Finale! Durch die ausschließlich wirtschaftlich sinnvolle Zweiteilung der dritten und letzten Buchvorlage hat es nun leider ein Jahr länger gedauert bis die zweifellos stärkste Filmreihe des kleinen Subgenres „Mutige Jugendliche stürzen ein diktatorisches Gesellschaftssystem“ ihren Abschluss findet. Den Hardcore-Fans wird es recht sein und auch für den Rest gibt es nicht wirklich viel zu mäkeln, bewegt sich doch sowohl die inszenatorische als auch die erzählerische Qualität der „Panem“-Serie insgesamt auf erfreulich hohem Niveau. Teil 4 schneidet dabei deshalb wieder einen Hauch besser ab als der direkte Vorgänger, weil die Auflösung des Epos erwartungsgemäß einfach die interessanteren und spannenderen Momente parat hält als der streckenweise doch recht zähe erste „Mockingjay“-Part um die beharrlich zaudernde „Gallionsfigur“ Katniss Everdeen.
Die hat sich zu Beginn von „Mockingjay 2“ langsam hineingefunden in ihre Rolle als „Gesicht des Widerstands“, doch ist der Hauptantrieb von Katniss (Jennifer Lawrence) mittlerweile der Wunsch, den verhassten Präsident Snow (Donald Sutherland) zur Strecke zu bringen, ist dieser doch letztlich der Hauptverantwortliche für den erbarmungswürdigen Zustand, in dem sich der ihr einst so eng verbundene Peeta (Josh Hutcherson) aktuell befindet. Zwar erlebt der mittlerweile auch wieder vereinzelte lichte Momente, doch besteht weiterhin jederzeit die Gefahr, dass der „gehirngewaschene“ Peeta einfach wieder auf seine ehemalige Geliebte losgeht. Umso fragwürdiger wirkt da die Anordnung von Rebellenführerin Alma Coin (Julianne Moore) eben diesen fragilen Peeta gemeinsam mit Katniss an die Front zu schicken, um ihn für die eigene Propaganda einsetzen zu können. Und die mediale Munition für das Volk hat auch sonst weiterhin große Priorität, weshalb man Katniss lieber nur mit einer vermeintlich sicheren Nachhut marschieren lässt und mit ihr vorwiegend schöne Bilder in bereits eroberten Gebieten inszeniert. Doch selbst hier lauern Gefahren und Fallen, die dafür sorgen, dass das Team ständig weiter dezimiert wird. All das verblasst jedoch angesichts der Schrecken, die auf diejenigen warten, die sich schließlich zum Zentrum des Capitols durchschlagen können. Denn dort schlägt die Staatsmacht noch einmal mit all ihrer Brutalität und Grausamkeit zurück – oder steckt hinter der unfassbaren Aktion womöglich doch jemand Anderes?
Eine Geschichte speziell für Kinder und Jugendliche ist die „Panem“-Reihe von Anfang an nie gewesen, doch mit jedem neuen Film wird das Szenario dieser Dystopie noch ein wenig düsterer. Es ist im Prinzip ein reinrassiger Kriegsfilm, der uns im abschließenden Teil präsentiert wird und dazu einer, bei dem es kaum noch möglich ist sich auf eine „gute“ und eine „böse“ Seite festzulegen, da sich die Methoden der beiden Parteien immer weiter annähern. Dass dies vor allem auf die Propaganda mit Bildern und Worten zutrifft war bereits ein zentrales Thema des Vorgängers, hier nun ist auch die Art des Einsatzes von Waffen und anderen Tötungsmaschinen auf Rebellenseite endgültig mehr als fragwürdig. Die Möglichkeit, dass ein neu eingesetztes Regime unter Führung von Alma Coin kaum besser und menschenwürdiger agieren wird als das verhasste alte unter Präsident Snow erscheint mit jedem herbeigeführten „Erfolg“ wahrscheinlicher. Dass ein Blockbuster-Film aus Hollywood dies auch so deutlich zeigt ist allemal anerkennenswert und eben vor allem auch ein sehr realistisches Szenario, wie die reale Historie zeigt.
Die beiden „Mocking Jay“-Filme sind somit auch weit weniger in einer trotz aller Umstände doch irgendwie faszinierenden Fantasy-Welt angesiedelt als es noch zu Beginn der Hungerspiele der Fall war. Was dabei etwas sauer aufstößt ist lediglich die Darstellung des einfachen Volkes, das stets nur passiv agiert und das man halt nur durch geschickte PR-Maßnahmen und Propaganda entweder in die eine oder halt in die andere Richtung lenken kann. Und natürlich die künstliche Streckung der Handlung, die dann halt auch hier vor allem im Mittelteil zu einigen Längen führt, wenn ein ums andere Mal einfach nur gerannt und sich wieder irgendwo versteckt wird.
Größte Trumpfkarte bleibt in diesem Chaos die Figur der Katniss Everdeen, die schließlich nur noch ihren ganz persönlichen Feldzug losgelöst von allen politischen Konzepten bestreitet, was die Identifikation um Einiges einfacher macht. Dabei hilft natürlich auch weiterhin die charismatische Präsenz von Jennifer Lawrence, deren Figur hier deutlich weniger jammernd und hadernd daherkommt, sondern nunmehr entschlossen ihren Weg geht. Was dann auch zu einer Auflösung führt, die zumindest nicht komplett erwart- und vorhersehbar erscheint, so man denn nicht schon die Buchvorlage gelesen hat.
Unter den Mitstreitern bekommt vor allem Josh Hutcherson als Peeta nun wieder deutlich mehr zu tun und darf überzeugend seinen inneren Kampf mit sich selbst austragen. Für den Rivalen Gale (Liam Hemsworth) findet sich dagegen erneut kein befriedigender Weg, ihn effektiv in die Handlung einzubauen, was zu der Erkenntnis führt, dass dieser Charakter im Grunde für die gesamte Reihe auch verzichtbar gewesen wäre. Aufgrund des frühzeitigen Todes von Darsteller Philip Seymour Hoffmann bestand bei der Figur des Plutarch Heavensbee allerdings gar nicht mehr die Möglichkeit, dessen Handlungsstrang wie vorgesehen abzuschließen, und das macht sich diesmal dann auch klar bemerkbar, wenn etwa die finalen Worte des ehemaligen Spielleiters statt von ihm selbst nur noch per Briefmitteilung vorgetragen werden.
Was das Produktionsniveau und die Schauwerte angeht, gab es an der gesamten Reihe noch nie viel zu kritisieren, sondern eher zu loben, dass zumindest der Versuch unternommen wurde, die brutalen Spiele in der Arena als das zu zeigen was sie eben sind – ein menschenverachtendes Spektakel mit lediglich aufgesetztem Glamour-Faktor. So etwas gibt es aber innerhalb des harten Kriegsszenarios von „Mockingjay“ eh nicht mehr zu sehen, die Welt in der diese Geschichte spielt ist zweifellos keine besonders schöne und sie wird auch nicht als solche in Szene gesetzt. Es bleibt am Ende trotzdem das Bedauern, dass man sich auf Produzentenseite leider nicht dazu durchringen konnte es bei drei statt vier Filmen zu belassen. Dann wäre aus der Adaption der „Tribute von Panem“-Bücher eine wirklich runde Sache fast schon nahe der Perfektion geworden. Das, was wir nun bekommen haben, ist aber immer noch sehr gut.
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