Zurück zu dir

Originaltitel
Return to me
Land
Jahr
2000
Laufzeit
115 min
Regie
Release Date
Bewertung
8
8/10
von Simon Staake / 23. Dezember 2010

„Zurück zu Dir“ könnte alternativ eigentlich „Zurück in die Vergangenheit“ heißen. Dabei gibt es in dem Film keine Zeitreisen oder ähnliches. Vielmehr ist das Gefühl gemeint, das einen beschleicht, wenn gleich im Vorspann Edelcrooner Dean Martin den sentimentalen Titelsong „Return to Me“ zum Besten gibt und man nach den ersten Minuten glaubt, dieser Film könnte aus den 50er Jahren kommen und Doris Day oder Rock Hudson könnten jederzeit ins Bild laufen. All dies könnte passieren, wenn ... ja wenn der männliche Hauptdarsteller nicht so verdammte Ähnlichkeit mit einem gewissen lakonischen FBI-Ermittler hätte, der in einem der interessantesten Serienphänomene der 90er Ufo’s und Monstern hinterher jagte. Frisch von den X-Akten auf die große Leinwand wagt sich also mal wieder David Duchovny. Ausgesucht hat er sich für den nächsten Versuch eine Liebesgeschichte wie sie altmodischer nicht hätte sein können. Gleichzeitig bildet „Zurück zu Dir“ das Regiedebüt von Schauspielerin Bonnie Hunt („Jumanji“, „Jerry Maguire“), die den Film sowohl als Hommage an Hollywoods große Liebeskomödien als auch als Hommage an ihre Heimatstadt Chicago versteht. Beides ist gelungen in einem ungewöhnlich naiven, altmodischen und abgrundtief romantischen Liebesfilm: Bob Rueland (David Duchovny), Architekt in Chicago, trauert um seine Ehefrau Elizabeth (Joely Richards). Vor einem Jahr kam diese bei einem fürchterlichen Autounfall ums Leben. Bob vergräbt sich in Arbeit und auch die Verkupplungsversuche seines Freundes Charles (David Alan Grier) bleiben fruchtlos. Zu tief sitzt die Trauer um seine große Liebe. Aber gerade bei einem jener gezwungenen Verkupplungsabende à la ‚Dies ist mein Freund und er ist zufällig solo’ landet Bob in „O’Reilly’s Italian Restaurant“, dem besten aber vermutlich auch einzigen irisch-italienischem (!) Restaurant Chicagos. Dort trifft er auf die hier kellnernde Grace (Minnie Driver). Zwischen beiden bahnen sich zarte Bande an. Für beide ist es eine vorsichtige Annäherung: Während Bob immer noch von seiner Trauer und der Erinnerung an seine Frau eingeholt wird, ist es für Grace die erste Romanze überhaupt. Seit ihrer Kindheit hat die junge Frau aufgrund eines schweren Herzleidens abgeschottet gelebt und kann nach einer Herztransplantation zum ersten Mal ins Leben hinaustreten. Behutsam nähern sich die beiden emotional sowie körperlich Vernarbten an. Interessiert beobachtet wird dies von der Seniorenclique aus dem „O’ Reilly’s“: Graces irischer Opa Marty (Carrol O’ Connor), ihr italienischer Onkel Angelo (Robert Loggia) sowie Emmett, Wally und Sophie, der senior lonely hearts club aus der Nachbarschaft. Außerdem gibt es da noch Graces beste Freundin Megan (Bonnie Hunt), die sich neben ihrer Freundin vor allem um ihre fünfköpfige Kinderschar sowie das inoffizielle sechste Kind, ihren Proleten-Gatten Joe (James Belushi) kümmern muss.
Aber die größte Bewährungsprobe steht dem gerade gefundenen Glück noch bevor. Denn die spezielle Bindung zwischen Bob und Grace enthält eine makabre, vielleicht aber auch im wahrsten Sinne des Wortes schicksalhafte Komponente: Was passiert, wenn Bob herausfindet, dass in der Brust seiner neuen Geliebten Grace das Herz seiner betrauerten Ehefrau schlägt? Kann man eigentlich einem Film der ob unserer so zynischen Gegenwart beinahe peinlich naiv, unschuldig und optimistisch ist, diese Dinge zum Vorwurf machen? In diesem Falle nein. Denn wenn das Ergebnis so rührend, witzig und schön anzusehen ist wie in „Zurück zu Dir“ muss man den Zynismus einfach mal in der Tasche stecken lassen und sich freuen, dass es noch möglich ist, sich von einer einfachen und altmodischen Geschichte bezaubern lassen. Natürlich werden da die Spötter sagen: Das ist aber alles viel zu schön, um wahr zu sein. Und recht haben sie: Das malerische Restaurant, die Eskapaden der rüstigen Rentnertruppe, der Schlussakt in der Stadt der Liebe, Rom – all das sind Dinge, die uns natürlich eine Welt vorgaukeln, in der es so viel schöner und harmonischer zugeht als im wirklichen Leben. Diesen Realitätsanspruch erhebt „Zurück zu Dir“ aber auch gar nicht. Es ist ein Hollywoodmärchen im wahrsten Sinne, dass den Zuschauern all das gibt, was diese von einem Märchen erwarten. Dass dies immer noch und gerade in den konfusen modern times noch genauso funktioniert, beweisen andere Filme. Was waren denn „Pretty Woman“ oder auch „Titanic“ (wenngleich man hier auf das „Und sie lebten glücklich...“ verzichtete) denn schon anderes als moderne Aschenbrödelgeschichten; moderne Varianten von Geschichten, die Generationen vorher geliebt haben und die wahrscheinlich Generationen später in abgewandelter Form lieben werden. Bonnie Hunt bringt uns also das Märchen der großen wahren Liebe. Und was für ein schönes Märchen es ist.  Alles richtig gemacht hat Bonnie Hunt vor allem bei den Darstellern. David Duchovny ist zwar kein Robert De Niro, aber er wird hier seinen Möglichkeiten entsprechend eingesetzt. Duchovny hat einfach nicht die Leinwandpräsenz, um einen Film alleine zu tragen (siehe das „Playing God“-Fiasko, das nur auf seinen damals brandheißen Namen auf dem Plakat setzte). Interagiert er jedoch mit anderen, teilweise sogar stärkeren Schauspielern, so kann er passabel zwischen Tragik und Komik wechseln und die ein oder andere hölzerne Darstellung vergessen machen. Die süße Minnie Driver zeigt hier vor allem komisches Talent und es sollte auch in nächster Zeit durchaus mit ihr zu rechnen sein. Hey, wenn unser toughes Schnuckelchen Angelina Jolie es bis zum Oscar geschafft hat....
Das wichtigste für das Gelingen dieses Films ist jedoch die Chemie zwischen den Hauptdarstellern und die stimmt hier hervorragend. Man will als Zuschauer, dass die beiden einander bekommen und wird denn folgerichtig auch damit beliefert. Die angenehmste Überraschung in den Nebenrollen ist – neben dem sichtlich mit großem Spaß agierenden Seniorenquintett – James Belushi. Seine Vorstellung des käppitragenden, fluchenden Durchschnittsamerikaners, der stolz seinen Bierbauch als Symbol vor sich her trägt, macht wirklich Spaß. Mit Bonnie Hunt selbst steht ihm als Ehefrau eine Partnerin gegenüber, die für derart Rollen gemacht ist. In „Jerry Maguire“ war sie die kluge Schwester, hier ist sie die kluge beste Freundin. Smart casting, Bonnie. Insgesamt betrachtet hat “Zurück zu Dir” alles, was dieser Film braucht. Die Trauerszenen nach dem Tod von Bobs Frau sind wirklich ergreifend (etwa wenn ihr gemeinsamer Hund noch Monate später an der Tür auf Frauchen wartet und Duchovny zwischen Schmerz und Frustration dem Tier zu erklären versucht, dass Frauchen gar nicht mehr kommt), die vielen humorvollen Einlagen wirklich komisch (Megan: „Hast Du Dir deine Beine rasiert? Gott, sag mir nicht, du hast Dir die Beine rasiert. Wenn eine Frau sich für ein Date die Beine rasiert, ist das ein eindeutiges Zeichen, dass sie zu weit gehen will!“) und die Darstellungen des wirklich guten Ensembles runden diese Gourmetplatte für alle Träumer und hoffnungslosen Romantiker ab. Auch wenn diesem Film vermutlich weder der ganz große Erfolg noch eine Art Kultstatus beschert sein wird: „Zurück zu Dir“ ist das „Schlaflos in Seattle“ der neuen Dekade.


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