So richtige Lehren hat er aus seinem mehrjährigen Knastaufenthalt nicht gezogen. Denn als Oswald "Ossi" Schneider (Tim Wilde) wieder auf freiem Fuß ist und in seine gewohnte Umgebung einer ostdeutschen Plattenbausiedlung zurückkehrt, hat er gleich wieder einen neuen Plan. Warum nicht die in der örtlichen Eisengießerei angelieferten Massen an Säcken voller alter D-Mark rauben? Die gilt schließlich nach wie vor als offizielles Zahlungsmittel und wird auch nicht allzu gut bewacht. Eigentlich braucht Ossi dafür nur seinen alten Kumpel Karl (Stefan Jürgens) und ein oder zwei kräftige, sportliche Typen als Partner. Doch da es mit der Diskretion in diesem Kreis nicht allzu weit her ist, schleppen die Kollegen ständig weitere Helfer an, während sich andere eher ungebeten von selbst aufdrängen. So steht dann letztendlich ein so illustres wie disharmonisches Grüppchen am Tag des großen Coups zusammen und auch schnell vor diversen größeren Problemen.
Der Titel ist ja schon mal ziemlich gut. Genauso simpel wie genial, denn die Anspielung auf das große Vorbild aus der gelackten Casinowelt dürfte wohl jeder verstehen, sich bei "Ossi's Eleven" aber auch sehr schnell denken können, dass wir es hier mit der etwas provinzielleren ostdeutschen Variante zu tun haben. Und dort erwartet uns dann eine Truppe sympathischer Loser aus sozial eher unterprivilegierten Kreisen. So was hat man sicher schon das eine oder andere Mal gesehen und ist für sich genommen also noch nicht besonders originell. Was Autor und Regisseur Oliver Mielke - bisher eher als Produzent fürs Fernsehen mit Sendungen wie der "Bullyparade" erfolgreich - aber daraus macht, das offenbart, dass er sein Handwerk beherrscht.
Mit perfektem Timing platziert er die Gags, setzt seine Figuren vor einem ganz speziellen Hintergrund ausgezeichnet in Szene und schafft es dabei sogar noch, jedem Einzelnen der nicht eben wenigen Charaktere einen interessanten Hintergrund zu verleihen. Na gut, sagen wir fast jedem, denn eine Figur wie der undefinierbar vor sich hin murmelnde Gastarbeiter dient dann wirklich nur der Auffüllung auf die für den Titel nun mal notwenige "Elf", und der Auftritt von Popstar Sasha in der passenden Rolle als Möchtegern-Rock'n-Roller ist eher ein kleiner Insider-Spaß. Aber dafür zeichnet Mielke andere zunächst leicht karikaturhaft angelegte Figuren wie den Ex-Stasimitarbeiter Konrad oder das als "Dopingbrüder" abgestempelte Brüderpaar von ehemaligen DDR-Vorzeige-Ruderern im Laufe der Handlung eher tragisch als komisch. Und führt sein Publikum dabei auch gern mal auf völlig falsche Fährten, denn den durchgehend grantelnden und seine Mitmenschen herablassend behandelnden Bayern soll und muss man zunächst einfach hassen. Bis dieser irgendwann seine Maske fallen lässt und auf Ossis Vorschlag, er solle mit dem erbeuteten Geld dann doch in seine so sehr vermisste Heimat zurückkehren, antwortet: "Nein, da wartet auch keiner auf mich, da war ich auch schon immer so ein Arschloch".
Auch wenn jeder naturgemäß jeweils nur recht wenig eigenen Raum einnehmen kann, als eindimensional kann man das Ensemble hier keineswegs abtun. Jeder schleppt sein Päckchen mit sich herum und träumt von ein wenig Veränderung, vom Auf- und Ausbruch. Aber während sich im Vorbild George Clooney seine Truppe aus talentierten Spezialisten noch ganz bewusst und gezielt zusammensuchte, ist es der Running Gag von "Ossi's Eleven", dass hier das Team ständig ungewollt weiter wächst, weil wieder irgendeiner nicht die Klappe halten konnte oder halt gerade seine soziale Ader entdeckt. "Haben wir's denn jetzt mal langsam?" fragen daraufhin leicht genervt die ursprünglichen Planer, nur um sich dann doch eher widerstandslos in ihr Schicksal zu ergeben.
Das erfreulichste an "Ossi's Eleven" ist dabei nicht mal, dass der Film einfach gut gemacht und äußerst witzig ist. Bemerkenswert und geradezu vorbildlich hat das Team um Oliver Mielke hier nämlich ganz nebenbei auch noch eine an deutsche Filmemacher oft gestellte Forderung erfüllt. Nämlich die, sich doch bitte originäre, eigene Stoffe zu suchen anstatt einfach die internationalen und naturgemäß oft viel aufwändiger inszenierten Produktionen zu kopieren. Denn auch wenn der Titel natürlich zunächst mal eine Referenz ist und man auf den Icon-Shot mit den cool vor der untergehenden Sonne aufmarschierenden Protagonisten nicht verzichten mochte: Diese Geschichte über alte D-Mark-Bestände, mit diesen von der jüngeren deutschen Historie gezeichneten Figuren, kann man eben nur vor genau diesem Hintergrund und an diesem Ort so inszenieren. Gibt es da nicht noch immer so ein Prädikat namens "Besonders wertvoll"? Das wäre hier wirklich mal verdient.
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