Traumschiff Surprise - Periode 1

Jahr
2004
Laufzeit
87 min
Genre
Release Date
Bewertung
8
8/10
von Frank-Michael Helmke / 14. Juli 2010

 

Wie erfolgreich dieser Film auch immer sein wird: "Traumschiff Surprise - Periode 1" ist bereits vor seinem Start zu einem einzigartigen Phänomen der deutschen Kinolandschaft geworden. Der ebenso unglaubliche wie unerwartete Mega-Erfolg von "Der Schuh des Manitu" vor drei Jahren hatte aus dem kleinen Schelm Michael Bully Herbig im Handumdrehen den neuen Superstar der deutschen Kino- und Comedyszene gemacht, und weil der Bully gar nicht dumm ist und auch weiß, bei wem er sich zu bedanken hat, ließ er ganz basisdemokratisch gleich das Publikum selbst entscheiden, welche Gag-Nummer aus seiner kultigen TV-Show "Bullyparade" als nächstes die Kinoleinwand stürmen sollte. Des Volkes Stimme entschied sich für das Tunten-Trek-Trio vom "Traumschiff Surprise", und weil in der deutschen Filmlandschaft ein bombensicherer Hit so schwer zu finden ist wie ein neuer Nationaltrainer, legte man sich seitens Budget und PR so richtig ins Zeug: Daher kommt nun eine der teuersten nationalen Filmproduktionen aller Zeiten, die mit Teasern und Trailern schon seit über einem halben Jahr Appetit auf das Hauptgericht machte. Und weil die Filmemacher die Unmengen von Interview-Anfragen niemals hätten bewältigen können, veranstaltete man im Frühjahr bereits diverse "Press Junkets" mit Fototermin und Pressekonferenz, um besonders viele Medien gleichzeitig abfrühstücken zu können - und den Rest der Bevölkerung dann mit dem Crossmarketing-Menü bei McDonald's. So etwas passiert sonst eigentlich nur bei Hollywood-Superhits.
Kurz und gut: Selten (oder eigentlich noch nie) hat das Land so sehr einer heimischen Produktion entgegen gefiebert, was nicht nur mehrere Millionen Kinozuschauer garantieren dürfte, sondern auch einen gewissen Erwartungsdruck mit sich bringt. Deutlichstes Zeugnis davon: Obwohl die Dreharbeiten schon vor über einem Jahr abgeschlossen wurden, waren Pressevorführungen erst drei Tage vor Bundesstart möglich - bis zur letzten Sekunde und mit jeder Menge Überstunden hatte man an den Spezialeffekten gefeilt, um den unumstößlichen (weil für den Filmplot selbst bedeutsamen) Starttermin am 22. Juli einhalten zu können.
"Feilen an den Spezialeffekten?" mag sich hier nun manch einer wundern, denn auch das ist eine Sache, die man eigentlich nur von Hollywood-Streifen kennt. Und das ist dann auch die erste Erkenntnis, die sich nach dem recht beeindruckenden Anfang von "Periode 1" einstellt: Was das auf der Leinwand zu sehen ist, dass hat rein visuell tatsächlich internationales Niveau. Womit dann auch bewiesen wäre, dass wir's hierzulande können, wenn wir nur wollen: Wo die computeranimierten Zuschauermassen in "Das Wunder von Bern" als Referenz für hiesige Digital-Schmieden noch mehr als peinlich waren, präsentiert "Periode 1" schon in den ersten Minuten eine "Star Wars"-Parodie, die sich hinterm Original nicht zu verstecken braucht - da steht der Mund dann nicht vor Lachen, sondern erstmal vor Staunen offen.
Gelacht wird im Folgenden natürlich auch, und zwar reichlich. Womit die größte Angst dann auch aus dem Weg geräumt wäre: Weder Erwartungsdruck noch aufwendige Trickserei können den urlustigen Keim von Bully und Konsorten ersticken, und die Abenteuer von Captain Kork, Spuck und Schrotty auf der großen Leinwand stehen dem komödiantischen Meisterstreich des Vorgänger-Films in (fast) nichts nach. Auch hier geht es grenzenlos albern zu, und die Story von "Periode 1" mischt fröhlich parodistische Anleihen sowohl aus "Star Trek" als auch "Star Wars" für möglichst breiten Lacherfolg: Im Jahre 2304 wollen die Bewohner des einstmals von der Erde aus besiedelten Mars ihren Mutterplaneten erobern, und die schon beinahe geglückte Invasion kann nur noch durch eines aufgehalten werden: Eine Zeitreise zurück ins Jahr 2004, um am 22. Juli (wie gesagt, ein Plot-relevantes Startdatum) den ersten außerirdischen Kontakt der Menschheit und damit die Besiedlung des Mars zu verhindern, mit der dieser ganze Schlamassel angefangen hatte (das ist natürlich höherer Blödsinn und macht so gut wie keinen Sinn, aber das ist in diesem Falle wirklich vollends egal). Und weil alle verlässlichen Truppen schon besiegt sind, bleibt als einzige Rettung nur die Crew vom (T)Raumschiff Surprise übrig, die nun also den erhofften Strandurlaub bei der Miss Waikiki-Wahl verschieben muss für eine menschheitsrettende Zeitreise.
Die führt - dank dem etwas unzuverlässigen Reisegefährt (man sollte auch kein Sofa als Zeitmaschine benutzen …) - allerdings erstmal nicht ans gewünschte Ziel, und so entfaltet sich über mehrere Zeitsprünge und Epochen für den Rest des Films eine rasante und bestens unterhaltende Gag-Revue, die nur ganz am Rande so etwas wie einen stringenten Plot besitzt und sich genau genommen auch nicht viel darum schert.
Warum auch: Die Stärken von Bully und seinen kreativen Komik-Kollegen bestehen in aberwitzigen Charakteren und dazu passender, absurder Situationskomik - höherer Blödsinn in Reinkultur, den man eigentlich für strunzdämlich halten würde, wenn er nicht so schlichtweg genial wäre. Und so erweist sich auch "Periode 1" wie sein Vorgänger als das stellenweise brillante Werk eines absoluten Ausnahmetalents der Comedy, denn Michael Bully Herbig ist nicht nur ein begnadeter Komiker, sondern einer der besten Regisseure, die in diesem Lande rumlaufen. Schon bei seinem Regiedebüt, dem ersten Film von "Erkan & Stefan", war Bullys Inszenierung das beste am ganzen Streifen, und hier beweist er erneut sein präzises Gespür für eine Bildsprache, die gerade durch das Anlehnen an den konventionellen Hollywood-Stil genau diesen treffsicher zu parodieren weiß. Da werden Schnitte, Kameraeinstellungen und Soundtrack-Einsätze haargenau nach berühmten Vorbildern orchestriert (offensichtlichstes Beispiel: Die von George Lucas in den "Star Wars"-Filmen massenhaft eingesetzten Sweep-Effekte beim Szenenwechsel) und dabei gleichzeitig durch die gespielte Ernsthaftigkeit ironisch gebrochen und so der Lächerlichkeit preisgegeben: Bully parodiert Hollywood besser, als Hollywood es selber könnte.
Hinzu kommt ein nach wie vor beeindruckender Einfallsreichtum für kleine Gags am Rande, die schon beim "Schuh des Manitu" das Salz in der Suppe waren und zum Mehrfach-Sehen einluden (um auch erst dann die wahre Brillanz des Ganzen ersichtlich zu machen). Wenn im Bildvordergrund gerade Til Schweiger als obercooler Space-Taxifahrer Rock vorfährt, und im Bildhintergrund ein harmlos Gassi gehender Pudel das Wort "Help!" an die Wand pinkelt, dann kann man Bully für seine "Ein Gag geht noch rein"-Philosophie nur dankbar sein - wie bei Comedy-Legenden vom Formate Tex Averys oder der Marx Brothers wird man auch bei Bully dermaßen mit Gags bombardiert, dass man sich alsbald geschlagen geben muss. Da erweist sich eine wirklich gute Komödie dann nicht mehr als ein Film, bei dem immerhin jeder zweite Gag sitzt, sondern als ein Film, bei dem man im Witz-Gewitter nur noch jeden zweiten Gag überhaupt mitbekommt.
Trotzdem ist auch "Periode 1" nicht frei von Makeln und auch nicht durchgehend so brüllend komisch wie erhofft. Die Story kommt über ein zusammen geschraubtes Episodenstück nicht hinaus und wirkt dementsprechend manchmal wie eine Sketchparade mit Spielfilmlänge und Millionenbudget. Auch nicht sonderlich gelungen ist der leider für nötig befundene Romantik-Subplot: Da die drei Hauptcharaktere die Vorzeige-Tucken der Galaxis sind, wird dieser abgeschoben auf Til Schweigers Taxifahrer und die zu rettende Prinzessin Metapha. So wirkt das Liebesgesäusel zum einen mächtig aufgezwungen und leidet zum anderen darunter, dass Til Schweiger immer noch kein guter Schauspieler ist und auch Anja Kling als Metapha im direkten Vergleich mit Marie Bäumers Uschi im "Schuh des Manitu" vom komödiantischen Talent her nur zweite Siegerin bleibt.

Das soll's mit den Negativpunkten aber auch schon gewesen sein, denn schließlich hat man bei "Periode 1" vor lauter Lachen sowieso keine Zeit, um darüber nachzudenken. Stattdessen stellen wir lieber hocherfreut fest, dass Bully seine Feuerprobe bestanden hat, denn der Nachfolger zum großen Durchbruch ist bekanntermaßen immer das schwierigste Werk. "Periode 1" wird den in ihn investierten Erwartungen gerecht, und eine Publikumsresonanz, die auch den einmaligen Produktionsaufwand ausgleicht, ist hoffentlich garantiert. Seine historische Sonderstellung hat er - wie gesagt - ohnehin schon sicher: Deutschlands erster kalkulierter Multimillionen-Blockbuster. Da kann sich wirklich einer als Stolz der nationalen Filmwirtschaft bezeichnen.

P.S.: Im Abspann gibt's natürlich die allseits beliebten Outtakes, wer wirklich alles sehen will, sollte allerdings auch dann noch sitzen bleiben, wenn alle anderen bereits den Kinosaal verlassen haben.

 

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