The Mule

Originaltitel
The Mule
Land
Jahr
2018
Laufzeit
115 min
Genre
Release Date
Bewertung
8
8/10
von Volker Robrahn / 29. Januar 2019

mule 1Es ist ein klassischer Fall von „Sag niemals nie“, aber es gibt keinen Grund ihm deshalb auch nur im Ansatz böse zu sein: Gut eine Dekade nach seiner Ankündigung, nicht mehr selbst vor die Kamera treten zu wollen, und zum zweiten Mal nach dem Freundschaftsdienst „Back in the Game“ für seinen langjährigen Freund und Mitarbeiter Robert Lorenz spielt Clint Eastwood erneut die Hauptrolle in einem (diesmal von ihm inszenierten) Film. Und wer sonst hätte die bei diesem Stoff auch übernehmen sollen? Denn die Adaption der auf Tatsachen beruhenden Geschichte des knorrigen 90-jährigen Drogenkuriers Earl Stone ist dem aktuell 88-jährigen Eastwood ja nun wirklich geradezu auf den Leib geschrieben. Die Leistung der Hollywood-Legende ist dabei ziemlich beeindruckend und adelt einen insgesamt sehr gelungenen Film.
 

mule 2Die Zeiten sind keine guten für den alten Earl Stone (Clint Eastwood). Die Farm des Blumenzüchters rentiert sich in modernen Online-Zeiten nicht mehr und er steht kurz vor dem Bankrott. Als er von einem Bekannten seiner Enkelin auf einen vermeintlich einfachen Job angesprochen wird, bei dem er „einfach nur fahren muss“, willigt Earl daher ein, auch wenn ihm schnell klar wird, um was es sich bei dem Paket in seinem Kofferraum wohl handelt. Da der 90-jährige jedoch ein extrem unauffälliger und zudem nicht vorbestrafter „Maulesel“ ist, entpuppt er sich schnell als der perfekte Drogenkurier. Die Mengen, die man ihm anvertraut, werden größer und die Summen die er dafür kassiert stattlicher. Earl kann seine Schulden bezahlen und nutzt die neuen Möglichkeiten, um auch seiner Familie finanziell unter die Arme zu greifen, die er – vor allem in Person seiner Ex-Frau und seiner Tochter - jahrzehntelang vernachlässigt hatte. Somit wäre eigentlich alles in Ordnung in der schönen neuen Welt des Earl Stone, doch innerhalb des Kartells mehren sich die Stimmen, denen die Eigenwilligkeiten des „Tata“ genannten Kuriers zunehmend ein Dorn im Auge sind. Und dann kommen ihm schließlich irgendwann auch noch die beiden FBI-Agenten Bates (Bradley Cooper) und Trevino (Michael Pena) auf die Spur...

mule 3Der Darsteller Clint Eastwood ist es, der hier im Mittelpunkt steht und der noch einmal überzeugend eine vielschichtige und widersprüchliche Figur verkörpern darf. Sein Earl ist zwar im Kern ein netter und hilfsbereiter Mensch, oft genug aber auch ein egoistischer Sturkopf, der im Laufe der Jahre einiges an verbrannter Erde hinterlassen hat, vor allem innerhalb der eigenen Familie, schließlich hat er einst sogar die Hochzeit seiner Tochter verpasst. Earl hat dann auch wenig bis keine Hemmungen sich offensichtlich kriminellen Auftraggebern anzudienen und weiß die Einladung des Kartellbosses (Andy Garcia) auf dessen prunkvolles Anwesen durchaus zu schätzen, inklusive der Liebesdienste gleich zweier junger Damen, die er mit auf sein Zimmer nimmt (dass Eastwood es schafft, diese Szene nicht ganz furchtbar peinlich wirken zu lassen, ist auch eine bemerkenswerte Leistung).

Zur Glaubwürdigkeit des Charakters tragen dessen Marotten bei, sei es die Neigung gerne Lebensratschläge zu erteilen oder die immer wieder mal unbedarft geäußerten leicht abfälligen Kommentare gegenüber Minderheiten, bei denen sich der aus einer anderen Generation stammende Earl gar nicht bewusst ist, dass er mit Äußerungen wie „das ist doch bei Leuten wie euch so, oder?“ latent rassistisch agiert. In diesen Momenten erinnert man sich dann natürlich an die letzte große Darstellung des Schauspielers Eastwood in "Gran Torino", zu der Earl Stone eine Art milderes Gegenstück bildet.

mule 4Es ist allerdings auch der Verdienst des Regisseurs Eastwood, dass die im Kern doch sehr ernste und phasenweise auch traurige Geschichte einen derart leichten und launigen Grundton anschlägt, dass es durchgehend Vergnügen bereitet ihr zu folgen. Wenn die hartgesottenen Männer des Kartells einerseits an den Eigenwilligkeiten ihres ältesten Mitarbeiters verzweifeln, der gerne mal vom vorgegebenen Routenplan abweicht oder einfach stoppt, um einem Paar mit Autopanne zu helfen, ist das höchst amüsant, andererseits wird schon deutlich, dass das worauf Earl sich da eingelassen hat eben kein reiner Spaß und kein Spiel ist, denn irgendwann fliegen Fäuste und Kugeln und es liegt auch mal eine Leiche im Kofferraum. So sehr er den Moment und die unerwartete Wendung in seinem Leben genießt, ist Earl doch klar, dass er dafür eine Rechnung wird bezahlen müssen. Das Maß zwischen der Faszination für die Möglichkeiten des durch kriminelle Machenschaften erzielten Lebensstils und den damit einhergehenden Konsequenzen wird nahezu perfekt ausbalanciert, lediglich die zweite Handlungsebene der Familienzusammenführung und -versöhnung verläuft in etwas zu klischeehaften und daher nur mäßig interessanten Bahnen.

Dies ist eindeutig Eastwoods Film, was zwangsläufig dazu führt, dass die übrigen Figuren letztlich nur Beiwerk sind. Die weiblichen Rollen (darunter die von Eastwood-Tochter Alison) sind arg konventionell gestaltet, Andy Garcia und Laurence Fishburne absolvieren bessere Gastauftritte und selbst ein Kaliber wie Bradley Cooper ist in der Rolle des ermittelnden Drogenfahnders im Prinzip verschenkt, wenn man von der einen starken Szene absieht, in der der Jäger und seine Zielperson in einem Diner aufeinandertreffen. Aber es ist einfach ein großes Vergnügen den Altmeister noch einmal in so einer schönen Rolle zu sehen, und somit wäre „The Mule“ dann auch tatsächlich der perfekte Abschluss für die Karriere des Schauspielers Clint Eastwood – Stand heute, denn wer weiß schon genau was vielleicht doch noch in ihm steckt.

Bilder: Copyright

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