Verlorene Liebesmüh'

Originaltitel
Love's labour's lost
Jahr
1999
Laufzeit
89 min
Genre
Release Date
Bewertung
7
7/10
von Nadja Raweh / 23. Dezember 2010

Shakespeare is swinging! Was sagt man dazu? Toll, sagt man dazu, wenn’s funktioniert. Im Fall von „Verlorene Liebesmüh’“ funktioniert es fast reibungslos. Warum auch nicht? Entertainment bleibt schließlich Entertainment – ob zu Shakespeares oder Gershwins Zeiten.
Kenneth Branagh versetzt seine stark gestutzte Version der Liebeskomödie aus dem endenden 16. Jahrhundert einfach in das Jahr 1939. Als hätten wir Nachrichten nie anders gesehen, wird mit Hilfe von Schwarz/Weiß-Wochenschaubildern auf wundersame Weise das alte 40er Jahre Kintopp-Flair um uns herum herauf beschworen. So ist der Zuschauer plötzlich mittendrin im Europa, dass sich einerseits vor einem neuen Weltkrieg fürchtet und andererseits über die neuesten Schlagzeilen vom Hof des jungen Königs von Navarra (Alessandro Nivola) tratscht. Dieser hat soeben einen Eid geschworen, samt seiner hochmotivierten und enthusiastischen (allerdings auch etwas kurzsichtigen und naiven) Getreuen Biron (Kenneth Branagh), Longaville (Matthew Lillard) und Dumain (Adrian Lester), sich für drei Jahre der Welt zu entziehen und nur dem Studium zu widmen. Leider verlangt das Gelübde von den Studenten neben geistiger Anstrengung auch noch körperliche Askese. Aber das wäre kein Shakespeare, wenn an dieser Stelle nicht vier wunderschöne Frauen auftauchen würden, die den eisernen Willen der jungen Männer mit ein bisschen Charme und Hinternwackeln brechen. Doch als die Prinzessin von Frankreich (Alicia Silverstone) mit ihren Begleiterinnen Rosaline (Natascha McElhone), Maria (Carmen Ejogo) und Katherine (Emily Mortimer) in diplomatischer Mission an den Hof von Navarra kommt, verfrachtet man sie kurzerhand in ein Zeltlager vor dem königlichen Schloss – in der Hoffnung, so nicht in Versuchung zu geraten. Nun ja, der Zuschauer ahnt es schon: so kühl der Empfang auch war, so süß sind doch die Früchte vor ihnen, und vergessen ist der Eid.
Selbst die kleinen Bürger von Navarra können sich diesem Gefühlsstrudel nicht mehr entziehen. Obwohl auch er Enthaltsamkeit üben soll, schwebt der spanische Adlige Don Adriano de Armado (Timothy Spall) längst auf Wolke Sieben. Einer der bezauberndsten Momente des Films ist, wenn Don Adriano in seinem Englisch mit spanischem Akzent „I get a kick out of you“ singt. Da denkt das Herz nur noch: Zugabe! Selbst Variété-Clown Costard (Nathan Lane) ist, schneller als er seine Pennies zählen kann, zum courier d’amour für die Verliebten geworden.
Damit entwickelt sich ein shakespearescher Liebesreigen mit all den Irrungen, Wirrungen und Fallen für die Opfer, wie es uns gefällt ...

Dieser Film ist bunt und spritzig wie eine 30/40er Jahre Revue. Dennoch fehlt ihm in manchen etwas langatmigen Szenen die Leichtigkeit von Branagh’s „Viel Lärm um Nichts“. Es gibt andere Augenblicke, in denen vor allem die Songs diese wundervolle Leichtigkeit und romantische Stimmung erzeugen. Zum Beispiel wenn vier verliebte Männer in der Kuppel eines Studierzimmers schweben und „Cheek to cheek“ singen, dann ist jeder Zuschauer mit ihnen im Himmel. Aber diese Augenblicke vergehen, und alles wird wieder etwas zäh. Vielleicht weil man das Gefühl nicht los wird, dass Kenneth Branagh endgültig zu alt ist für die Rolle als junger Student, oder Gene Kelly doch irgendwie geschmeidiger tanzte. Und kommen einem die Esther Williams-Schwimmszene und der Casablanca-Abschied nicht sehr bekannt vor? So versucht der Film mit Darstellern und Szenerien etwas zu sein, was es einmal gab und was man nur noch zweitklassig kopieren oder erstklassig parodieren kann. Keines von beidem schafft „Verlorene Liebesmüh’“ wirklich.
Der Zuschauer ist hin und her gerissen – toll finden, nicht toll finden, mit schunkeln oder Stirn runzeln. Aber spätestens wenn ein Song ertönt, ist man wieder glücklich: „Let´s face the music and dance“.
Also, alle die einen leichten, beschwingten und vor allem swingenden Sonntagnachmittag-Film suchen – hier habt ihr ihn gefunden. Den weniger Shakespeare-, dafür aber Swing-Besessenen, sei der Soundtrack wärmstens empfohlen.


Neuen Kommentar hinzufügen

Der Inhalt dieses Feldes wird nicht öffentlich zugänglich angezeigt.

Klartext

  • Keine HTML-Tags erlaubt.
  • Zeilenumbrüche und Absätze werden automatisch erzeugt.
  • Website- und E-Mail-Adressen werden automatisch in Links umgewandelt.
CAPTCHA
Diese Aufgabe prüft, ob du menschlich bist um Bots zu verhindern.