Ein Film aus Bayern. Soweit nichts Besonderes. Ein Film auf Bayrisch, der in unsere Kinos kommt, ist dann doch schon ein wenig außergewöhnlich. Es gleicht einem waghalsigen Experiment, dem sich Regisseur Marcus H. Rosemüller da verschrieben hat.
"Wer früher stirbt ist länger tot" ist eine träumerisch leichte Sommergeschichte über den verzweifelten Versuch eines kleinen Jungen, unsterblich zu werden. In einem kleinen bayrischen Dorf wächst der elfjährige Sebastian Schneider (Markus Krojer) mit seinem Vater (Fritz Karl) und seinem älteren Bruder auf. Sebastian erfährt, dass seine Mutter bei seiner Geburt gestorben ist. Von Schuldgefühlen geplagt bekommt der kleine Junge nachts grausame Alpträume, in denen er erfährt, dass für einen wie ihn nur ein Platz im Fegefeuer sicher ist. Aus Angst vor dieser Vision versucht Sebastian unsterblich zu werden. Bei einem Besuch seiner Klasse in einem Radiosender realisiert er, dass ihm das nur gelingen kann, wenn er sich der Musik hingibt und Rockstar wird.
Was in diesem Film verwundert ist die Atmosphäre. Zu Beginn erinnert er nämlich äußerst direkt an die deutschen Heimatfilme der 50er Jahre. Die standen nach dem Schrecken des Zweiten Weltkriegs für eine gewisse Sehnsucht nach Vertrautheit und Zusammengehörigkeit. Tradition siegte gegen den Fortschritt und die Menschen besinnten sich wieder mehr zur Natur. Und so sind auch die ersten Minuten von Rosemüllers Werk mit ihren traumhaften Landschaftsaufnahmen Oberbayerns. Manchmal bekommen die Alptraumsequenzen sogar etwas vom Volkstheater. Das ist die eine, die ästhetische Sichtweise auf den Film.
Die andere widmet sich der Geschichte, die sich in der ersten Hälfte einigen Längen und erzählerischen Schwächen hingibt. In der zweiten jedoch erinnert die etwas bizarre Geschichte beizeiten an "Fanny und Alexander" von Ingmar Bergman. Wenn Sebastian einer todkranken Oma ein letztes Mal das Gefühl der Jugend vermittelt oder versucht, seinen Vater nach dem eigenwilligen Deuten sehr vager göttlicher Zeichen zu verkuppeln, erhält der Film die Leichtigkeit und Frechheit der Eskapaden der "Kinder von Bullerbü" von Astrid Lindgren. Reichlich nordische Inspirationsquellen für einen bayrischen Film.
Es ist nicht leicht, hier der schnellen und oft undeutlichen bayrischen Sprache zu folgen. Da werden die hochdeutschen Ohren ganz schön gefordert, wenn nicht streckenweise sogar überfordert. Manch ein Kollege forderte da schon Untertitel, aber die Stärken des Films lauern ohnehin nicht in den Dialogen: "Wer früher stirbt ist länger tot" zeigt äußerst beachtlich, wie wunderbare Bilder über eine schwache Erzählgrundlage triumphieren können.
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