Lucy

Originaltitel
Lucy
Land
Jahr
2014
Laufzeit
90 min
Regie
Release Date
Bewertung
8
8/10
von Frank-Michael Helmke / 31. Juli 2014

Niemand in Europa - und eigentlich auch niemand in Hollywood - produziert so konstant leicht verdauliche Action-Ware wie Luc Besson, der sich seit Anfang der "Transporter"-Franchise zusehends darauf spezialisiert hat, seine schnörkellosen Reißer dadurch international vermarktbarer zu machen, indem er die stets (zumindest teilweise) in Frankreich angesiedelten Filme auf Englisch und mit mindestens einem veritablen Hollywood-Star dreht und dafür dann auch gern international renommierte Regisseure anheuert. Das ist mal mehr ("96 Hours"), mal weniger ("3 Days to Kill") erfolgreich. LucySeine jüngste Produktion fällt zwar im Prinzip auch wieder in diese Reihe, dennoch ist "Lucy" in mehrerlei Hinsicht etwas ziemlich Besonderes. Erstens hat Besson hier mal wieder selbst auf dem Regiestuhl Platz genommen, was er in diesem Genre seit seinem Klassiker "Das fünfte Element" nicht mehr getan hat. Zweitens darf "Lucy" jetzt schon als einer der großen Überraschungshits des US-Kinosommers gelten, denn an seinem Startwochenende stach der Film die muskulöse Hollywood-Konkurrenz durch Dwayne Johnson als "Hercules" deutlich aus und spielte satte 40 Millionen Dollar ein. Und drittens hat eine knallige Besson-Action-Produktion wohl selten derart tiefschürfende Momente gehabt wie diese.

Tatsächlich ist es erstaunlich, wieviel Besson in diese verdammt rasanten 90 Minuten steckt, und dabei das Gaspedal von Anfang an konsequent durchdrückt: Es dauert keine drei Minuten, da befindet sich seine unfreiwillige Heldin - die Party-freudige und recht sorglos in Taiwan studierende Amerikanerin Lucy (Scarlett Johansson) - in einer klassischen, aufgeladenen Suspense-Situation: Eben noch von einem Freund dazu genötigt, für ihn einen obskuren Aktenkoffer-mit-unbekanntem-Inhalt-in-Hotel-abliefern-Job zu erledigen, jetzt schon fünf Leichen gesehen und selbst in höchster Todesangst. Wie sich herausstellt, beinhaltet der Koffer die ersten Portionen einer neuen synthetischen Droge, die der höchst skrupellose Gangsterboss Mr. Jang (Min-sik Choi) nun unter anderem mit Lucy als unfreiwilliges, lebendes Drogenversteck nach Europa schmuggeln will. Also bekommt die junge Frau eines der Drogenpakete in ihren Bauch operiert, doch als dieses durch widrige Umstände aufplatzt, erleidet Lucy eine Überdosis, die sehr, sehr, sehr unvorhergesehene Auswirkungen hat....

LucyDamit man auch versteht, was nun ungefähr mit Lucy abgeht, hat sich Besson noch einen anderen namhaften Star gegönnt und bedient sich der Seriösität und Gravitas von Morgan Freeman (eigentlich immer eine gute Investition), der als Wissenschaftler Professor Norman in Zwischenschnitten einen Vortrag über die hypothetischen Fähigkeiten hält, die der Mensch entwickeln könnte, wenn er die theoretische Leistungsfähigkeit seines Gehirns voll ausschöpfen würde. "Lucy" ist nicht der erste Film, der sich dem populären wissenschaftlichen Halbwissen widmet, dass wir eigentlich nur zehn Prozent unseres geistigen Potentials nutzen. Doch wohl niemand zuvor ist mit dem Gedankenspiel, was man mit 100 Prozent anstellen könnte, so freudig Amok gelaufen wie es Besson hier tut. 

Das alles ergibt ein Szenario, das in seiner Absurdität sehr schnell ins Lächerliche kippen könnte, und es hängt an einer Person, das zu verhindern: Scarlett Johansson. Die begnadete Aktrice beweist hier beeindruckend, wie zentral gerade ein Actionfilm von einer überzeugenden Schauspielleistung abhängen kann. Denn die Wandlung, die Lucy hier durch macht, ist mehr als enorm: Eben noch ein nur minder intelligentes Party-Girl, jetzt auf einmal eine evolutionäre Atombombe auf zwei Beinen, die gleichsam verwirrt, fasziniert und beängstigt ist von den rasanten Veränderungen ihrer Wahrnehmung, Fähigkeiten und Intelligenz. Johansson hat hier nichts weniger zu spielen als den Wandel einer Frau hin zu Allwissenheit und Unbesiegbarkeit, und es ist mehr als beachtlich wie sie es schafft, dies in ihrem Spiel tatsächlich glaubhaft rüber zu bringen. 

LucyMit Lucys Wandel hin auf eine Bewusstseinsebene weit jenseits von allem, was irgendein anderer Mensch nachvollziehen könnte, verlassen auch ihre Gedanken zusehends die üblichen, profanen menschlichen Sphären, und es wird mehr als einmal ziemlich verkopft und philosophisch, wie man es so in einer Besson-Produktion sicher nicht erwartet hätte. Da das alles aber immer noch eingebettet ist in eine klassisch-simple, atemlose Hatz rund um die ominösen Drogenpäckchen und den rachsüchtigen Mr. Jang mit einer Vielzahl willfähriger Häscher, ist es bis zur nächsten Action-Explosion nicht weit - und damit bis zur nächsten Gedanken-Eskapade von Besson, was für Fähigkeiten die gute Lucy noch so entwickeln könnte, während sie sich mehr und mehr den vollen 100 Prozent ihres geistigen Potentials nähert.

Es ist natürlich kompletter, vollständiger Bullshit, was Besson hier auftischt, und je länger der Film läuft, desto durchgeknallter wird es, was er mit seiner Heldin geschehen lässt. Aber so abstrus es auch sein mag, es macht nichtsdestotrotz sehr viel Spaß, Bessons Gedankenspielen zuzuschauen, und es hat tatsächlich einen enormen Unterhaltungswert. Da erweist es sich sogar als ein kleines bisschen brillant, soviele Ideen in eine derart kurze Laufzeit zu pressen, weil man als Zuschauer gar keine Chance hat, da gedanklich wirklich Schritt zu halten und das alles auf seine Sinnhaftigkeit zu hinterfragen. "Lucy" geht mit den großen Konzepten, mit denen er jongliert, so herrlich unprätentiös zu Werke, dass er einen thematisch ähnlich gelagerten Film wie "Transcendence" gerade dadurch in seiner tatsächlichen Dummheit und Selbstverliebtheit entlarvt, weil er zeigt, dass man fürs Auswalzen solcher Ideen wirklich keine pseudo-gedankenschweren zwei Leinwandstunden braucht.

LucyWas "Lucy" vom Entertainment-Faktor her auch zu einem echten Gewinner macht, ist die Tatsache, dass man wirklich keine Ahnung hat, wie diese Sache enden könnte, denn Besson baut seine Protagonistin zugleich als unbesiegbar und dem Untergang geweiht auf, so dass man bis zu den letzten Minuten gespannt bleibt, wie der Film am Ende aufgelöst wird. Was dort dann präsentiert wird ist ein Bildersturm, den man als größten Schwachpunkt des Films ansehen kann, oder als einen filmisch höchst interessanten Hybriden - es ist ein bisschen wie Kubriks "2001" als Besson-Film. Hat das noch eine tiefere Bedeutung, was ich da sehe? Muss es eine haben? Hauptsache: Es lässt mich nicht gleichgültig.

"Lucy" ist genau betrachtet auch nicht klüger oder besser produziert als die sonstige Konfektionsware aus Bessons Actionschmiede, aber der Film hat in seinem Arsenal so viele höchst wirksame Blendgranaten, dass man sich beim Betrachten durchaus einbilden kann, wenigstens seit der "Matrix" keinen so klugen Actionfilm mehr gesehen zu haben. Nach dem Abspann merkt man dann ziemlich schnell, dass das natürlich Unsinn ist. Aber solange der Film läuft, ist das schon ein ziemlich cooles Gefühl.

Bilder: Copyright

10
10/10

Hab mich auch mehr oder weniger in die Matrix zurück versetzt in dem Film, aber dennoch 10 Augen weil er einem wörtlich vom Hocker haut ;)

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7
7/10

Da geht die Lucy ab...
sprichwörtlich ;-)
Den Streifen mit der Matrix zu vergleichen, ist etwas übertrieben, finde ich.
Der Film war nicht schlecht, sicherlich auch sehr extravagant vom filmischen Stil betrachtet.
Die Action jedoch war nicht das tragende Element des Films, sondern eher die Bildgestaltung.
Das Ende war jedoch leider fast erwartet - denn was passiert, wenn man 100% erreicht, das ist eigentlich fast ... logisch, aus menschlicher Sicht, oder?
Der Film war ein typischer Besson - allerdings von der Bilderflut, der Schrägheit und den Kuriositäten schon fast wie das fünfte Element.

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8
8/10

Guter Action Film mit einer Scarlett Joahnsson, die man in einer solchen Rolle nicht kennt, was sie aber gut gemeistert hat. Tolle Bilder, coole Ideen!

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8
8/10

@ Francesco el Nebuloso
Ich frag mal dumm
ein epileptischer Anfall?
Das passiert nämlich in der Realität, wenn wir 100% unseres Gehirns gleichzeitig nutzen;)

Mal abgesehen von dem Hollywood mythfehlenden Gehirnnutzung, der sich seit Jahrzehnten hält und einfach nicht stimmt, ein sehr netter Film.

Aber irgendwie auch kurzweilig und die Matrix ist eben ein Film der bis auf die Batterie Thematik durchaus möglich wäre. Die philosophischen Fragen bleibt daher nicht reine Phantasie, sondern haben einen Nachhall.(Selbst bei Terminator ist das der Fall, wann ist eine Maschine menschlicher als der mensch selbst und was passiert wenn wir pure Logik auf uns selbst und unser asoziales und ökologisch verwerfliches Verhalten anwenden, sind wir dann nicht wirklich der virus denn der Agent anspricht? oder einfach nur schwach, wie uns skynet wahrnimmt?)

Guter Film, seitdem scarlett schwanger ist, ist sie wohl endgültig vom Markt :(

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@Markus54321
Nein, die 100% meinte ich nicht aus technischer Sicht, sondern aus philosophisch, religiöser Sicht betrachtet ;) - ich will hier nicht zu viel verraten (und Spoiler rufen zu müssen). Aber Anfang und Ende bilden einen geschlossenen Kreis...

P.S.: Scarlett ist schwanger? Aber nicht von mir - verdammt, ich mache was falsch ;-)

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3
3/10

Puh,
das war für mich der schlechteste Film, den ich dieses Jahr gesehen habe.
"Es ist natürlich kompletter, vollständiger Bullshit": Mehr muss man zum Film nicht sagen - hätte ich mir die Kritik mal vorher durchgelesen...

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9
9/10

Grad aus dem Kino und 9 Augen, da die Digital FX grad zum Ende hin technisch doch etwas arg hinterher hinken. Das ist aber ziemlich egal, denn Besson hat hier mit erfrischend hemdsärmeliger Knackigkeit einen echten Höhepunkt abgeliefert!

Die Rezension oben ist etwas hart, was den "Bullshit" angeht ;-) Klar, Besson macht hier was ihm so durchs Hirn schwirrt, doch das genannte Zusammenspiel zwischen Haupthandlung und Morgan Freeman macht einfach einen wunderbar verdaubaren Guss draus. Da ich nicht spoilern möchte: Der Film überrascht noch mit weitaus mehr, nicht nur wenn man mal genau hinschaut, wie Frau Johansson hier eingesetzt wurde - und das macht die Sache nur noch besser.

Mit vielen klugen Ideen gespickt und einer (wie ich finde) Top Story (weils einfach mal erfrischend anders ist UND funktioniert), meine Empfehlung!

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5
5/10

Der Film selber nutzt selber leider nicht 100% seines Potentials und konnte mich nur bedingt unterhalten. Es ist ein Blendwerk à la Luc Besson, in welchem dem Zuschauer ein recht guter Actionfilm mit vollkommen bescheuertem Biologie-/Evolution-/Physik-Quark irgendwann als philosophisch Tiefgang verkauft wird. Leider Besson bis zum Ende an beiden Erzählsträngen fest, wobei die Action (wie üblich Verfolgungsjagden und Schießereien) irgendwann deplatziert wirken und der Pseudo-Philosophie nochmals ihren Reiz nehmen. Der Reiz beschränkt sich auch nur auf eine ideenreiche Optik, originelle Antworten liefert er hingegen nicht. Fünf Punkte für die Optik und für Scarlett Johansson, die vor allem im ersten Drittel mit ihrem schauspielerischen Können den Film rettet.

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6
6/10

Ich kann die Rezi gut nachvollziehen und habe den Film ähnlich wahrgenommen. Allerdings finde ich 8 Augen etwas übertrieben, selbst für einen deklarierten "Bullshit". Das ist er ohne Zweifel, was anders will er auch nicht sein und das ist auch völlig OK so. Meiner Meinung nach hat der Film aber viel Potenzial verschenkt. So ist dann auch die erste Hälfte des Films wirklich vielversprechend und macht Lust auf mehr. Leider verzettelt er sich immer mehr und schiesst am Ende weit über das Ziel hinaus. Hier wäre weniger mehr gewesen. Zudem wirken die Special Effects gegen Ende eher unfreiwillig komisch und manche Nebenrollen ebenso. So sind dann gerade die eher einfach gehaltenen Szenen visuell einprägender als die von Effects dominierten Passagen. Da waren die Macher etwas übermotiviert...

Für ein bisschen Popcorn-Spass absolut brauchbar, nicht mehr und nicht weniger. Das verschenkte Potenzial rund um die Story finde ich ärgerlich. Schliesslich hätte man schlichtweg mehr mit dem Duo Freeman/Johansson machen müssen. Man freut sich den ganzen Film auf gemeinsame Szenen der beiden, wird dann aber eher enttäuscht finde ich. Und dann ist der Film plötzlich zu Ende. Ich hätte mir 20 Minuten mehr Laufzeit gewünscht um mehr vom Zusammenspiel der beiden Hauptdarsteller zu sehen, dafür einen nicht so überladenen Showdown.

Hingegen fand ich den Bösewicht (Oldboy!) eine hervorragende Wahl! Wiedermal ein Schurke der wirklich furchteinflössend ist!

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10
10/10

Beim zweiten Mal gucken ist der Film mindestens genauso gut, wenn nicht besser als beim Ersten! Soeben hat der Film es mindestens in meine Top 20 geschafft, wenn nicht sogar Top 10 (mit über 40 Lenzen hat sich da viel Konkurrenz aufgebaut).

Bessons Ideen sind einfach grandios und genauso umgesetzt, und das, vereint mit der Mischung aus der Sci-Fi Handlung, dem konsequenten Verzicht auf alles Überflüssige und dem Action-Setting (mit einem Oberschurken, der verdächtig an einen asiatische Fassung von Gary Oldman in "Leon-der Profi" erinnert, großartig besetzt!), macht einen der besten Filme der letzten Jahre daraus. Unterm Strich hat der Film wirklich eine Aussage, die sich in dem ein oder anderen eingestreuten Satz deutlich manifestiert.

Über die bereits erwähnten, nur zeitweisen Schwächen der CGI kann man getrost hinweg sehen. Hier zählen die Ideen und die Umsetzung und ich hätte nicht gedacht, dass dieser Film mich beim zweiten Mal genauso flashen kann wie zuvor. Wenn Besson vielleicht nur noch auf dem Regiestuhl Platz nimmt, wenn er wirklich eine Perle in den Händen glaubt - er hatte das richtige Gespür.

Hoffentlich hat er das noch öfter.

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6
6/10

Mit 8 Augen hier definitiv klar überbewertet. Ein nettes kleines Filmchen mit sehenswerten optischen Gimmicks, vor allem in der ersten Hälfte spannend und atmosphärisch extrem dicht. Mit ganz ganz viel Luc Besson (Action + Kameraführung) und zum Ende hin leider auch ganz ganz wenig Substanz, was bei der knackig kurzen Laufzeit auch nicht wirklich verwundert. Hervorzuheben ist besonders Scarlett Johansson und die interessante Thematik mit wilden Thesen und haarsträubenden Spekulationen. Am Schluss verpufft Besson's Streifen aber irgendwie. Es bleibt nichts als heisse Luft übrig ...

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9
9/10

vorsicht, dezente Spoiler:

Sehr LSD-ig der Film, inklusive Entfernung von Kulturfilter, realere Wahrnehmung, wunderhübsche gesättigte Bilder, Dissoziation bis hin zur Selbst/Ichauflösung, vebesserte Körperkontrolle, Aufarbeitung von Verdrängten Erinnerungen und Traumata, die Wahrnehmung der Umwelt als wäre sie Teil der fühlenden Person (Entgrenzung) und einiges mehr, was mir gerade nicht einfällt.

Einige Fähigkeiten die sie erlangt sind mir dann aber zu weit hergeholt/unrealistisch. Die Mafiatypen sind mir zu irrational/energisch und hier und da wird es dezent albern. Aber trotz allem ein sehr gelungener Film. 9/10

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2
2/10

Hahahaha waaaas für ein totaler schwachsinn.

Diesen quatsch auch nur eine sekunde mit matrix zu vergleichen ist ein Affont.

Ich mein klar, mit matrix 3 vielleicht dann passts wieder aber soo einen unsinn hab ich noch nie gesehen. Das toppt ja den hobbit3.

Wobei ich zugeben muss besson ist wirklich gelungen, dass ich mein eigenes gehirn deutlicher gespürt habe. Das tat nämlich die ganze zeit weh während der film lief.

Den film kann man sich ja nur antun wenn man grad selber auf drogen ist.

Am schlimmsten waren dazu noch diese absolut pseudo scientology ähnlichen wissenschaftsfetzen die freeman einstreute sonst hätte man das ganze vielleicht noch als satire betrachten können.

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