"Untraceable", also schier unauffindbar, ist der Killer im sechsten Kinofilm des Thriller-erprobten Regisseurs Gregory Hoblit ("Das perfekte Verbrechen", "Frequency"). Im Kampf gegen die Internet-Kriminalität gehört FBI-Agentin Jennifer Marsh (Diane Lane) zu den Leitfiguren. Kein Geldbetrüger oder Pädophiler ist vor ihr sicher, kein Trick zu gut, als dass sie ihn nicht durchschauen könnte. Doch dann geht eine Website online (www.killwithme.com - kann man auch selbst besuchen) mit zunächst harmlosem Inhalt. Ein kleines Kätzchen steht im Fokus eines Live-Streams, bald darauf ist es tot. Beim FBI kümmert es zunächst niemanden, es war ja schließlich nur eine Katze. Doch aus einer Katze wird wenige Tage später ein noch lebender Mensch mit kleineren Wunden, dem ein Mittel gegen Blutgerinnung injiziert wird. Das Ganze ist an die Anzahl der Aufrufe der Seite gekoppelt. Heißt: Je mehr Menschen zusehen, desto schneller verblutet und somit stirbt das Opfer. Marsh und ihre Kollegen Dowd (Colin Hanks, Sohn von Tom) und Box (Billy Burke) stehen vor einer gewaltigen Herausforderung. Die Internetseite lässt sich nicht abschalten, der Täter ist nicht auffindbar und die Besucher lassen sich auch nicht davon abhalten, den Tod der Opfer zu beschleunigen, sei es, weil sie es für einen Scherz halten, oder es ihnen schlicht egal ist. Zu allem Übel hat es der Täter auch noch auf Marsh und ihre Familie abgesehen.
Die Grundidee ist nicht übel: ein Mörder, der die Opfer heranschafft, sich final aber nicht die Finger schmutzig macht, sondern es den Usern im Internet überlässt, den Todesstoß zu versetzen. Interessant daran ist vor allem, sich selbst zu hinterfragen. Würde ich die Seite aufrufen, wo das alles doch mehr nach einem Scherz klingt? Und selbst wenn es keiner ist - was ändert schon mein einer Aufruf im Vergleich zu den Millionen anderen, die es sowieso unabhängig von mir geben wird? In "Untraceable" steckt Potential, welches nur leider nicht ausgereizt wird. Der Vergleich mit einer überlangen Folge "CSI" ist hier nicht unberechtigt. Das liegt zum einen daran, dass die Story insgesamt kaum positive Akzente setzt und so auch locker als leicht überdurchschnittliche wöchentliche TV-Routine-Arbeit durchgehen könnte. Wenn Kind und Mutter der Protagonistin zu Beginn eingeführt werden, dann dürfte jedem klar sein, worauf das noch hinausläuft. Und dass eines der Opfer irgendwann vielleicht auch mal einer der ermittelnden Agenten sein könnte, wird man auch frühzeitig in Betracht ziehen. Die drei Autoren folgen streng einer herkömmlichen Dramaturgie, machen das zwar recht souverän, aber halten die Überraschungen dadurch auch auf ein Minimum reduziert. Der andere "CSI"-Faktor ist der, dass sich "Untraceable" auch optisch kaum von einer TV-Produktion abhebt. Natürlich sieht alles ein bisschen teurer und schicker und professioneller aus, und auch die Schauspieler erledigen ihren Job sehr routiniert (ohne dass sich nun einer von ihnen besonders hervorheben würde), doch die Möglichkeiten des Mediums Kino werden auch hier nicht im Ansatz ausgeschöpft. Szenario und Räumlichkeiten wirken sehr klein, die Kamera fängt das Geschehen recht ideenlos ein und am Ende hat man nicht das Gefühl, das Werk eines Kino-erfahrenen, sondern das eines TV-Regisseurs zu sehen. So viel Raum für Experimente und eigenen Stil bietet sich in einer Serie kaum und einen ähnlichen Eindruck gewinnt man auch hier.
Will man das Gegenteil von love it or hate it definieren, so bräuchte man nur "Untraceable" heranziehen. Dieser Film ist abgesehen von seiner zündenden Ausgangsidee so spektakulär unspektakulär, dass sich kaum jemand ernsthaft an ihm stören dürfte, sich aber andererseits wohl auch niemand in ihn verlieben wird. Die Ärgernisse halten sich im vertretbaren Rahmen Genre-üblicher Unglaublichkeiten: Stirnrunzeln ob des üblichen Fach-Chinesisch; Unverständnis darüber, dass sich die Website nicht abschalten lässt, selbst wenn der Server in Russland liegt; Erstaunen über das technische Know-How des Mörders; und blanke Verwunderung über 25 Millionen Seitenaufrufe innerhalb weniger Minuten und zwar lediglich aus den USA. Ebenso selten, wie man hier ernsthaft Grund zum Ärgern bekommt, sieht man sich auch veranlasst, Beifall zu klatschen. Hoblit hat bereits spannendere und aufregendere Filme abgeliefert. Der hier ist - im Gegensatz zu seinem Inhalt - völlig harmlos.
|
Neuen Kommentar hinzufügen