film-Realität hindeuten, die man beim zweiten oder dritten Mal entdeckt wie bei "Fight Club".
Somit sind auch Interpretationen hinfällig. Es ist eine Geschichte von Kint, mehr nicht.
Das Überraschende am Ende ist, dass der Agent herausfindet, dass Kints Aussage eine mehr oder weniger frei erfundene Geschichte ist. Mehr oder weniger - darüber kann man spekulieren, wird es aber nie herausfinden.
Fakten, die wahr sind:
- ein Schiff ist in die Luft geflogen und es gab viele Tote gab.
- nur zwei Überlebende: ein zu 60% verbranntes ungarisches Mafia-Mitglied und der verkrüppelte Kleinganove Verbal Kint
- Kint wird verhört und mit einer Gegenüberstellung aus der Vergangenenheit konfrontiert, bei der er mit vier der Todesopfer zu den "üblichen Verdächtigen" zählte.

alles weitere ist Kints Geschichte, die er sich aus Bruchstücken zusammenreimt, die er im Büro des Agenten aufschnappt.
Die Geschichte scheint glaubhaft und führt dazu, dass er davon kommt, obwohl jeder weiß, dass er Dreck am Stecken hat.

Die wohl einzige Wahrheit des Film erfährt man vom ungarischen Brandopfer. Warum sollte der im Angesicht des Todes die Kreativität des Lügens aufbringen!?
Daher ist diese Szene wohl die einzige Interessante bei einer erneuten Betrachtung.
Sie gibt aber keinen Aufschluss über die Wahrheit von Kints Erzählung und den Einfluss des von ihm erdachten Keyser Soze.

Das Auftauchen von Kints Partner am Ende deutet auf den genialsten Plan aller Zeiten hin. Der Coup meets Ocean's Eleven.
Aber anders als bei "Coup" und "Ocean's" erfährt man nicht, was wirklich passiert ist.
Vielleicht ist "die üblichen Verdächtigen" deswegen für viele ein Meisterwerk. Aus Verlegenheit, dass man einfach nicht begreifen kann, was nicht zu begreifen ist. Für mich ist der Film aber gerade deswegen kein Meisterwerk, weil nicht ganz vollständig.

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9
9/10

Um direkt an RadekSellenz' Kommentar anzuknüpfen:

Der Film verdient genau deshalb gute Kritik, weil sich am Ende die Geschichte von Verbal Kint in Luft auflöst und Keyser Soze dadurch weiterhin mystifiziert wird.

Es gelingt dem Regisseur, den Mythos "Keyser Soze" durch die Erzählungen Verbal Kints mit all seinen Gerüchten und Vermutungen darzustellen und das entstandene Bild im überraschenden Schluss wahr werden zu lassen, indem sich die Figur "Kint" selbst als Keyser Soze entpuppt, ob von ihr beabsichtigt oder nicht.

Und um die Frage "Gibt es Keyser Soze wirklich?" geht es im gesamten Film, um diesen Zwiespalt "Mythos - Wahrheit". Insofern ist der Film höchst konsistent.

Inhaltlich ist der Film außergewöhnlich. Kevin Spacey zeigt überdies sehr gute schauspielerische Leistugnen. Die Machart, Zusammenstellung und Gestaltung gefällt mir auch, könnte aber noch etwas täuschender auf das Publikum wirken, damit wirklich erst am Ende der Aha-Effekt eintritt (Das meine ich nach zweimaligem Sehen).

Fazit: Unbedingt sehenswert!

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Ein weiterer guter Film mit Wendung, der hier noch nicht erwähnt wurde, und ein paar Jahre früher erschien, ist "Tod im Spiegel". Auch eine Empfehlung für die kommenden Regentage!

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