Die "Rush Hour"-Reihe ist ein Bilderbuchbeispiel dafür, wie man mit einer einzigen guten Idee einen unglaublichen Haufen Kohle machen kann. Ihren Erfolg verdankt die Franchise allein ihrem Grundkonzept: "Asiatischer Kung-Fu-Cop trifft auf plapperndes amerikanisches Großmaul". Das verspricht jede Menge Prügel-Action, eben so viele coole Sprüche und zahllose Gelegenheiten für "Culture Clash"-Gags. Mit Hongkong-Superstar Jackie Chan und dem schrillen Chris Tucker perfekt besetzt, konnte man bei der Umsetzung eigentlich nicht mehr viel falsch machen: Bei so einem Marketing-freundlichen Konzept wird ein Film von allein zum Hit, da braucht's keine gute Story mehr.
Das bestätigte der enorme Erfolg des ersten "Rush Hour", dessen Einspiel-Ergebnis "Rush Hour 2" noch einmal deutlich übertraf. Und wenn man schon über 600 Millionen Dollar eingenommen hat, warum die Kuh nicht noch mal melken? Die Idee für Teil Drei bleibt konsequent der simplen Linie der Reihe treu: Hatte man in Teil Zwei den "Culture Clash" umgekehrt und den Ami mit nach Asien geschickt (um dann doch wieder in die USA zurückzukehren), werden die Cops diesmal gemeinsam mit eine fremden Kultur konfrontiert: Frankreich.
Worum es dabei geht, ist für den Genuss von "Rush Hour 3" im Prinzip unerheblich. In aller Kürze: Lee (Jackie Chan) soll den chinesischen Botschafter Han beschützen, der die Identität des obersten Triaden-Bosses enthüllen will, doch kurz vor seiner Aussage ermordet wird. Die Suche nach den Tätern und dem Geheimnis, dem Han auf die Spur gekommen ist, führt Lee mit seinem anhänglichen Kumpel Carter (Chris Tucker) dann nach Paris.
Warum genau, ist so egal, dass man es am Schluss des Films fast schon wieder vergessen hat. Ist auch besser so, weil der Grund ausgemachter Blödsinn ist: In der Eröffnungsszene erfahren wir, dass der Internationale Gerichtshof, vor dem Han aussagen will, gerade in Los Angeles tagt. Der nächste Tagungsort ist Paris, weshalb dann auch Lee und Carter dorthin reisen. Bei all dem sollte man die allgemein bekannte Tatsache, dass der Internationale Strafgerichtshof seinen festen Sitz in Den Haag hat, am besten ignorieren. Das ist schließlich weder a) vor den Toren Hollywoods noch b) irgendwie glamourös.
So lernt man bei "Rush Hour 3" schon nach wenigen Sekunden sein Gehirn auszuschalten, und für die nächsten 90 Minuten besteht kein Anlass zur Reaktivierung. Alles, was an dem Film in irgendeiner Weise hervorsticht, fällt in den Bereich Action oder Gags. Die Szenen dazwischen, welche die hanebüchene Story des Films erzählen, sind so plump und lieblos ausgeführt, dass man sich durchaus darüber aufregen könnte - aber beim dritten Film nach exakt selbem Muster ist klar, dass es bei "Rush Hour" eben nie um die Geschichte ging, sondern immer nur um das Drumherum. Die erzählerische Sinnlosigkeit mancher Klamauk- und Action-Szenen ist völlig offensichtlich, aber das schert hier erwiesenermaßen weder die Filmemacher, noch ihr Publikum. Da braucht man sich auch als Kritiker nicht mehr scheren.
Aufregen kann man sich entsprechend nicht über die Flachheit von "Rush Hour 3", zumal er zumindest einige wirklich brauchbare Gags beinhaltet. Komisches Highlight ist eine herrliche Verhörszene, in der Carter und Lee einen Dolmetscher benötigen und ihnen eine französisch-sprachige Nonne aushilft.
Was allerdings auch beim dritten Teil - wie schon bei den Vorgängern - durchaus sauer aufstößt, ist der brachiale "Humor" des Amerikaners Carter. Das liegt zum einen an der wie immer überzogenen Darstellung durch Chris Tucker; zum anderen aber vor allem an der Art und Weise, wie diese Figur ihre Mitmenschen behandelt. Carters erste Sprüche in diesem Film gehen auf Kosten eines dicken Mädchens, und mit derselben ignoranten, beleidigenden Respektlosigkeit, mit der Carter in Teil Zwei in Asien wütete, tritt er hier auch den Franzosen gegenüber. Bei der ersten Begegnung mit dem Taxifahrer George (Yvan Attal) hält ihm Carter in Reaktion auf einen anti-amerikanischen Spruch die Pistole an den Kopf und zwingt ihn, die US-Nationalhymne zu singen.
Klar ist das als Gag gemeint, doch durch die Häufigkeit solcher und ähnlicher Szenen hat sich Carter schon in den Vorgänger-Filmen als kultur- und geistloser Chauvinist etabliert. Genau genommen ist das amerikanische Weltmacht-Arroganz in ihrer stumpfsinnigsten Form. Aber naja, man soll bei diesem Film wie gesagt nicht zuviel nachdenken.
Ohnehin kümmert sich "Rush Hour 3" ebenso wenig um seine Figuren wie um seine Geschichte. Lee ist zum Prügeln, Carter zum Sprücheklopfen da, alles andere ist nur Plot-Vehikel oder Chance für weitere Albernheiten. Wenn die beiden Kumpels sich zum Beispiel am "emotionalen" Höhepunkt des Films zerstreiten und getrennte Wege gehen, singt zur folgenden Montage mit bewusst über-klischeehaften Einsamkeits-Bildern Elton John "Sorry seems to be the hardest word".
Sonst fällt vor allem auf, dass Chan und Tucker nicht mehr in Form sind. Chan aufgrund seines Alters, so dass seine Actionszenen auch hier wie in seinen letzten Filmen die Spritzigkeit früherer Tage vermissen lassen, und Tucker aufgrund unübersehbarer Gewichtszunahme, wegen der er in einer Bettszene die Decke immer schön bis über die Brust gezogen hat, um möglichst alle Fettpolster zu kaschieren. Sonst noch bemerkenswert: Der Mini-Gastauftritt von Roman Polanski als ein sehr unangenehmer französischer Polizei-Chef. Was der hier zu suchen hat, ist wirklich eine gute Frage.
Während des Abspanns gibt's dann wieder lustige Outtakes vom Dreh zu sehen, inzwischen ein typisches Merkmal von ideenarmen Fließband-Komödien, die so anscheinend garantieren wollen, dass die Zuschauer lachend aus dem Saal gehen, wenn schon die 90 Minuten davor längst nicht so amüsant waren. Diese Outtakes sind in der Tat auch hier komischer als das meiste, worüber man während des Films lachen konnte (oder sollte), es fällt allerdings auf, das die meisten Witze - auch der Crew - auf die Kosten von Jackie Chan und seinem schlechten Englisch gehen. Der Humor von Detective Carter eben. Das kann komisch sein, aber nur auf eine unschöne Weise.
Auch das sind wohl Gedanken, die man sich nur macht, weil das Gehirn während "Rush Hour 3" sonst nichts zu tun hat. Als entspannende Berieselung und leidliche Unterhaltung zum Abschalten ist der Film sicher gut geeignet. Aber das ist einer der ersten beiden Teile im DVD-Player zuhause auch, denn Neues gibt es hier absolut nichts zu sehen. Kurz und gut: Kinobesuch? Lohnt sich nicht.
Neuen Kommentar hinzufügen