"Ocean's Eleven" ist eine Art Remake. So weit so gut. Nur dass das Original die wenigsten kennen dürften, zurecht übrigens, denn dieses Starvehikel rund um das legendäre "Rat Pack" (Frank Sinatra, Dean Martin, Sammy Davis Junior und Kumpane) dürfte kaum jemandem in Erinnerung bleiben. Im besten Fall bleibt der Film für den Spaß in Erinnerung, den das "Rat Pack" gehabt haben muss, wenn sie denn zwischen Zocken, Saufen und Herumhuren mal in der Verfassung waren bzw. Lust hatten, ihre Szenen zu drehen, im schlechtesten Fall für Dean Martins geschmacklose grellorange Pullover. Warum also dreht Steven Soderbergh, nach "Erin Brockovich" und "Traffic" momentan the man unter den Hollywoodregisseuren jetzt ein (sehr freies) Remake dieser Kuriosität, ein luftig-leichtes Gangsterabenteuer?
Ganz einfach, weil er Bock drauf hatte. Nach den besagten Filmen hat Soderbergh in Hollywood momentan eine carte blanche und darf so ziemlich machen was er will. Vermutlich könnte er die taiwanesische Gebrauchsanweisung einer Waschmaschine verfilmen und würde trotzdem Geldgeber dafür finden, sowie Stars, die sich darum reißen mit ihm einen Film zu machen. Stars gibt es hier übrigens auch zu Hauf, vor allem weil Soderberghs momentaner Ruf Wunderdinge für Boxoffice und Kritikerlob tun kann. Und weil diejenigen, die mit ihm gearbeitet haben, dies auch gerne wieder tun, u.a. George Clooney, Don Cheadle und Julia Roberts.
George Clooney ist der Star der Show als der gerade aus dem Knast entlassene Danny Ocean, der direkt seinen alten Kumpel Rusty Ryan (Brad Pitt) aufsucht, um mit ihm das ganz große Ding zu planen. Drei Casinos in Las Vegas sollen simultan (durch ihren gemeinsamen Kellertresor) ausgeraubt werden, die Beute sind dann auch wuchtige 150 Millionen. Doch Ocean hat einen ganz bestimmten Grund für seinen Coup. Als Ryan den Besitzer aller drei Casinos, Terry Benedict (Andy Garcia) nebst seiner Freundin sieht, wird ihm einiges klar. "Sag mir, dass es nicht um sie geht" bittet er Ocean, aber natürlich tut es das. Sie, das ist Tess (Julia Roberts), Ocean's Ex-Frau und jetzt mit Benedict liiert. Ocean will alles: Das Geld, die Frau und die Demütigung von Benedict. Sein Plan umfasst eine Reihe von Spezialisten, deren Rekrutierung einen nicht unbeträchtlichen Spaßfaktor des Films ausmacht. Neben Rusty wären da Linus Caldwell (Matt Damon), bester Taschendieb der Stadt, Roscoe "Brasher" Means (Don Cheadle), Sprengstoffexperte mit Cockneyakzent, das sich ständig streitende Brüderpaar Virgil und Turk Malloy (Scott Caan und Casey Affleck), die schnellsten Fluchtfahrer Utahs, Reuben Tischkoff (Elliott Gould), der Finanzier des Coups, Yen (Shaobo Quin), ein chinesischer Akrobat, der halbseidene Croupier Frank (Bernie Mac), der hypernervöse Computerexperte Livingston (Eddie Jemison) und der alternde Betrüger Saul Bloom (Carl Reiner).
Die gute Nachricht dieser bunten Mischung aus Typen ist, dass sie alle eine wichtige Funktion in Oceans Plan haben - im Gegensatz zum Original, wo Sinatra einfach so viele Kumpels einlud, bis man ein dreckiges Dutzend beisammen hatte - und es Spaß macht, zu sehen, wie jeder ein Stück zum Gelingen des Coups beiträgt. Die schlechte Nachricht freilich ist, dass angesichts der Laufzeit die einzelnen Figuren nur eine handvoll Szenen haben, in denen sie glänzen dürfen. Was zumindest im Fall des immer noch sträflich unterbewerteten Cheadle fast eine Schande ist. Und auch bei Terry Benedict hätte man sich eine Spur mehr Substanz gewünscht, zumindest ein wenig mehr gefährliches Blitzen in den Augen. Wenigstens schön, dass 70er Gegenkulturikone Elliott Gould für diesen Film entstaubt wurde und eine gewohnt exzessive Nuschelvorstellung gibt, Brando in ärmer quasi.
Die einzige Figur im Film, der man genug Spielraum ließ um sich wirklich als Charakter zu entfalten, ist die des Daniel Ocean selbst. Dieser Daniel Ocean ist eigentlich nur eine konsequente und gelungene Weiterführung des Clooney-Charakters in "Out of Sight", der charmante Dieb mit Herz, und man spürt, dass sich Clooney in dieser Rolle perfekt zu Hause fühlt. Gleiches kann man leider nicht von der nur als schmückendes Beiwerk auftauchenden Julia Roberts sagen, deren Tess doch eine Spur zu unsympathisch und keifig ausgefallen ist, so dass man sich fragt, warum Ocean sie eigentlich zurück haben will. Dafür liefern sich die beiden in ihren kurzen gemeinsamen Szenen miteinander wunderbare Wortgefechte in bester Screwball-Manier. Auch ein Verdienst des cleveren Drehbuchs von Ted Griffin, das eine Reihe klassischer Zeilen abwirft ("Ted Nugent wants his shirt back!", "I owe you from the thing with the guy in the place").
Das Drehbuch clever, die Umsetzung nicht minder. Bisweilen ein wenig zu clever, wie sich herausstellt. Soderbergh ist nicht in der Lage, etwas Nichtintelligentes darzubieten, aber für eine Gangsterkomödie wie sie dieses heist movie nun mal darstellt, wäre etwas mehr Leichtfüßigkeit vermutlich besser gewesen. Zumal das in "Out of Sight" noch so gut geklappt hat, inklusive der hier doch etwas vermissten Emotionalität. Aber Soderbergh wäre nicht ein Meister seines Fachs, wenn er diese kleineren Manko nicht mit Stil und Grazie ausgleichen könnte. Seine Kameraarbeit (bescheiden unter Pseudonym) ist wie immer ein Genuss, wenngleich deutlich mit seiner Handschrift versehen. Soderberghs Photographie ist nicht edel oder gelackt, sondern hat immer einen realistischen Touch, vielleicht auch ein Grund, warum "Ocean's Eleven" melancholischer und ernster daherkommt, als es vielleicht will. Aber eine Stilübung gehobener Klasse ist das allemal. Wie auch der betont lässige Jazzscore von David Holmes. Und genügend Überraschungen wirft der Film auch ab, um gelungen über die Runden zu kommen.
Eine Übung in Coolness - so könnte man "Ocean's Eleven" umschreiben. Elegant, spaßig und letztendlich recht irrelevant. Eine Gaunerkomödie eben. Die hat man aber schon wesentlich schlechter gesehen. Letztlich kann man das Ganze als kleine Fingerübung zwischendurch würdigen; eine, die durchaus Sinn macht. Seit der Rückkehr von Hollywoods verlorenem Sohn alterniert dieser kommerziellere Ware ("Out of Sight", "Erin Brockovich") mit persönlicheren, ambitionierteren Werken ("The Limey", "Traffic"). Und nach dem wichtigen und unbequemen "Traffic" war es halt mal wieder Zeit für einen kleinen, gelackten Happen zwischendurch. Ein Happen, der sicherlich lecker schmeckt, an den man sich aber auch nicht als rauschendes Festmahl erinnern wird. Freuen wir uns also auf den nächsten Soderbergh (angeblich ein "Sex, Lügen und Video"-Sequel mit - schockschwerenot - Clooney und Roberts) und sind derweil eines gewiss: Brad Pitt ist hier vielleicht so nonchalant wie noch nie und George Clooney ist das Wort Smartass förmlich auf die Stirn tätowiert, aber geschlagen werden sie doch von einem: Onkel Steven ist immer noch der King of Cool.
Originaltitel
Ocean's Eleven
Land
Jahr
2001
Laufzeit
116 min
Regie
Release Date
Bewertung
Bilder: Copyright
Warner Bros.
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