„Warner Brothers möchte einen vierten „Matrix“-Teil machen. Ja, das dürfen die, wenn sie es wollen, und unsere Aufgabe ist es nun zu überlegen, was die Reihe damals so erfolgreich gemacht hat und was die Leute daran lieben“.
Ein Dialog aus einer Konferenz, die sich so auch in der Realität abgespielt haben könnte, er stammt jedoch tatsächlich aus dem hier zu besprechenden Werk „Matrix Resurrections“. Und zeigt damit den Weg auf, für den sich Regisseurin Lana Wachowski bei der langerwarteten (oder vielleicht doch eher befürchteten?) Rückkehr ins „Matrix“-Universum entschieden hat. Es ist die Meta-Ebene, das selbst-referentielle Bewusstsein sich in der Welt einer fiktionalen Franchise zu bewegen. Was doch ein unerwartet cleverer Schachzug ist, um der schon im Vorfeld aufgekommenen Kritik von der rein materiell orientierten Ausbeutung der Marke entgegenzuwirken. Eine Richtung, die diesen Film von Beginn an ein ganzes Stück interessanter macht als es zu erwarten war und die über weite Strecken sehr gut funktioniert, bevor sich „Matrix Resurrections“ in seiner zweiten Hälfte dann doch noch sehr stark in die Bahnen eines eher konventionellen Action-Films bewegt.
Der erneut von Keanu Reeves verkörperte Thomas Anderson ist in dieser Variante ein zwar sehr erfolgreicher Spieledesigner – schließlich hat er einst die immens populäre „Matrix“-Serie entworfen – der aber zunehmend ausgebrannt wirkt und zudem von wiederkehrenden Visionen heimgesucht wird, die ihm sein Psychiater (Neil Patrick Harris) auch als exakt solche zu erklären versucht. Warum die verheiratete Tiffany (Carrie -Anne Moss) immer wieder seine Aufmerksamkeit auf sich zieht, ist ihm selbst auch nicht so ganz klar, aber irgendeine Verbindung scheint es da zu geben. Aber erst als Morpheus (hier jetzt dargestellt von Yahya Abdul-Mateen II) in sein Leben tritt und ihm das Angebot unterbreitet, die „echte“ Realität hinter seiner scheinbaren Existenz zu erkennen, kehren in Thomas alias „Neo“ mehr als nur ein paar Déjà-vu-Erinnerungen zurück – und Keanu Reeves sieht dann auch endlich nicht mehr aus als wäre er direkt von den Dreharbeiten zum neuen „John Wick“ aufs Set gewechselt.
Natürlich spielt sich hier im Kern eine Geschichte ab, die wir schon kennen, und falls der eine oder andere sich nicht mehr so genau an die Details der Vorgänger erinnert wird ihm sogar noch mit ständig im Hintergrund auf Bildschirmen laufenden Originalausschnitten der alten Filme auf die Sprünge geholfen. Dennoch ist der gewählte Ansatz einfach originell und hält einen zunächst recht gebannt bei der Stange, um zu erfahren worauf das Ganze denn jetzt wohl hinauslaufen wird. Da folgt dann jedoch so nach gut einer Stunde die relative Ernüchterung, denn irgendwann wird schließlich wieder fast nur noch gekämpft, gerannt und mit Pistolen in beiden Händen geschossen. Garniert mit Spezialeffekten und Kamerafahrten, die natürlich nicht mehr so aufregend und revolutionär daherkommen wie einst beim staunende Münder erzeugenden ersten Film der Reihe, die aber doch fast alle sehr gut aussehen und dafür sorgen, dass „Resurrections“ visuell allemal zu überzeugen weiß.
Was die Bilder betrifft fällt vor allem auch auf, wie viel wärmer die Farbtöne diesmal im Vergleich zur doch eher kühlen Ästhetik der Vorgänger ausfallen. Aufgrund einiger Aussagen der Filmemacherin hat das wohl stark mit der Lebenssituation und bewältigten Krisen von Lana Wachowski zu tun, die sich auch deshalb noch einmal in die Welt der ihr persönlich nahestehenden Figuren von Neo und Trinity begeben und diesen quasi eine neue Chance und einen anderen Abschluss verschaffen wollte als es einst mit „Matrix Revolutions“ der Fall war. Das ist gelungen, so gnadenlos mit Krawall und Pseudo-Philosophie überfrachtet wie der ursprüngliche Abschluss der Reihe ist „Resurrections“ definitiv nicht, auch wenn er sich, wie bereits erwähnt, im Verlauf den anscheinend unverhandelbaren Regeln des Action- und Effektkinos doch ein Stück mehr beugt als es aus Sicht des Rezensenten nötig gewesen wäre.
Wobei der nun gewählte Abschluss nicht so konsequent einen Endpunkt darstellt wie es angesichts der Motivation für diesen Film eigentlich wünschenswert gewesen wäre. Weitere Fortsetzungen sind daher möglich, doch es braucht schon Einiges an Fantasie, um sich für diese nun auch noch kreativ reizvolle Entwicklungen vorstellen zu können. Der neue Matrix-Film ist daher keine neue Offenbarung, aber mit der hat wohl auch kaum jemand ernsthaft gerechnet. Er ist aber auch keinesfalls das von Vielen befürchtete komplette Desaster.
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