Side Effects

Originaltitel
Side Effects
Land
Jahr
2013
Laufzeit
106 min
Genre
Release Date
Bewertung
8
8/10
von Frank-Michael Helmke / 4. März 2013

Steven Soderbergh hat in seiner Karriere nicht immer Volltreffer gelandet, aber er war zumindest immer für eine Überraschung gut, und zudem seit seinem legendären Triple-Schlag - als er innerhalb eines Jahres Julia Roberts zu einem Oscar verhalf ("Erin Brockovich"), sich selbst einen als Regisseur verdiente ("Traffic") und eine arschcoole, stilprägende Ganoven-Franchise ins Leben rief ("Ocean's Eleven") - immens fleißig. Side EffectsSeit über einem Jahrzehnt haute Soderbergh jedes Jahr mindestens einen Film raus. Da kann man schon verstehen, wenn er langsam etwas müde wird. Jüngst verkündete Soderbergh seinen (zumindest zeitweiligen) Abschied vom Filmgeschäft, um sich der entspannteren Malerei zu widmen. Wenn man sich Soderberghs vorerst letzten Film ansieht, ist dieser Abschied wirklich bedauerlich. Aber immerhin verabschiedet er sich mit einem definitiven Highlight in seiner wechselvollen Filmografie. Denn "Side Effects" ist so dermaßen gut gelungen und schlägt so erfolgreich sehr überraschende Haken, dass man sich kaum traut, viel über ihn zu sagen.

Rooney Mara (die Lisbeth Salander aus der US-Version von "Verblendung") spielt die Hauptrolle als Emily Taylor, eine junge Frau, die jahrelang auf die Rückkehr ihres Ehemanns Martin (Channing Tatum, "Magic Mike", "21 Jump Street") aus dem Gefängnis wartete, nachdem der erfolgreiche Börsianer wegen Insider-Handels verurteilt worden war. Das einstige Vermögen futsch, wollen die beiden zusammen einen Neuanfang schaffen, doch über den legt sich alsbald ein Schatten. Denn Emily leidet an Depressionen, die kaum noch in den Griff zu kriegen sind. Der aufstrebende, renommierte Psychiater Dr. Jonathan Banks (Jude Law) Side Effectsnimmt sich schließlich Emilys an und verschreibt ihr ein neues Antidepressivum in der Hoffnung, Emilys suizidalen Zustand damit endlich lindern zu können. Doch die Medikamente rufen unerwartete Nebenwirkungen hervor und führen zu einem tragischen Ereignis, welches das Leben aller Beteiligten nachhaltig durcheinander bringt....

Mehr als diese schwammige Andeutung wollen wir eigentlich gar nicht sagen zum zentralen Plot-Twist von "Side Effects" und den unerwarteten Wendungen, die er nach sich zieht. Denn dieser Film macht am meisten Spaß und wirkt definitiv am besten, wenn man möglichst nichts darüber weiß, was sich hier jenseits der 35. Minute abspielt. Darum nur so viel: "Side Effects" geht los als ein beklemmendes, nüchtern betrachtetes Drama über die lähmende Ausweglosigkeit einer psychischen Erkrankung und als kritische Auseinandersetzung über die bereitwillige Neigung der amerikanischen Gesellschaft, allzu schnell zu stimmungsaufhellenden Medikamenten zu greifen. Doch dann fängt der Film mit höchst elegant eingefädelten Twists und Wendungen an, inhaltliche Purzelbäume zu schlagen, bei denen der Zuschauer schon bald nicht mehr weiß, wo ihm der Kopf steht. Dass der Film auf halber Strecke seinen Protagonisten wechselt, ist da noch die kleinste darmaturgische Verwirrung. Dass man sich danach auf einmal mitten in einem Justiz-Drama befindet, überrascht noch mehr. Bis "Side Effects" seinen nächsten Haken schlägt und enthüllt, dass man die ganze Zeit tatsächlich noch in einem ganz anderen Genre steckte.

Side EffectsDass all diese Überraschungen so fabelhaft funktionieren, ist zum einen dem exzellent strukturierten Drehbuch von Scott Z. Burns zu verdanken (der für Soderbergh bereits "Der Informant!" und "Contagion" schrieb), der mit kongenial kalkulierter Präzision den Film genau so aufbaut, dass man sich als Zuschauer absolut sicher ist, in was für einer Geschichte man hier steckt - bis einem ein ums andere Mal der Boden unter den Füßen weggezogen wird und man baff auf die Leinwand starrt, wirklich völlig ahnungslos, was als nächstes passieren wird. Ein Film, der das heutzutage noch schafft, verdient sich schon einmal hohe Anerkennung. 

Zum anderen wäre all dies längst nicht so wirkungsvoll ohne Soderberghs bedachte und extrem clevere Inszenierung. In den Händen eines anderen, mehr auf Wirkung und Effekte erpichten Regisseurs hätte "Side Effects" ein sehr anderer, reißerischer Film werden können. Dass Soderbergh in genau diese Falle nicht tappt, macht den Film umso wirkungsvoller. Denn mit seinen kühl komponierten Bildern und der scheinbar gänzlich nüchternen, zurückgenommenen Inszenierung prägt Soderbergh ganz entscheidend die vermeintliche Tonalität der Handlung - Side Effectsund schafft damit überhaupt erst die Grundlage dafür, dass die folgenden Twists das Publikum derart kalt erwischen. Selten hat ein Filmemacher seine Zuschauer so gekonnt und wirkungsvoll im Dunkeln gehalten. Und selten war man als Zuschauer dafür im Nachhinein so dankbar. 

Großes Lob gebührt auch den Darstellern, vor allem den beiden Hauptakteuren Jude Law und - ganz besonders - Rooney Mara. Man kann die Leistung der beiden kaum ausreichend beschreiben, ohne auf die Verwicklungen der Geschichte einzugehen. Darum verzichten wir an dieser Stelle darauf und bleiben bei den passenden Adjektiven:  herausragend, bemerkenswert, und beängstigend gut. 

All die Schwammigkeit in dieser Rezension wird von Ihnen, werter Leser, hoffentlich richtig verstanden: Nämlich als unbedingte Aufforderung, sich diesen Film anzusehen und sich selbst von ihm gehörig den Kopf verdrehen zu lassen. Auch wenn "Side Effects" in den ersten 20 Minuten auf Sie vielleicht langsam, grau und deprimierend wirkt - bitte halten Sie dann noch weitere 20 Minuten durch. Sie werden es nicht bereuen. Versprochen.  

Bilder: Copyright

9
9/10

Sehr guter, sehenswerter Film, der tatsächlich positiv zu überraschen weiß und nach dem man das Kino mit dem befriedigenden Gefühl verlässt, endlich mal wieder einen hochklassigen Suspense-Thriller gesehen zu haben. Denn das ist "Side Effects" mit allem Drum und Dran: Ein Film, der in der ersten halben Stunde nicht einmal preisgibt, welchem Genre er eigentlich zuzuordnen ist. Dafür verantwortlich sind die hervorragende Cast, die nur scheinbar betuliche, in Wirklichkeit beunruhigend statische Inszenierung und allen voran die hochsuggestive Musik, die immer ein wenig unpassend erscheint, aber in ihrer Vieldeutigkeit die Story geradezu chirurgisch akkurat begleitet, ohne sich in den Vordergrund zu drängen. Mit diesen Meriten und den raffinierten Twists ist "Side Effects" Soderberghs bestes Stück Kino seit "Traffic" geworden.

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9
9/10

Sehr gut!
Man kann in dem Film sogar etwas fürs Leben lernen:
Depression ist die Unfähigkeit, sich die Zukunft vorzustellen/die Zukunft zu planen.

Folgerichtig ist wahrscheinlich der Beste Weg aus einer leichten Depression, die Zukunft zu strukturieren und zu planen.

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8
8/10

P.S. - ein Film der letztlich auch auf DVD genossen werden kann, es geht im ganzen mehr um die Figuren und um das Drama als um großartige Schauwerte.
Wahrscheinlich könnte man das ganze sogar als Theaterstück realisieren.

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8
8/10

Perfekte Kinounterhaltung der anspruchsvolleren Art von der ersten bis zur letzten Minute. Mit Drehungen und Wendungen, die einen über die gesamte Länge bei der Stange halten und einem Jude Law, der schauspielerisch überzeugt. Damit war er mir bisher nicht gerade aufgefallen. Stand sonst bei anderen Werken an denen er mitwirkte eher dekorativ in der Gegend rum. Absolut überragend aber Rooney Mara. Fulminant. Bin gespannt, wo sie demnächst noch zu sehen sein wird. Definitiv einer von Steven Soderberghs stärkeren Filmen.

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8
8/10

Die oben stehende Spoilerei-"Rezension" habe ich zum Glück vor dem Gang ins Kino nicht gelesen.

Dieser Film ist sehr vielschichtig, und damit ist es ein bisschen so, als würde man viele Filme gleichzeitig sehen. Einer davon ist eine Anklage der heutigen USA, die nur noch aus Geld, Gier, Betrug, Oberflächlichkeit, gewalterzeugenden Psychopharmaka, Karriere, Knastindustrie, Verlogenheit und Korruption bestehen. Andere Linien haben eher konservative Motive und Klischees. Jedem ist dabei selbst überlassen, worauf er sein Augenmerk legt, und für welche Deutungen er sich entscheidet. Damit erinnert er mich ein bisschen an "Adaptation", "Brick" oder "Der Richter und sein Henker". Den Film zu wörtlich zu nehmen ist jedensfalls nach meiner Ansicht nach ein deutlicher Fehler.

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8
8/10

Nach dem überaus schwachen "Contagion" und der schrecklichen "Oceans"-Franchise endlich wieder ein Soderbergh in der Qualität von "Traffic", samt typisch suggestiver Sounduntermalung. Viele Probleme, wie die Macht der Pharmalobbyisten, der Mißbrauch der Medien, die Fließbandjustiz und die Willkür von Ärzten werden in einem wendungsreichen Mix aus Drama und Thriller verarbeitet und wissen grandios zu unterhalten. Ein durch und durch gelungener Film.

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