The Nice Guys

Originaltitel
The Nice Guys
Land
Jahr
2016
Laufzeit
114 min
Genre
Regie
Release Date
Bewertung
6
6/10
von Simon Staake / 1. Juni 2016

Nett? Adrett!Shane Black is back. Und zwar im angestammten Milieu und Genre. Wobei man ja durchaus argumentieren kann, dass sein Ausflug in die Blockbuster- und Comicadaptionswelt mit „Iron Man 3“ vielmehr ein Ausflug des Eisernen in die Welt des Shane Black war, weswegen der Film ja vom Publikum auch recht zwiespältig aufgenommen wurde. Der damalige Rezensent findet's immer noch gut, dass bisweilen die Erfüllungsgehilfen auf den Regiestühlen das formell und inhaltlich doch recht gleichförmige Marvel Cinematic Universe ein bisschen mit einem persönlichen Touch aufbrechen. Und so war der Film dann eben eher ein Black-typisches Buddy Movie mit lockeren Sprüchen der (unmaskierten) Helden, bevor sie Bösewichter verkloppten oder selbst verkloppt wurden und trotzdem immer noch 'ne große Klappe bewahrten. Außer Tony Stark hätte Shane Black wohl eh keinen Marvel-Charakter glaubwürdig schreiben können.

Aber am liebsten treibt sich Black immer noch in der Halbwelt von L.A. herum – diesmal in den späten 1970er Jahren – , in der etwas abgewrackte Verlierertypen mehr schlecht als recht ihren Lebensunterhalt verdienen. So wie Jackson Healy (Russell Crowe), der für wenig Geld Leute vermöbelt. Oder Holland March (Ryan Gosling), der als windiger Privatdetektiv mit Alkoholproblem hauptsächlich davon lebt, ältere Damen übers Ohr zu hauen, was seine altkluge Tochter Holly (Angourie Rice) trotz aller Unterstützung nicht immer gefällt. Die Wege von March und Healy kreuzen sich, als das Pornosternchen Misty Mountains unter mysteriösen Umständen ums Leben kommt und die Ausreißerin Amelia (Margaret Qualley) von March als auch von ziemlich unlauter aussehenden Gesellen gesucht wird. Bald sind die unfreiwilligen Partner March und Healy mit Holly im Schlepptau bis über beide Ohren in eine ominöse Affäre um Autoabgase und abstrakte Pornos verwickelt...
 

TrioGrundsätzlich ist „The Nice Guys“ ein feiner Zeitvertreib, aber doch nicht mehr. Zum einen sind die Geschichte und besonders die Charaktere abseits des Hauptdarstellertrios wenig ausgefeilt und ziemlich klischiert. So wird etwa einer der Haupt-Handlanger der Bösewichter (Keith David) in den Credits als „Older Guy“ geführt, und mehr Charakterisierung gibt es eigentlich auch nicht für ihn. Der von Beau Knapp schön abgefahren gespielte „Blueface“ wird leider viel zu früh aus der Handlung genommen und vom chargierenden Matt Bomer als psychopathischer Killer „John Boy“ nur unzureichend ersetzt. Zum anderen bringt „The Nice Guys“ einfach auch nicht die nötige Energie auf, um wirklich mehr als nur titelgemäß quasi „ganz nett“ zu sein. Die für so eine flimsige Geschichte zu lange Laufzeit von fast zwei Stunden mag da auch eine Rolle spielen.

Vor allem aber fallen einfach diverse lustig gemeinte Sequenzen nicht ganz so unterhaltsam aus wie von Black gedacht, wie etwa das Verhör eines Nachbarjungen, bei dem es halt witzig sein soll, dass ein Knirps total vulgär ist und allen seinen Schwanz zeigen will. Witzig ist das leider nur bedingt, realistisch mittlerweile trotzdem und daher ist auch der Schockfaktor nicht so groß wie wohl für erhoffte geschockte Lacher gedacht. Immerhin bleibt Black in Sachen Kinderrollen ganz bei sich, die sind hier auch mittendrin, unterhalten sich mit Pornostars oder werden durch Fenster geworfen. Political Correctness? Nee, lass mal.

Immer wenn March und Healy auftreten ist man eigentlich ganz gut unterhalten (und das ist ziemlich oft), aber es gibt eben auch ein gutes Stück Leerlauf in diesem Film, und die Intrige ist ähnlich kohärent wie etwa die eines „Big Lebowski“. Apropos: Dieser moderne Klassiker hat seine eindeutigen Spuren im L.A.-Noir-Privatdetektiv-Comedy-Genre hinterlassen, und so kommt man nicht umhin festzustellen, dass „The Nice Guys“ doch ein gutes Stück unter den kiss kiss? bang bang!absurden Abenteuern des Dude in Sachen Unterhaltungswert bleibt. Vielleicht hat man sich nach dem letztjährigen „Inherent Vice“, der ja ebenfalls abstruse Verschwörungen und ineffektive Privatdetektive im 70er-Jahre-L.A. zum Thema hatte, auch einfach schon ein wenig satt gesehen an Setting und Atmosphäre. Zwar ist „The Nice Guys“ klarer konzipiert und strukturiert als Paul Thomas Andersons Stoner-Odyssee, aber ähnlich variabel in Sachen Energie per Sequenz.

Was den Film wie gesagt sehenswert macht ist das Spiel seiner Hauptdarsteller. Russell Crowe ist gut aufgelegt wie schon lange nicht mehr, auch wenn er körperlich mittlerweile doch ziemlich John Goodman ähnelt (noch eine „Lebowski“-Parallele), und Ryan Gosling lässt als zumeist doch ziemlich erbärmlicher Privatdetektiv seine humoristische Seite durchscheinen. Zudem hat man mit der jungen Australierin Angourice Rice eine sehenswerte Newcomerin aufgetan.

„The Nice Guys“ ist eine schwarzhumorige Krimikomödie, die immer mal wieder mit guten Einfällen und lustigen Momenten aufwartet, aber eben nicht unbedingt über die Langstrecke. Das hat Shane Black beim letzten Mal mit „Kiss Kiss Bang Bang“ doch besser hinbekommen. Beim nächsten Mal dürfen seine nur scheinbar netten Typen aber ruhig ein bisschen mehr als nur nett sein.

Bilder: Copyright

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