Saltburn

Land
Jahr
2023
Laufzeit
131 min
Genre
Release Date
Streaming
Bewertung
7
7/10
von Matthias Kastl / 19. Dezember 2023

Mit ihrem Spielfilmdebüt “Promising Young Woman“ sorgte die Regisseurin Emerald Fennell 2020 für Aufsehen und schnappte sich mit dem von ihr geschriebenen Originaldrehbuch gleich ihren ersten Oscar. Für ordentlich Gesprächsstoff dürfte nun auch ihr zweiter Film “Saltburn“ sorgen, mit dem sich Amazon Prime ein über weite Strecken atmosphärisch dichtes und unterhaltsames Stückchen Arthouse ins Portfolio holt. Das allerdings, ähnlich wie Fennells Erstling, inhaltlich nicht immer ganz ruckelfrei daherkommt und sich mit manchen seiner Ideen auch hier und da selbst ein Bein stellt.  

Gar kein Bein auf den Boden bringt auf jeden Fall der junge Student Oliver Quick (Barry Keoghan, “The Banshees of Inisherin“, “Dunkirk“), dessen einfache Herkunft ihn an der Eliteuniversität Oxford schnell zu einem Außenseiter werden lässt. Das Blatt scheint sich aber zu wenden, als sich Oliver ausgerechnet mit dem adligen Vorzeigestudent und Frauenschwarm Felix (Jacob Elordi) anfreundet. Nach dem Tod von Olivers Vater möchte Felix Oliver etwas Gutes tun und lädt ihn in den Sommerferien zu sich und seiner betuchten Familie auf das pompöse Familienwesen Saltburn ein. Sowohl Felix Eltern Lady Elspeth (Rosamund Pike, “I care a lot“, “Jack Reacher“) und Sir James (Richard E. Grant, “L.A. Story“, “Der kleine Vampir“) als auch die restlichen Bewohner sind zwar an Exzentrik kaum zu überbieten, scheinen den so “herrlich einfach“ wirkenden Gast aber schnell ins Herz zu schließen. Doch irgendetwas brodelt hier unter der Oberfläche und schon bald stellt sich die Frage, wer hier eigentlich mit wem so seine Spielchen treibt.


Carey Mulligans Rachefeldzug in “Promising Young Woman“ kam damals ja in Sachen Story erfrischend unberechenbar daher und über weite Strecken lässt sich dies auch über “Saltburn“ sagen. Dabei ist es sicher kein Spoiler zu verraten, dass unser guter Oliver natürlich mehr zu bieten hat als hier nur den vom Reichtum beeindruckten Naivling zu geben. Barry Keoghan ist schließlich wie gemacht für Rollen, die eine Mischung aus bravem Schuljungen und irgendwie unheimlichem Creep erfordern und er erledigt den Job hier auch gewohnt souverän. Auf der anderen Seite steht ihm aber ein nicht minder undurchschaubares Figurenensemble gegenüber, von denen viele entweder überdreht, völlig kaputt oder beides sind – und damit schon per se natürlich ebenfalls völlig unberechenbar. Dieses knisternde Szenario nutzt der Film geschickt um die Spannungsschraube stets schön fest angezogen zu lassen, während er gleichzeitig Oliver Schritt für Schritt neue Allianzen im Haus schmieden und ihn so an Macht gewinnen lässt.  

Geschildert wird das mit vielen bitterbösen Seitenhieben auf die völlig weltfremd dahinvegetierende Adelsfamilie, bei der vor allem deren “kreative“ Freizeitgestaltung (und Freizeit haben sie wirklich genug) immer wieder Anlass für herrlich skurril-befremdliche Momente bietet. Hier tobt sich der Film gerade atmosphärisch voll aus, wenn unsere Truppe einen spontanen Hippie-Nachmittag einlegt, gruselige Karaoke-Abende organisiert oder völlig abgedrehte Geburtstagsparties schmeißt. Dieser wilde Mix ist dank tollem Setdesign, gelungenem Soundtrack und schwungvoller Inszenierung einfach verdammt unterhaltsam und abwechslungsreich – Langeweile kommt hier in Saltburn definitiv nie auf. Und gerade visuell entfacht der Film eine ziemliche Sogwirkung, auch wenn es angesichts manch toller Sets fast ein bisschen schade ist, dass man sich für die Darstellung im 4:3 Format entschieden hat – auch wenn das zum surrealen Feeling des Films natürlich beiträgt.  
 


So großartig die Atmosphäre auch gelungen ist, die ein klein wenig an manche Werke der Regiekollegen David Lynch und Lars von Trier erinnert, inhaltlich fällt das Urteil etwas getrübter aus. Nicht alle Storyideen fruchten und gerade das Bedürfnis hier und da etwas über die Stränge schlagen zu wollen (Stichwort Körperflüssigkeiten) wirkt manchmal zu bemüht irritierend und versprüht schon fast B-Movie-Flair. Gerade die so zentrale Beziehung zwischen Oliver und Felix wirkt teils nicht überzeugend genug ausgebaut, was allerdings auch an dem für die Rolle etwas zu farblos agierenden Jacob Elordi liegt. So bremst sich der Film immer wieder selbst etwas aus, auch wenn es dann meist nicht lange dauert, bis man wieder Fahrt aufnimmt. Hier darf man sich vor allem bei der wundervoll aufspielenden Rosamund Pike bedanken, die spürbar eine Riesenfreude mit ihrer naiv-extravagant angelegten Figur hat. Carey Mulligan wiederum bleibt leider nur ein etwas längerer Cameo-Auftritt vergönnt, bei dem sie eher etwas verschenkt wirkt.

Ebenfalls etwas verschenkt wirkt leider auch das große Finale. Das ist über weite Strecken gerade in Sachen Atmosphäre und Spannung eigentlich meisterhaft umgesetzt, wird dann aber durch eine etwas schlampige Auflösung abgerundet, bei der man meint uns im Detail die vorherigen Ereignisse noch einmal genau aufschlüsseln zu müssen. Für einen Film, der über weite Strecken die Intelligenz und Offenheit des Publikums auf angenehme Weise als gegeben voraussetzt, ist das dann doch etwas enttäuschend. Doch angesichts der tollen Atmosphäre, dem Mut zum Risiko und zahlreichen wirklich gelungenen Szenen zeigt der Daumen am Ende dann natürlich doch deutlich nach oben. Und ich zitiere einfach mal die Abschlussworte meines Kollegen zu “Promising Young Woman“, die auch bei “Saltburn“ ganz gut passen: Nicht frei von Schwächen, aber definitiv einer der interessantesten Filme, die es dieses Jahr zu sehen gibt.

Bilder: Copyright

6
6/10

Kann mich der Kritik eigentlich größtenteils anschließen, wobei ich zum Schluss doch etwas ernüchterter war. Ähnlich wie "Promising Young Woman" wandelt der bis dahin ziemlich clevere Film gegen Ende doch allzu sehr auf Poppfaden und scheint zu bemüht zu sein, dass Publikum mit einer zufriedenstellenden Auflösung zu entlassen.

Da hätte ein bisschen mehr Mut zur Ambivalenz, zum Ungezeigten und zur offenen Frage gut getan. Vielleicht auch ein bisschen mehr Mut dazu, nicht alles in einem wohligen Schauer enden zu lassen. Gerade die Erklärbärszenen ließen mich eher genervt mit den Augen rollen.

Aber die wieder mal fantastische Regiearbeit von Fennell und das extrem starke Spiel von Keoghan machen ihn alles in allem doch sehenswert.

Permalink

6
6/10

Der Film ist leider sehr langweilig und zieht sich wie Kaugummi, die "wilden" Partys und das Leben der Reichen ist halt kein wirklicher Skandal, der Plot unglaublich vorhersehbar.
mint 6/10 ist der Film noch freundlich bewertet.

Permalink

Neuen Kommentar hinzufügen

Der Inhalt dieses Feldes wird nicht öffentlich zugänglich angezeigt.

Klartext

  • Keine HTML-Tags erlaubt.
  • Zeilenumbrüche und Absätze werden automatisch erzeugt.
  • Website- und E-Mail-Adressen werden automatisch in Links umgewandelt.
CAPTCHA
Diese Aufgabe prüft, ob du menschlich bist um Bots zu verhindern.