One Day in Europe

Jahr
2005
Laufzeit
95 min
Genre
Release Date
Bewertung
6
6/10
von Moritz Piehler / 28. Dezember 2010

 

"One Day in Europe" hatte das Potenzial, ein richtig guter, kleiner Film zu werden. Ein aktuelles Thema, nämlich Europa, witzige Figuren in seltsamen Situationen und darüber hinaus der Grenzen überschreitende Fußball als Bindeglied. Leider scheitert der Film jedoch an seinem eigenen Vorhaben, Vorurteile und Klischees zu widerlegen.
Ein Regisseur wandelt immer auf schmalen Pfaden, wenn er versucht, landestypische Szenen und Figuren symbolisch auftreten zu lassen, ohne dabei ins Klischee abzugleiten. Obwohl deutlich wird, dass Regisseur Hannes Stöhr die Gemeinsamkeiten seiner Charaktere unterstreichen will, endet er doch bei der steifen Engländerin, dem mitleidslosen türkischen Polizeichef und der Wodka saufenden, liebenswerten russischen Babuschka. Eingebunden ist die zeitgleiche Handlung der vier Kapitel, die in Istanbul, Berlin, Santiago de Compostela und Moskau spielen, durch das fiktive Champions League-Finale zwischen Galatsaray Istanbul und Deportivo La Coruña in Moskau, das in ganz Europa und vor allem in den Polizeiwachen (außer bei den braven Deutschen) verfolgt wird.
In jeder Stadt wiederholt sich die Geschichte eines Diebstahls an einem Touristen, manchmal vorgetäuscht, manchmal tatsächlich. Darauf folgt die Begegnung mit der örtlichen Polizei und deren unterschiedlicher Umgang mit den Bestohlenen. Florian Lukas darf mal wieder den hektischen Popper in Istanbul geben, dem ein herrlich schwäbelnder türkischer Taxifahrer (Erdal Yildiz) zur Hilfe kommt. Sehr verloren wirkt der ungarische Pilger, dem nach seiner langen Wanderung auf dem Jakobsweg am Ziel in Santiago seine Kamera mit allen Erinnerungen geklaut wird. Dabei kommt ihm die moralstiftende Erkenntnis, dass vielleicht der Weg das Ziel war.
Aber trotz des Potenzials dieses Ausgangsszenarios schafft der Film den Sprung zu einem universell verständlichen europäischen Augenblick nicht. Anstatt also einen Bildausschnitt des werdenden Europas mit einem interessant gewählten östlichen Schwerpunkt zu zeigen, ist "One Day in Europe" leider nur eine Aneinanderreihung netter europäischer Anekdoten. Die eine oder andere skurrile und witzige Wendung ist sicher dabei, aber vielleicht hatte sich Regisseur Stöhr doch zuviel vorgenommen. An Jim Jarmuschs Klassiker der Stadtepisoden "Night on Earth" kommt sein Film jedenfalls bei weitem nicht heran, angenehme Unterhaltung bietet er trotzdem. Nur an seinen überzeichneten Prototypen bleibt der Film leider hängen und kommt nicht über sie hinweg. Am Ende sind doch alle Touristen in diesem Europa noch fremd, lediglich der Fußball bleibt als der große Gleichmacher bis zum Elfmeterschießen.


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