
Es ist wieder mal an der Zeit. Die Geschichte vom Aufstieg eines talentierten Mädchens zum großen Star, während zeitgleich ihr Entdecker und Förderer den Weg nach ganz unten beschreitet, ist einfach so sehr klassischer Hollywood-Stoff, dass er offenbar jede neue Generation von Filmemachern (oder von gerne auf Nummer sicher gehenden Produzenten) zu einer Neuverfilmung reizt. So war es in den 30er und 50er Jahren mit Janet Gaynor & Judy Garland, so erlebten wir es zuletzt in den 70ern mit Barbra Streisand & Kris Kristoffersen. Die 2018er Version von „A Star is born“ präsentiert uns nun das Paar Bradley Cooper & Lady Gaga, nimmt einige Modernisierungen vor, zeigt sich musikalisch auf der Höhe der Zeit, fügt der bekannten Geschichte aber letztlich nicht wirklich etwas Neues hinzu.
Jackson Maine (Bradley Cooper) ist ein weltbekannter Rockstar und begeistert immer noch die Massen, obwohl seine kreativ große Zeit vorbei zu sein scheint, woran nicht zuletzt sein extremer Alkoholkonsum schuld ist. So ist es für ihn fast ein Ritual nach dem Konzert noch durch die Bars zu tingeln. Bei einem dieser Ausflüge wird er Zeuge wie die im Hauptberuf als Kellnerin arbeitende Ally (Lady Gaga) mit einem französischen Chanson einen charismatischen Auftritt hinlegt. Die beiden schlendern anschließend noch gemeinsam durch die Nacht und am nächsten Tag erhält Ally eine Einladung zu Jacksons Konzert, samt bereit stehendem Chauffeur und Privatjet. Und dann holt er sie während der Show sogar auf die Bühne, um seinem Publikum stolz die Entdeckung zu präsentieren. Der Clip von Allys Performance geht viral und fortan gehört sie zum festen Inventar seiner Tournee, auch privat kommen sich die beiden schnell näher. So ist es nur eine Frage der Zeit bis sich die Produzenten um das große Talent reißen und Allys Solokarriere praktisch zum Selbstgänger wird. Ihre Liebe zu Jackson bleibt dennoch ungebrochen, doch der bekommt seine Alkoholsucht einfach nicht in den Griff, verscherzt es sich mit diversen Weggefährten und taumelt in einer unaufhaltsamen Spirale stetig weiter nach unten.
Wie es der Titel andeutet, liegt der Hauptfokus der Geschichte beim aufblühenden und nicht beim absteigenden Star. So ist es dann auch zuallererst der Film der Lady Gaga, die auch zweifellos die naheliegendste Besetzung für diese Rolle darstellt. Vor ein paar Jahren zum größten weiblichen Popstar überhaupt aufgestiegen sind die ganz großen Hits zwar zuletzt weniger geworden, doch verstand es die Lady von Beginn ihrer Karriere an sich als charismatisches Gesamtkunstwerk in Szene zu setzen, hat sich mittlerweile durch Kooperationen mit Kollegen der unterschiedlichsten Stilrichtungen weiterentwickelt und blieb so stets präsent. Dass sie hervorragend singen und performen kann war von vornherein klar, dass sie die Figur der Ally hier mehr als überzeugend verkörpert sollte aber eigentlich auch niemanden überraschen. Denn vieles von dem was Ally vor allem vor ihrem Durchbruch an Erfahrungen sammeln muss ist auch Frau Gaga nicht fremd, der ebenfalls viele in ihrer natürlichen, ungeschminkten Erscheinung zunächst die Starqualitäten absprachen – ihre vermeintlich zu große Nase ist dann auch im Film ein Thema.
Es wäre durchaus angemessen gewesen wenn die Credits hier eine gewisse Stefani Germanotta nennen würden. Nicht nur weil diverse Elemente von Allys Geschichte eins zu eins dem entsprechen, was deren Darstellerin unter ihrem Geburtsnamen erlebt hat, sondern weil der auch besser zu ihrer natürlichen Darstellung passt, die weit von der mit allerlei Make-Up und Glitter verzierten Kunstfigur Lady Gaga entfernt ist. Allerdings ist das auch der Grund warum man die bereits deutlich vernehmbaren Rufe nach einer zwangsläufigen Oscar-Nominierung etwas relativieren muss. Denn so glaubhaft und eindrucksvoll ihre Performance auch ist, so spielt sie doch im Grunde zu einem gewissen Teil eben lediglich ihre eigene Historie nach und bewegt sich hier durchgehend in der ihr vertrauten Komfortzone des Showbusiness. Bradley Cooper bleibt dabei wenig Anderes übrig als ins zweite Glied zu rücken und seinen Rockstar in unterschiedlichen Stadien der Alkoholisierung zu präsentieren. Es ist jedoch gut möglich, dass dies eine bewusste und gewollte Entscheidung von Bradley Cooper war, der mit diesem Film sein Debüt als Regisseur gibt und sich so natürlich etwas mehr auf diesen zusätzlichen Job konzentrieren konnte.
Dass es heute wesentlich schneller gehen kann mit dem plötzlichen Ruhm, weil dafür bereits ein mit dem Handy gefilmtes und online gestelltes Video sorgen kann, gehört zu den wenigen neuen Elementen mit denen die Geschichte so etwas wie eine leichte Modernisierung erhält. Rätselhaft bleibt jedoch warum der ein wenig klebrige Produzent von Allys Soloalbum diese unbedingt zu einem glattgebügelten Popmäuschen mit radiotauglichem Einheitssound und standardisierter Tanzchoreographie verbiegen möchte. Eine Sängerin, die die Herzen der Massen durch ihre Stimme und Natürlichkeit erreicht würde das heutzutage wohl kaum mit sich machen lassen und ein kluger Produzent das auch gar nicht erst versuchen. Dass er es dennoch tut wirkt daher arg klischeehaft und dieser Handlungsstrang hätte vielleicht nicht unbedingt in die neue Adaption mit übernommen werden müssen. Die „echten“ Songs die wir von Ally auf der Bühne, im Duett mit Cooper oder zum bittersüßen Finale dargeboten bekommen, haben aber allesamt Klasse, dürften bei dem einen oder anderen durchaus Gänsehaut erzeugen und mindestens einen davon werden wir dann wohl tatsächlich bei der nächsten Oscar-Show wiederhören.
Rein handlungstechnisch folgt „A Star is born“ in der 2018er-Variante aber doch sehr strikt den Vorgängern, vor allem der Version mit Barbra Streisand & Kris Kristofferson, handelt die gleichen Stationen der beiden unterschiedlich verlaufenden Reisen in der gleichen Reihenfolge teils Szene für Szene ab. Die Unterschiede bestehen lediglich in der etwas sanfteren Charakterisierung des hier nur gegenüber seinem Manager gewalttätigen Jackson und in einer leichten Abwandlung was dessen finales Schicksal angeht. Mit anderen Worten: Die Geschichte ist bekannt und bleibt genau die gleiche, es schlüpfen nur neue Gesichter in die Rollen der Protagonisten. Der nachgewachsenen Zuschauer-Generation dürfte das jedoch allemal genügen.
Neuen Kommentar hinzufügen