Es ist praktisch unmöglich, über den neuen „Ghostbusters“-Film zu sprechen ohne dabei auch auf die Kontroverse einzugehen, die diesem Neustart der Reihe vorausging. Es gehört zwar im Grunde seit der Existenz des Internets dazu, dass sich schon direkt nach der Ankündigung von Filmprojekten, die auf bekannten Marken oder Figuren basieren, schnell verschiedene Fraktionen von Befürwortern und Gegnern finden, doch was nach der Bekanntgabe des neuen Geisterjäger-Films von Paul Feig über diesen und seine Partner hereinbrach, erreichte noch einmal eine ganz neue Dimension in der Kategorie „virtueller Shitstorm“.
Denn für viele war bereits der Ansatz einer rein weiblichen Besetzung für das Geisterjäger-Team ein unglaublicher Frevel und man beschloss, dass solch ein Konzept doch auf keinen Fall dem Geist der Vorlage gerecht werden könne. Der erste, ziemlich flaue Trailer machte die Sache und die Stimmung nicht besser, nur zaghaft erhielten im Verlauf auch die Stimmen Gehör, die dem Film doch zumindest erst mal eine Chance geben wollten und die darauf verwiesen, dass dieser Regisseur bereits öfter ein recht glückliches Händchen bei der Handhabung weiblicher Charaktere bewiesen hat – allerdings bewegten sich Werke wie „Brautalarm“, „Taffe Mädels“ oder „Spy – Susan Cooper“ halt auch in einem anderen Genre. „Ghostbusters“ ist da, auch aufgrund seines stolzen Budgets, schon eine ganz andere Nummer. Nach Sichtung des fertigen Films gilt es aber festzustellen, dass man sich damit keineswegs verhoben hat, denn auch diese neuen Geisterjäger sind ein kurzweiliges Vergnügen.
Der um ihre Karriere besorgten Physikerin Erin Gilbert (Kristen Wiig) ist es gar nicht recht, als sie durch die Aktivitäten von Abby Yates (Melissa McCarthy) an eine für sie aktuell eher „unseriöse“ Jugendsünde erinnert wird. Gemeinsam hatten die Beiden einst das Paranormale erforscht und Abby ist nach wie vor auf der Suche nach Beweisen für die Existenz von Geistern. Nur widerwillig macht sich Erin daher zusammen mit Abby und deren neuer Mitarbeiterin Jilian (Kate McKinnon) an die Untersuchung eines alten Herrenhauses, in dem es angeblich spuken soll. Doch dort treffen die Drei tatsächlich auf einen Geist, werden von diesem vollgeschleimt und geraten in höchste Euphorie: Die Geister sind real, sie müssen unbedingt gefangen werden und die flugs gegründeten „Ghostbusters“ sind genau die Richtigen dafür. Verstärkt durch die resolute U-Bahn-Angestellte Patty (Leslie Jones) sowie den nur mäßig begabten, aber dafür extrem attraktiv aussehenden Assistenten Kevin (Chris Hemsworth) machen sich die Jägerinnen an die Arbeit, ihre Stadt zu retten…
Wer nicht mit einem gewissen Vorwissen um die geschilderte Kontroverse in diesen Film geht, der wird zu keinem Zeitpunkt auf die Idee kommen, hier einer besonders heiklen Angelegenheit beizuwohnen. Denn diese „Ghostbusters“ sind nichts weiter als eine wirklich nette, durchgehend amüsante Angelegenheit. Der Aufbau und die Einführung der Figuren sind stimmig, die Gags bewegen sich meist auf der Skala von „okay“ bis „gelungen“ und die Effekte sehen ziemlich gut aus (was man angesichts des zur Verfügung stehenden Etats aber natürlich auch erwarten durfte). Wer schon andere Feig/McCarthy-Kooperationen gesehen hat, der weiß was für eine Art Humor ihn hier erwartet, die Dialoge laufen meist nach dem gleichen Muster ab, in dem eine der Beteiligten angesichts der selbstverständlichen Unverfrorenheit ihres Gegenübers schließlich kapituliert und sich der Wortführerin anschließt. Den Anteil des etwas derberen und vor allem den des sonst gerne eingebauten Fäkalhumors haben Feig und seine Co-Autorin Katie Dippold bei dieser eher familienfreundlichen Angelegenheit aber natürlich stark zurückgefahren.
Das Duo McCarthy/Wiig harmoniert wie nicht anders zu erwarten erneut sehr gut, die anderen beiden Damen des Quartetts haben es da schon etwas schwerer, und etwas zu oft werden Patty und Jilian dabei auf ihre offensichtlichen Attribute „laut polternde Proletarierin“ bzw. „Technikfreak mit sozialen Defiziten“ reduziert. Umso ergiebiger ist dagegen der Part der einzig relevanten männlichen Figur in diesem Reigen, denn die gibt Chris „Thor“ Hemsworth ausgiebig Gelegenheit gegen sein maskulines Image anzuspielen. Mit dem mit den einfachsten Tätigkeiten überforderten, z.B. langsam erst telefonieren lernenden Assistenten Kevin, der einzig und allein aufgrund seines Körpers eingestellt wird, treibt man hier die Geschlechterumkehr auf die Spitze und persifliert sehr schön die lange Zeit typische Definition weiblicher Sekretärinnen. Deren Darstellerin aus dem Originalfilm ist hier übrigens ebenso in einem Cameo-Auftritt zu entdecken wie nahezu der gesamte Haupt-Cast des Klassikers. Ja, auch der doch lange Zeit in Sachen „Ghostbusters“-Revival so widerspenstige Bill Murray gibt sich die Ehre, absolviert sogar etwas mehr als nur einen Mini-Auftritt, hinterlässt mit diesem jedoch andererseits auch ein recht großes Fragezeichen, was genau das denn nun sein sollte.
Wie seine Kollegen tritt auch Murray hier nicht in seiner alten Rolle auf, denn wir haben es eben nicht mit einer Fortsetzung zu tun, sondern mit einem Reboot der Reihe, in dem folgerichtig keine Bezüge zu den früheren Geisterjägern hergestellt werden. Was aber nicht bedeutet, dass man den Fans nicht trotzdem jede Menge an Anspielungen und Querverweisen anbietet, von den Nummernschildern bis zu bestimmten Gebäuden gibt es für den Kenner jede Menge zu entdecken. Es ist im Grunde sogar fast schon eine Dosis zu viel an Fanservice, die Feig und Co. hier spendieren, aber das mag dann vielleicht doch dem verständlichen Wunsch geschuldet sein, sich bei der Hardcore-Fraktion zumindest ein wenig beliebter zu machen.
Einen Tick zu lang ist der Film auch geraten und einen wirklich charismatischen Bösewicht hat er leider ebenfalls nicht zu bieten. Aber der „Schlüsselmeister“ war schließlich damals ebenfalls eine recht nervige Figur und wenn man mal ganz ehrlich ist, so war auch „Ghostbusters“ von 1984 ja kein absolutes, unantastbares Meisterwerk. Der Film lebte von einer cleveren Grundidee, dem Gespann Murray/Aykroyd sowie einer seinerzeit ziemlich spektakulären Tricktechnik. Und über die Fortsetzung aus dem Jahr 1989 wollen wir mal lieber ganz den gnädigen Mantel des Schweigens hüllen. So übel steht der 2016er Jahrgang dann also auch im direkten Vergleich nicht da und für irgendeine Art von Häme oder gar Aufruhr besteht überhaupt kein Anlass. Viel Schleim um Nichts also.
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